San Sebastian, 186.000 Einwohner, malerisch am Golf von Biskaya gelegen, 20 Kilometer westlich der französischen Grenze. Es gibt Arbeitsplätze in wesentlich unattraktiveren Gegenden als das derzeit im Umbau befindliche Estadio Anoeta und die "Instalaciones de Zubieta", das in einer Ortschaft nahe der Provinzhauptstadt gelegene Trainingsgelände des spanischen Erstligisten.
Marcus Pürk und Dietmar Kühbauer waren dort als einzige österreichische Profifußballer tätig. Der heute 43-jährige Pürk von 1995 bis 1996, der heute 46-jährige Kühbauer von 1997 bis 2000. Damals unter der Leitung eines einst eingebürgerten Österreichers. Kühbauer kam gemeinsam mit Trainer Bernd Krauss. Der Deutsche musste im Oktober 1999 wieder gehen, Kühbauer blieb bis zu seinem Vertragsende im Sommer 2000.
Die drei Jahre im Baskenland waren für Kühbauer auch eng mit Schmerzen verbunden. Zwei Mal hat er sich das Schlüsselbein gebrochen. Eine Verletzung war damals noch nicht so bekannt und wurde erst von Bayern-Arzt Müller-Wohlfahrt als solche diagnostiziert: Riss des Syndesmosebandes, das Halteband zwischen Schien- und Wadenbein. Dennoch verbindet der Burgenländer vorwiegend positive Erinnerungen an seine Zeit bei Real Sociedad. "Der Verein war und ist super aufgestellt, legt extremen Wert auf die Nachwuchsarbeit", sagt er. Etliche Profis aus ganz Europa kommen aus dem Nachwuchs von Real Sociedad. Am bekanntesten ist spätestens seit der EURO 2016 wohl der Franzose Antoine Griezmann.
Bis in die 1980er-Jahre verfolgte man in San Sebastian aber eine Personalpolitik wie in Bilbao, es spielten nur Basken. Das hat sich geändert, aber die Zahl der Legionäre ist bei Real Sociedad überschaubar.
"Dem Verein fehlt jegliche Überheblichkeit. Ein seriöser, demütiger Klub, wo es keinen Platz gibt für Dinge wie Größenwahn", erinnert sich Kühbauer. Er schreibt dies einer Charaktereigenschaft der Basken zu: "Die habe ich sehr bodenständig erlebt." Und auch zurückhaltend. "Die Fans haben sich immer sehr respektvoll verhalten. Vielleicht wäre das heute bei einem Superstar Neymar nicht mehr so, aber damals war es jedenfalls so."
Sein Debüt im ersten Spiel der Saison 1997/’98 gab Kühbauer im Camp-Nou-Stadion. Er zeigte eine gute Leistung, die Schlagzeilen gehörten aber Barcelona. "Rivaldos", titelten die Zeitungen, weil Rivaldo, der im Sommer von La Coruña zu Barça gekommen, war, zwei Tore beim 3:0-Erfolg erzielte.
Es durften damals nur drei Ausländer spielen. Neben Kühbauer stand noch der Schwede Mild, der Serbe Kovacevic, der Rumäne Craioveanu und der Nigerianer Adepoju unter Vertrag. Und der Portugiese Sa Pinto bekam einen Vertrag, obwohl der für ein Jahr gesperrt war, weil er Teamchef Artur Jorge verdroschen hatte.
Auf Krauss folgte mit Javier Clemente ein Trainer alten spanischen Stils. "Ab da stand zum Mittagessen wieder Wein auf dem Tisch. Das ist ein Zeichen, wie wichtig den Spaniern das Essen ist. Und das ist in San Sebastian großartig", erzählt Kühbauer. Der Wein hatte unter Clemente Platz auf dem Tisch, Kühbauer aber nur mehr selten einen in der Mannschaft. "Er wollte, dass ich Rechtsverteidiger spiele."
Was Kühbauer nicht vermisst, ist die Monotonie. "Jedes Training ist gleich abgelaufen. Das Trainingslager war immer im selben Ort in Holland. Es gab vor dem Spiel immer Reis mit Eiern. Es ist immer eine Salatschüssel auf dem Tisch gestanden, aus dem sich alle bedient haben." Positiv betrachtet, sei das ein Zeichen der Kontinuität, die den Klub auszeichnet. "Aber die heutige Spielergeneration würde sich zu Recht aufregen, wie eintönig das Training ist."
Heute gastiert Salzburg im Hinspiel der Europa-League-Zwischenrunde in San Sebastian (19 Uhr, live Puls4, Sky). "Wenn Salzburg zwei gute Tage hat, haben sie durchaus Chancen auf den Aufstieg", glaubt Kühbauer, dass der österreichische Meister nicht ohne Möglichkeiten ist. Nachsatz des Kenners: "Aber Real Sociedad wird Salzburg nicht unterschätzen, schon von ihrem Naturell her."
Spanien – das war für Salzburg noch keine Reise wert. Zumindest dann, wenn der österreichische Serienmeister zu K.-o.-Spielen geflogen ist. Drei Mal war dies in der Europacup-Historie der Fall, drei Mal setzte es Niederlagen – 0:3 in Valencia (2006), 0:2 in Sevilla (2008) und 1:2 in Villarreal (2015).
Zum Aufstieg hat es ebenfalls noch nicht gereicht. Nur das Hinspiel gegen den FC Valencia (1:0) wurde zu Hause gewonnen, gegen FC Sevilla (0:2) und FC Villarreal (1:3) setzte es auch in den Rückspielen in der Red-Bull-Arena Niederlagen.
Das Duell in der Zwischenrunde der Europa League gegen Real Sociedad ist also der vierte Versuch der Salzburger, um endlich auch einen spanischen Verein auszuschalten. Am Donnerstag steht in San Sebastián das Hinspiel auf dem Programm (19 Uhr). Eine Woche später folgt in Wals-Siezenheim das Rückspiel (21.05 Uhr).
Trainer Marco Rose hat hingegen gute Erfahrungen mit spanischen Teams gemacht. Auf dem Weg zum Triumph in der UEFA-Youth-League 2016/’17 schaltete er mit der Salzburger Unter-19 Atlético Madrid und auch den FC Barcelona aus.
Rose ist nach einer Grippe auf dem Weg der Besserung, er wird in San Sebastian auf der Trainerbank sitzen – im Gegensatz zum immer noch kranken Tormanntrainer Herbert Ilsanker. Ihn ersetzt Heinz Arzberger.
Gravierender ist ein anderer Ausfall. Valon Berisha hat sich Samstag in Altach eine Muskelverletzung in der Hüfte zugezogen. Während Hannes Wolf nach seiner Erkrankung wieder ins Training eingestiegen ist, ist bei Duje Caleta-Car (Grippe) und Andre Ramalho (muskuläre Probleme) noch offen, ob sie einsatzbereit sein werden. Eine Entscheidung darüber fällt erst am Matchtag.
71 Spiele haben österreichische Klubs gegen zehn spanische Vereine im Europacup ausgetragen. Real Sociedad ist erstmals Gegner. Die Bilanz ist deprimierend: Gerade einmal zwölf Siegen stehen 42 Niederlagen gegenüber – und das bei einer Tordifferenz von 53:154.