Der Spott ist mittlerweile ein treuer Beifahrer beim zweiterfolgreichsten Rennstall der Formel-1-Geschichte. Gerade einmal eine Stunde waren Dienstagfrüh die zweiten und letzten Testfahrten vor dem Saisonauftakt am 25. März alt, als der McLaren-Wagen wieder einmal regungslos am Streckenrand zum Stehen kam. Die Medienabteilung vom rivalisierenden Mercedes-Team zeigte sich prompt auch in den sozialen Netzwerken in weltmeisterlicher Form. "Habt Ihr probiert, ihn aus- und wieder einzuschalten", schrieben die Deutschen via Twitter an die McLaren-Crew in Anspielung an eine bekannte britische Sitcom rund um zwei Computerfreaks.
Die Pleiten-, Pech- und Pannenserie scheint sich bei McLaren auch mit neuem Motorenpartner (Renault statt Honda) fortzusetzen. Nur gut, dass gestern Stoffel Vandoorne hinter dem Steuer saß und nicht Fernando Alonso, der in der Vorwoche die Testphase mit einem losen Rad begonnen hatte.
McLaren braucht den Spanier dringender denn je. Dabei geht es nicht nur um die Steuerkunst des zweifachen Weltmeisters, sondern auch um die mediale und finanzielle Sogwirkung, die der 36-Jährige mit sich bringt.
Alonso und seine Geschichte ziehen. Bei Fans, Sponsoren und Medien. Nur wegen seiner Person drängen sich mehrere Dutzend Medienvertreter in das Zelt jenes Teams, das in den vergangenen drei Saisonen zwei Mal Vorletzter geworden ist.
Nur auf ihn warten sie auch zwanzig Minuten länger, um Einschätzungen zu bekommen zum vielleicht bemerkenswertesten Vorhaben im Motorsport in den vergangenen drei Jahrzehnten. So lange ist es her, dass ein Pilot an zwei weltumspannenden Rennserien in einem Jahr teilgenommen hat. Fernando Alonso wird heuer neben der aus 21 Rennen bestehenden Formel-1-Saison auch die Langstrecken-WM mit den 24 Stunden von Le Mans als Höhepunkt bestreiten.
Foto: DIENER/Extra "Ich habe die Erfahrung, um es zu schaffen." Gemeint ist der Sieg beim Debüt in Le Mans. Seine Chancen stehen gar nicht schlecht. Nach dem Rückzug von Audi und Porsche ist sein Zweitarbeitgeber Toyota das letzte verbliebene Werksteam. Dass man auf dem ungewohnten Terrain rasch auf die Überholspur gelangen kann, bewies Nico Hülkenberg. Ebenfalls aus der Königsklasse kommend, raste der Deutsche bei seiner Premiere 2015 zum Sieg.
Maßstab ist Hülkenberg, der in sieben Jahren Formel 1 noch nicht einmal aufs Podest fuhr, in Alonsos Selbstverständnis keiner. Der Spanier sucht keine Vergleiche mehr. Den Traum vom erfolgreichsten Formel-1-Fahrer hat er angesichts seines Alters ad acta gelegt, stattdessen strebt er den Titel "bester Pilot aller Zeiten" an.
Alonso hat sich die "Dreifach-Krone" des Motorsports zum Ziel gesetzt. Diese besteht aus Siegen beim Grand Prix von Monaco, bei den 24 Stunden von Le Mans und den 500 Meilen von Indianapolis. Dieses Kunststück gelang bislang nur Graham Hill – vor einem halben Jahrhundert.
Im Oval von Indianapolis hat Alonso im Vorjahr bereits Spuren hinterlassen. In aussichtsreicher Position liegend, verweigerte der Motor im Wagen des Quereinsteigers seinen Dienst. "Wenn ich wiederkomme, dann bin ich schlauer", sagt er nun.
Bei der Legendenbildung überlässt Fernando Alonso ohnehin nichts dem Zufall. In seiner Heimat Asturien gibt es eine Kartbahn, eine Golfanlage und ein Museum mit seinem Namen. Inhaber der Erlebniswelt ist der Verehrte höchstpersönlich.