Mehrere Hunderttausend Menschen haben in Frankreich gegen Reformpläne von Präsident Emmanuel Macron protestiert und mit Streiks den Bahn- und Flugverkehr gestört. Beim staatlichen Bahnbetreiber SNCF legten nach Unternehmensangaben 35 Prozent der Mitarbeiter die Arbeit nieder - der Startschuss für eine Kraftprobe um die umstrittene Bahn-Reform der Pariser Regierung.
Zeitgleich streikten auch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes.
Nach Angaben des Innenministeriums gingen in ganz Frankreich 323.000 Menschen auf die Straße. Die Gewerkschaft CGT sprach sogar von mehr als 500.000 Demonstranten.
Die Konflikte gelten als wichtiger Test für den Staatschef und die Pariser Regierung: Macrons Autorität werde von den Gewerkschaften herausgefordert, titelte die konservative Zeitung "Le Figaro" am Donnerstag. Der sozialliberale Staatschef ist seit vergangenem Mai im Amt und hat dem Land einen Reformkurs verordnet. So hat er bereits eine von Gewerkschaften scharf kritisierte Lockerung des Arbeitsrechts durchgesetzt.
Nach Angaben der SNCF fuhren am Donnerstag nur 40 Prozent der TGV-Fernzüge, im Regionalverkehr sollte jede zweite Verbindung ausfallen. Die Gewerkschaft CGT warf dem Unternehmen aber vor, mehr Züge gestrichen zu haben als nötig - um Menschen daran zu hindern, zur Kundgebung in Paris zu reisen. Weil auch Fluglotsen streikten, annullierte die Fluggesellschaft Air France rund 25 Prozent ihrer Mittelstreckenflüge am Pariser Flughafen Charles de Gaulle.
Vor allem der Konflikt mit den Eisenbahnern könnte sich in den kommenden Wochen weiter hochschaukeln: Während für Donnerstag nur ein Teil der Eisenbahner-Gewerkschaften zur Arbeitsniederlegung aufgerufen hatte, ist ab Anfang April eine größere Protestwelle mit zahlreichen weiteren Streiks geplant. Die Regierung begehe einen "sehr, sehr großen Fehler", warnte der Generalsekretär der Eisenbahnergewerkschaft CGT-Cheminots, Laurent Brun.
Ziel der protestierenden Eisenbahner ist es, den von der Regierung angekündigten Umbau der SNCF zu stoppen. Unter anderem sollen neueingestellte Mitarbeiter künftig nicht mehr in den Genuss des vorteilhaften Eisenbahner-Status kommen. Auch im öffentlichen Dienst richteten die Streiks sich unter anderem gegen Reformpläne der Regierung, die in den kommenden Jahren beispielsweise 120 000 Stellen abbauen will. 14,5 Prozent der Lehrer erschienen am Donnerstag nicht zum Dienst, in vielen Städten gab es Kundgebungen.
Am Rande von Demonstrationen in Paris und Nantes kam es zu Ausschreitungen. Nach Angaben der Polizei beschädigten vermummte Personen in Paris etwa Bankfilialen, die Polizei setzte Tränengas ein. Drei Menschen seien festgenommen worden. Im westfranzösischen Nantes, wo laut Polizei 8500 Menschen auf die Straße gingen, wurden acht Personen festgenommen und sechs Polizisten leicht verletzt.
Bei der Fluggesellschaft Air France ist auch an diesem Freitag noch mit Störungen zu rechnen - dann ist dort das Personal zum Streik für höhere Gehälter aufgerufen. Das Unternehmen rechnet damit, dass jeder vierte Flug ausfällt.