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Neuer Stil: Olympia sucht die Zeitenwende

16-02-2018, 06:00

Die Begeisterung hat sich bei diesen Olympischen Spielen in Südkorea gut versteckt. Wer sie finden will, der braucht erstens ein bisschen Zeit, und zweitens ist ein fahrbarer Untersatz durchaus von Vorteil. Die Buslinie TM6 führt von Alpensia rund 50 Kilometer ins Landesinnere nach Bokwang. Dort herrscht jene Stimmung, die man sich eigentlich überall im Mountain Cluster erwartet und erhofft hatte. In jenem Bereich also, in dem alle Bewerbe stattfinden, für die es keine Eishalle benötigt.



Im Phoenix Snow Park in Bokwang brauchen die Besucher keine Vidiwall, die ihnen anzeigt, wenn sie klatschen oder aufstehen sollen, wie sie in anderen Olympiastadien zum Einsatz kommt. Dort muss auch nicht, so wie gestern beim Riesentorlauf der Skidamen, die Armee der Schönen einfallen, die berühmte Cheerleadergruppe aus Nordkorea, damit sich auf den Tribünen etwas regt.

Alle gemeinsam

Bei den coolen Typen in Bokwang geht’s auch ohne Animation und Appellen heiß her. Im koreanischen Hinterland sind alle Vertreter der Trendsportarten auf einem Schneefleck vereinigt. Die wilden Ski- und Snowboardcrosser, die wagemutigen Akrobaten der Halfpipe, und nicht zuletzt die Flugkünstler der Slopestyle-Szene.

So mancher Olympia-Traditionalist wird mit diesen Sportarten möglicherweise weniger anfangen können, aber für das IOC zählen diese jungen Disziplinen mittlerweile sogar schon zu den Premiumsportarten. Denn den Herren der Ringe ist die zunehmende Begeisterung der Jugendlichen für die X-Games, die jährliche Weltmeisterschaft für Extremsportler, nicht verborgen geblieben.

Foto: AP/Kin Cheung Und so wurden in den letzten Jahren ganz bewusst immer mehr dieser Trendsportarten ins olympische Programm aufgenommen. 2014 in Sotschi hatten die Slopestyler und Ski-Freestyler ihre umjubelte Premiere gefeiert, in PyeongChang gibt’s nun erstmals Medaillen im Big Air, jenem Bewerb also, in dem die Kärntner Snowboarderin Anna Gasser zu den Favoritinnen zählt.

Und die vollen Tribünen im spektakulären Phoenix Park von Bokwang bestätigen das IOC in seiner Entscheidung. "Hier ist schon beim Training ordentlich was los", sagt Roman Kuss, der beim Österreichischen Skiverband als Sportchef für die Slopestyler fungiert. "Aber unser Sport ist in den letzten Jahren auch richtig durch die Decke geschossen."

Es ist daher alles andere als ein Zufall, dass die jüngste österreichische Olympiateilnehmerin in dieser noch so jungen Disziplin im Einsatz ist. Lara Wolf befindet sich eigentlich gerade in den Semesterferien, wie ihr Zeugnis ausgefallen ist, will die 17-jährige HAK-Schülerin nicht verraten. Nur so viel: "In Bewegung und Sport bin ich unbeurteilt. Weil ich so viel unterwegs bin."

Foto: APA/EXPA/MICHAEL GRUBER Lara Wolf. Lara Wolf hat schon früh bemerkt, dass es langweilig ist, einfach nur über die Skipisten zu fahren. Die Tirolerin nimmt lieber den Hindernisparcours, denn dort kann sie sich an Kickern und Rails austoben und ihre Kunststücke zum Besten geben, die dann von Punkterichtern benotet werden.

In PyeongChang ist die 17-Jährige freilich eine Alleinunterhalterin, außer Wolf hat sich kein österreichischer Ski-Slopestyler für Olympia qualifizieren können.

Alle gemeinsam

Das hängt auch damit zusammen, dass die Alpinnation Österreich im Slopestyle noch zu den Entwicklungsländern zählt. "Andere Nationen sind viel früher auf diesen Zug aufgesprungen", sagt Sportkoordinator Kuss. Dazu ist die Konkurrenz größer und internationaler als in den klassischen Disziplinen. Auf den Slopestyle-Sport fliegen sie inzwischen von Nordamerika bis nach Australien. "Wir sind von einer Randerscheinung zu einer aufstrebenden, boomenden Sportart geworden", weiß Kuss.

Die vollen Tribünen im Phoenix Snow Park und die allgemeine Begeisterung rund um die Slopestyler sprechen für sich. Sogar so mancher Skistar ist mittlerweile zu einem bekennenden Fan der Artisten und Akrobaten auf zwei Brettl’n geworden.

Als Lara Wolf am Valentinstag durch das Olympische Dorf spazierte, machte der Tiroler Slalom-Vizeweltmeister Manuel Feller der Tiroler Slopestylerin die Aufwartung. Und dann? "Er hat mir eine Rose geschenkt."

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