"Eine Schippe drauflegen" müsse Bibiana Steinhaus, hieß es im Porträt der Zeit, extra viel trainieren, um mit dem Tempo der Männer in der Bundesliga mithalten zu können. Dabei hat die 38-Jährige alle Fitnesstests bestanden, stand bereits im Mai letzten Jahres auf Platz eins der internen Bewertung von Schiedsrichtern in der zweiten deutschen Bundesliga. In die Bundesliga aufgestiegen sind dann Nummer zwei bis fünf.
In der Karriereforschung gibt es den Begriff der "Gläsernen Decke": Stereotype und Vorurteile hinsichtlich der Eignung von Frauen in Führungspositionen führen zu Glass-Celling-Effekten. Frauen müssen doppelt so hart arbeiten wie Männer, um etwas zu erreichen, vor allem in Kontexten, in denen sie Pionierinnen sind.
Gestern war es so weit. Erstmals in 55 Jahren Bundesliga wurde eine Partie in der höchsten Spielklasse von einer Frau geleitet. Im Vorfeld erfuhr Fußball-Deutschland, dass sie den DFB-Männer-Trainingsanzug trägt anstatt sich extra ein Frauenmodell kommen zu lassen, wie viel sie trainiert hat, wann, bei wem und mit wem. Auf die Frage, was sie anders mache als ihre männlichen Kollegen, sagte sie: "Gar nichts. Das einzig andere ist, dass ich die Einzige mit einem blonden Pferdeschwanz bin."
Bislang hat sie immer sehr geschickt Pannen und Peinliches aus der Männerwelt des Fußballs an sich abperlen lassen. So zum Beispiel als Franck Ribéry kürzlich beim Pokalspiel der Bayern in Chemnitz der Schiedsrichterin die Schuhbänder aufmachte und ohne gelbe Karte davon kam. Oder wie sie einst an der Outlinie als vierte Offizielle die Hand von Pep Guardiola wie eine lästige Fliege weggewischt hat: Der Bayern-Startrainer hatte nach einem Disput den Arm versöhnlich um sie gelegt. 2010 wollte ihr ein Hertha-Spieler auf den Rücken klopfen, erwischte aber ihren Busen. Kein großes Drama, Steinhaus sagte: "Wir sind aneinander vorbeigelaufen und haben uns dabei berührt."
Die Polizistin aus Hannover und Freundin des ehemaligen englischen Top-Schiedsrichters Howard Webb leitete gestern das Spiel zwischen Hertha BSC und Bremen. Die Berliner nutzten das Debüt einer Schiedsrichterin für eine PR-Aktion und gewährten den ersten 250 Besucherinnen des Spiel einen 50-prozentigen Nachlass auf die Eintrittskarte. Es gab keinen großen Auftritt von Steinhaus, sie brachte die Partie unspektakulär und ohne Probleme über die Bühne.
Das 1:1 war für Bremen der erste Punkt in dieser Saison. Mathew Leckie hatte Hertha in der 38. Minute in Führung geschossen, Thomas Delaney (59.) gelang der verdiente Ausgleich für Bremen. Der Österreicher Florian Kainz spielte bei Bremen bis zur 82. Minute. Landsmann Junuzovic fehlte verletzt. Ebenso Lazaro auf Seiten der Berliner.