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Laver Cup: Europa gegen den armen Rest der Welt

20-09-2017, 06:00

37-mal gab es bereits ein Duell zwischen Roger Federer und Rafael Nadal. Es ist eine der größten Rivalitäten, die der Tennissport in seiner mehr als einhundertjährigen Geschichte produziert hat. Derzeit bringen sich die beiden Legenden in Prag für einen Schlagabtausch in Form. Zum 38. Aufeinandertreffen wird es diese Woche dennoch nicht kommen. Die aktuelle Nummer eins (Nadal) und zwei (Federer) der Welt spielen von Freitag bis Sonntag miteinander. Für Europa. Und gegen den Rest der Welt.

Klingt epochal. Soll es auch sein. Jedenfalls, wenn es nach den Vorstellungen der Veranstalter des Laver Cups geht. Bei dem erstmals ausgetragenem Teamwettbewerb treten die sechs besten Europäer gegen eine Auswahl aus dem Rest der Welt an (siehe Zusatzkasten unten). Pro Team qualifizierten sich jeweils vier Spieler, darunter der Niederösterreicher Dominic Thiem, aufgrund ihrer erbrachten Leistungen für den Wettkampf (Stichtag war der Montag nach Wimbledon im Juli). Die restlichen beiden Spieler wurden vom jeweiligen Teamkapitän der Mannschaft nominiert.

Sportlich einseitig

Vorbild ist der Ryder Cup im Golf. Der alle zwei Jahre stattfindende Kontinentalvergleich zwischen den besten Golfern aus Amerika und Europa hat jedoch einen Wettbewerbsvorteil: seine Tradition. Er ist neunzig Jahre älter. Dennoch nennt selbst die Golf-Ikone Jack Nicklaus (USA) das neue Format "eine großartige Idee und lange überfällig im Tennis".

Sportlich dürfte der Wettkampf eine einseitige Angelegenheit werden für die Europäer. Ihr in der Rangliste am schlechtesten platzierter Spieler (Tomas Berdych, 19.) liegt nur drei Plätze hinter dem bestplatzierten Akteur der Weltauswahl (Sam Querrey, 16.). Nicht auszudenken, stünden auch noch die derzeit verletzten Top-Ten-Spieler Murray, Djokovic und Wawrinka im Aufgebot für das Team Europa.

Foto: kurier Dennoch werden die Protagonisten nicht müde, den dreitägigen Schlagabtausch als einmalig einzustufen. "Ich wollte schon immer mit Rafa spielen, weil unsere Rivalität so speziell ist. Ich habe seine schlimme Vorhand zu oft an mir vorbeifliegen sehen", sagt Federer.

Der Schweizer hat ein besonderes Interesse am Gelingen der Veranstaltung. Federer ist mit seiner Managementagentur "Team 8" einer der Veranstalter des Laver Cups, bei dem es zwar reichlich Preisgeld, aber nicht einen Punkt für die Weltrangliste zu verdienen gibt. Böse Widerworte ob der Mehrbelastung im mit mehr als 60 Veranstaltungen übervollen ATP-Turnierkalender blieben vonseiten der Profis aus.

Finanziell lukrativ

Wenig erfreut sind freilich die ATP-Tour sowie der Internationale Tennisverband (ITF) über das neue Produkt, steht es doch in Konkurrenz zu den regulären Turnieren sowie mit dem traditionsreichen, aber auch ein wenig in die Jahre gekommenen Daviscup der Nationalteams.

Die ITF reagierte auf die Ankündigung des Laver Cups und rief den "World Cup of Tennis" ins Leben. Um die Attraktivität zu steigern, werden ab 2018 bei Damen (Fedcup) und Herren (Daviscup) die Endspiele zeitgleich und am selben Ort ausgetragen. Roger Federer sieht in den Konkurrenzbewerben keine Gefahr: "Am Ende des Tages muss jeder selbst entscheiden, was wichtig für ihn ist."

Für einen Spieler wie Juan Martín del Potro, diesmal durch eine Wildcard in die Welt-Auswahl gerutscht, könnte die Entscheidung einfach sein: Der Argentinier wird von Federers Agentur vertreten. Und im Gegensatz zum Daviscup sind auch die Gagen entsprechend. Über diese Thematik kann der Namensgeber, die australische Tennis-Legende Rod Laver (79), nur schmunzeln: "Für meine Siege in Wimbledon ’61 und ’62 habe ich jeweils einen Handschlag und einen 10-Pfund-Gutschein erhalten."

"Nein, ich habe mit Björn Borg noch keinen Kontakt aufgenommen, das wird aber noch kommen", sagt Österreichs Beitrag zum Rod Laver Cup.

Dominic Thiem ist seit Tagen voller Vorfreude auf das neue Event, das ein Prunkstück im Herren-Tennis werden kann. Zumindest unter gewissen Voraussetzungen. "Wenn die Spieler das nicht ernst nehmen, ist das schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt", sagt Österreichs Ass, das am Mittwoch nach zwei Trainingstagen in der Südstadt nach Prag reist.

Für Thiem geht es nach den Hartplatz-Turnieren und dem Sandplatz-Intermezzo im Daviscup auch um Praxis auf schnellem Hallenboden. "Das gilt es zu verbessern. Denn ich weiß, dass ich in den vergangenen Jahren bei den Hallenturnieren in der Wiener Stadthalle und in Paris-Bercy nicht allzu gut gespielt habe." Und der 24-Jährige weiß, dass auf schnelleren Belägen alles näher zusammenrückt. Langzeit-Trainer Günter Bresnik, in Prag mit von der Partie, sieht das Team um Thiem keineswegs als klare Favoriten. "Die Gegner haben enorm starke Aufschläger in ihren Reihen."

Raus ins Freie

Übung soll für seinen Schützling den Meister machen. Denn zwischen Prag und Wien wird Thiem nicht "Indoor" zu sehen sein. Zumindest nicht offiziell. Der Ranglisten-Siebente fliegt unmittelbar nach dem Laver Cup nach Asien, wo die besuchten Freiluft-Turniere immer hochkarätiger werden. Zunächst schlägt der Lichtenwörther beim 250er-Turnier in Chengdu (China) auf, danach beim 500er-Turnier in Tokio, ehe er in Schanghai beim vorletzten 1000er-Turnier des Jahres um wertvolle Punkte kämpft. Allesamt Hartplatz-Turniere.

Beim ATP-Finale der acht Besten in London (ab 12. November) will Thiem wie im Vorjahr die Saison ausklingen lassen. "Derzeit mache ich mir wenig Gedanken darüber." Nachsatz: "Weil es mit einer Teilnahme eh gut aussieht."

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