Nach Marcel Hirschers Coup fällt auch bei den Ski-Damen die Entscheidung um den Weltcup-Gesamtsieg. Mikaela Shiffrin greift nach ihrem Verzicht auf Crans Montana in Ofterschwang erstmals seit Olympia wieder ins Geschehen ein. Bei 561 Punkten Vorsprung und sechs ausstehenden Rennen reicht der zehnfachen Saisonsiegerin am Freitag im Riesentorlauf Platz sechs zum Gewinn ihrer zweiten großen Kugel.
Shiffrin war nach Riesentorlauf-Gold sowie Kombi-Silber bei den Spielen in Pyeongchang nicht nach Hause in die USA, sondern zum Training nach Europa geflogen. "Mit einem großen Lächeln" habe sie Korea verlassen, so die 22-Jährige. Und das, obwohl sie in den vergangenen Wochen öfter über "Müdigkeit" geklagt hatte und bei Olympia in ihrer Paradedisziplin Slalom über Platz vier nicht hinausgekommen war.
Aber das ist Schnee von gestern. Shiffrin verzichtete auf Crans Montana, trainierte stattdessen in Salzburg. Dadurch hat sich ihr Vorsprung auf die Schweizerin Wendy Holdener zwar von 671 auf 561 Zähler verringert. Platz 6 (40 Punkte) reicht im Allgäu aber, um auch mathematisch und vorzeitig zum zweiten Mal als Gesamtsiegerin dazustehen.
Die junge Amerikanerin, die trotz ihrer schon 41 Weltcupsiege am 13. März erst 23 Jahre alt wird, sollte sich über ihre zweite große Kugel mehr freuen als über ihre erste vor einem Jahr. Damals habe sich das Ganze wegen des Fehlens bzw. Ausfälle von Top-Konkurrentinnen etwas "unverdient" angefühlt, hatte Shiffrin vor Saisonbeginn verraten.
Wie ihr an einem 2. März geborener Markenkollege Hirscher hat auch Shiffrin stets rund um die Weltcup-Finali Geburtstag. Diesbezüglich hat die Amerikanerin Österreichs Ski-Helden sogar schon überflügelt. Hirscher war bei seinem ersten von nunmehr sieben Kugel-Triumphen in Folge 2012 in Schladming 23 Jahre alt gewesen, Shiffrin vergangenes Jahr beim ersten Gesamtsiege zuhause in Aspen gerade erst 22 geworden.
Und wie Hirscher kann sich auch Shiffrin noch vor dem Weltcup-Finale in Schweden neben der großen auch noch zwei kleine Kugeln holen. Jene im Slalom ist ihr bei 175 Zählern Vorsprung auf Petra Vlhova (SVK) und noch zwei ausstehenden Rennen wohl ebenfalls schon am Samstag in Ofterschwang so gut wie sicher. Es wird auch das Abschiedsrennen von Michaela Kirchgasser und Veronika Velez-Zuzulova.
Nur im Riesentorlauf, ihrer Gold-Disziplin von Korea, hat Shiffrin als Dritte Aufholbedarf. 81 Zähler Rückstand auf Viktoria Rebensburg sind in noch zwei Rennen aber nicht uneinholbar. Allerdings sind die Rennen im Oberallgäu von Regen und hohen Temperaturen bedroht. Bis zu 12 Grad plus sind im Oberallgäu angesagt, das Hangfahren am Donnerstag wurde deshalb bereits abgesagt.
Es ist eher wahrscheinlich, dass Shiffrin künftig einen ähnlichen Run hinlegt wie Hirscher in den vergangenen Jahren, auch wenn Rekorde laut eigenen Aussagen nicht in ihrem Fokus sind. "Mika schaut nicht auf Rekorde oder acht Weltcup-Gesamtsiege. Sie will sich in erster Linie täglich verbessern", sagte ihr österreichischer Manager Kilian Albrecht.
Die Puzzlesteine, die Shiffrin nach Lindsey Vonn zur nächsten Rekord-Skifahrerin aus den USA machen könnten, liegen aber längst bereit. Ihren Atomic-Vertrag hat die Amerikanerin noch vor den Spielen bis 2020 verlängert. Und auch der FIS-Rennkalender spielt ihr wie Hirscher in die Hände. Weil Technik-Rennen immer mehr zunehmen, haben Speed-Spezialisten längst keine Chance mehr auf den Gesamtsieg.
Seit ihrem Abfahrtssieg am Saisonbeginn in Lake Louise fehlt der Gewinnerin von 30 Weltcup-Slaloms zudem nur noch ein Triumph im Super-G, um dem exklusiven Kreis der derzeit sechs Siegerinnen in allen klassischen Alpin-Disziplinen anzugehören. Mit dem Verschwinden der Alpinen Kombination wird man diesbezüglich aber ein neues Statistik-Kapitel aufschlagen müssen.
Die Kombi bei den Spielen 2018 in Pyeongchang wird vermutlich die letzte bei Olympia gewesen sein, in einem Jahr in Aare wird man wohl auch die letzte bei einer Weltmeisterschaft erleben. Im Weltcup ist der Kombi offenbar noch ein längeres Leben beschieden, ehe sie endgültig von Parallelrennen abgelöst wird. In den Kalender-Entwürfen des Internationalen Skiverbandes FIS stehen selbst im Winter 2019/20 noch jeweils drei Kombis auf dem Papier. Danach ist nach derzeitigen Plan aber endgültig Schluss mit dem einstigen Königsbewerb, aus dem jahrzehntelang die besten Allround-Skifahrer hervorgegangen sind.