Nina Burger wuchs im niederösterreichischen Tullnerfeld auf. Die seit Dezember 30-Jährige hat vier Brüder. Sie spielte mit den Burschen im Nachwuchs des SV Hausleiten, ging dann zum Frauenteam nach Langenrohr und später nach Neulengbach. Erste Profi-Erfahrungen sammelte sie im Sommer 2014 in Houston. Im Jahr darauf machte sie den Schritt in den deutschen Profifußball und ging zum SC Sand.
Mit Neulengbach hat sie neun Mal den Titel geholt, sieben Mal den Cup und sechs Mal die Torjägerinnen-Krone. Sie spielte erstmals am 1. September 2005 im Team, hat bis heute 100 Spiele absolviert (nur drei weniger als ÖFB-Rekordler Andreas Herzog) und 52 Tore erzielt. Beruflich machte sie nach der Handelsakademie die Polizeischule und arbeitete als Revierinspektorin im neunten Wiener Gemeindebezirk.
KURIER: Darf man zum Hunderter gratulieren?
Nina Burger: Ja. Vielen Dank. Ich schau’ aber nicht auf eine Zahl, für mich ändert sich dadurch nichts.
Aber 100 Länderspiele – ist das nichts Besonderes?
Ja, das klingt nach viel. Ein gewisser Stolz ist schon dabei. Aber das gestrige Spiel war nicht anders als die 99 davor.
Sie haben 2005 erstmals im Nationalteam gespielt...
Als ich angefangen habe, war Frauenfußball kein richtiges Thema in der Öffentlichkeit. Da waren wirklich nur engste Bekannte und Familienangehörige bei den Spielen. Man hat aber mit der Zeit an der Wahrnehmung gemerkt, dass sich etwas entwickelt hat. Mit der EM im Sommer hat sich dann alles schlagartig geändert. Und zwar auf ein Art und Weise, die vor ein paar Jahren undenkbar gewesen wäre.
Foto: GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber
Dennoch sind die Unterschiede zum Männerfußball riesengroß. Vor allem beim Gehalt.
Keine von uns verdient so viel, dass sie ausgesorgt hat. Du brauchst also einen Plan B, ein zweites Standbein, bei mir ist es die Polizei.
Aber Sie sind doch Profi in der Deutschen Bundesliga.
Ja, weil ich karenziert bin. Ich wollte mich weiterentwickeln und mich einmal nur auf Fußball konzentrieren. Davor bin ich immer vom Kommissariat im 9. Bezirk nach Neulengbach zum Training und danach heim gependelt. Bei der Polizei ist man mir mit der Karenzierung entgegengekommen. Dafür bin ich dankbar.
Sie haben den Rekord von Toni Polster überboten, der 44 Treffer erzielt hat. Wurden Sie je "weiblicher Polster" genannt?
Nein, das nicht. Aber wir hatten bei Sand einen englischen Trainer, Colin Bell. Der hat mich Toni genannt. Aber egal, ob Mann oder Frau: Du musst fit sein, körperlich top, und es muss auch viel Laufarbeit geleistet werden.
Viel Laufarbeit? Dann sind Sie doch kein "weiblicher Polster".
Ich habe Polster vor Augen, ich habe seine Tore gesehen. Aber an seinen Spielstil kann ich mich nicht mehr so genau erinnern.
Haben Sie jemals gehört, dass solche Rekorde im Frauenfußball leichter aufzustellen sind als im Männerfußball?
Nein, habe ich nicht. Man muss da wie dort seine Leistung bringen, man muss an sich arbeiten und sich weiterentwickeln. Und man muss von Verletzungen verschont bleiben. Allerdings ist auch das nicht selbstverständlich, denn man muss im Training daran arbeiten.
Foto: GEPA pictures/ Daniel Goetzhaber
Der 8. März ist Weltfrauentag. Was bedeutet der für Sie?
Ich werde den Tag nicht anders angehen wie jeden anderen auch.
Sehen Sie das so gelassen, weil Sie sich in Männerbastionen wie der Polizei und dem Fußball durchgesetzt haben?
Ich habe das mit den Bastionen nicht so erlebt, weil ich immer mit Leidenschaft dabei war. Im Fußball genauso wie bei der Polizei. Aber natürlich gibt es noch Unterschiede zwischen Männern und Frauen in vielen Bereichen. Deshalb ist es ganz gut, dass am Weltfrauentag darauf hingewiesen wird.
Sie selbst haben sich auch als Mädchen in einer männerdominierten Familie durchsetzen müssen.
Das war halb so wild. Ich habe aber früh mit dem Fußball begonnen und dabei schon früh gelernt, mich durchzusetzen.
Sie haben sich mit dem Nationalteam bei der EM durchgesetzt. Damals hatte die Auswahl einen klaren Plan. Hat sich der geändert?
Na klar, man kann doch nicht stehen bleiben. Wir hatten eine Vision, die wir alle umgesetzt haben. Und wir haben eine neue Vision für uns erarbeitet, eine für die Zeit nach der EM. Denn wir wollen uns weiterentwickeln, vor allem im offensiven Bereich, im Spiel mit dem Ball.