logo



[email protected]

Fan-Experte: "Empörung ist keine Strategie"

7-03-2018, 08:30

Heute verabschiedet sich Basel bei Manchester City nach dem 0:4 im Hinspiel aus der Champions League. Mit Präsident Bernhard Heusler hat sich bei den Schweizern auch der gewohnte Erfolg verabschiedet: Unter der Führung des Juristen wurden die Basler acht Mal in Folge Meister und kamen sechs Mal in die Champions League.

Im Sommer 2017 übergaben Heusler und sein Team an eine neue Führungsriege. Adi Hütter und seine Young Boys freut es: Bern ist auf dem Weg zum Titel. 

Weil Heusler nicht nur sportlich und wirtschaftlich erfolgreich war, sondern auch einen guten Zugang zur Basler Fanszene hatte, wurde der nunmehrige FCB-Ehrenpräsident nach Hütteldorf eingeladen: Rapid erarbeitete mit Heusler neue Strategien in der Fan-Politik. 

Mit dem KURIER sprach Bernhard Heusler über ... 

... die Ähnlichkeiten der Fan-Szenen von Basel und Rapid
Viele, neben den ähnlich großen Kurven. Beide sind vom Gedankengut der Ultras beeinflusst. Da geht es um eine starke, autonome Fankultur, ihre Einstellung zum Verein, aber auch zu Autoritäten. Sie halten stark zusammen, sind kritisch gegenüber Kommerzialisierungstendenzen und leben eigene Werte.

... Kollektivstrafen
Es darf nicht erwartet werden, dass die Kurve von selbst Leute ausscheidet. Wenn es Kollektivstrafen gibt, führt das zur Verschärfung, weil sich eine große Mehrheit ungerecht behandelt fühlt. Die Folge ist eine Solidarisierung mit Tätern und Radikalen. Meine Erfahrung ist: Eine schwache Führung setzt auf Kollektivstrafen. Das ist wie beim Heer, wenn alle für einen mitbüßen müssen, außer sie verraten ihn. In der Regel gibt es aber keinen Verrat.

... das Verhalten bei Krisen
Ich habe mich 2014 bei den Ausschreitungen in Salzburg, die uns ein Geisterspiel gebracht haben, bewusst hingestellt. Nicht im Glauben, etwas ändern zu können, ich musste als Blitzableiter dienen. Bei Problemen sollte es ein Gesicht des Vereins geben, das für die Fan-Szene als authentisch wahrgenommen wird. Ich denke da bei Rapid an Andy Marek. Dass beim Derby über seine Durchsage drübergesungen wurde, hat nichts mit seiner Glaubwürdigkeit zu tun.

... sinnvolle Strafen
Mit den technischen Mitteln von 2018 und in Zusammenarbeit mit der Polizei sollen diejenigen bestraft werden, die gegen Stadionordnung und Gesetze verstoßen. Konsequent, sobald es einen Beweis gibt. Auch im emotionalen Fußball muss es Rechtsstaatlichkeit geben – für und gegen die Fans. 

Foto: REUTERS/RUBEN SPRICH Für die Fans in der Schweiz gelten strengere Bestimmungen. ... strengere Bestimmungen in der Schweiz
Das Stadionverbot gilt für das ganze Land, je nach Delikt verschärft mit einem Verbot, sich am Spieltag in der Region des Stadions aufzuhalten. Teils gibt’s sogar Meldepflicht am Spieltag und die Möglichkeit, Bilder der Täter online zu stellen. 

... Veränderungen in der Schweiz
Früher wurde mit angemieteten Sicherheits-Firmen versucht, durch strenge Kontrollen Pyrotechnik bei den Eingängen zu den Gästesektoren rauszufiltern. Da ist die Stimmung oft hochgekocht und es hat viele Ausschreitungen gegeben. Danach wurde mehr auf die Feststellung von Delikten im Stadion fokussiert. Seither gibt es viel weniger Gewalt an den Eingängen zum Stadion. Die Pyrotechnik-Vergehen blieben in der Zahl ähnlich. Es wird aber kaum noch geworfen, sondern „nur“ abgebrannt.

... seinen Rat an Rapid
Das Wichtigste ist konsequente Fan-Politik. Auch, wenn man unter Beschuss kommt, muss man auf dem Weg bleiben: Immer den Dialog mit den Beteiligten suchen, aber auch bei der Repression mithelfen. In Basel gab es Verständnis der Fans für Strafen, weil sie gerecht waren.

... häufige Fehler
Empört sein ist keine Strategie. Also: Ausschreitungen oberflächlich und medienwirksam verteufeln, aber dann bei einer schönen Choreo sagen „Die Fans sind die besten der Welt“. Ebenso falsch: Die Schuld bei den Medien suchen. Über eine schöne Allee wird auch erst dann geschrieben, wenn dort ein Raub passiert. Wenn man einen Klub wie Basel oder Rapid führen darf, muss man Kritik bei Fan-Problemen auch ertragen. Für mich war frustrierend, dass man moralisch verantwortlich gemacht wird für Dinge, die nicht zu beeinflussen sind. Da muss man durch, ich habe mich dazu entschlossen. Oder man sagt sich von der gesamten Fan-Kultur mit allen ihren negativen und positiven Seiten los.

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]