Gregor Schlierenzauer betritt gerade Neuland. Nicht nur, weil er noch nie zuvor in seinem Leben in Südkorea war, der Tiroler hat sich in seiner Karriere vor einem Großereignis auch noch nie in so einer Situation wiedergefunden. Der erfolgreichste Springer der Weltcupgeschichte (53 Siege) ist plötzlich im Team nicht mehr unumstritten, er, der sechsfache Weltmeister und Besitzer von vier Olympia-Medaillen, muss sich auf einmal seinen Startplatz erst erkämpfen.
Nach Vancouver (2010) und nach Sotschi (2014) war der Stubaier stets noch als Mitfavorit und Medaillenhoffnung gereist. Zumal er auf beiden Schanzen seinerzeit auch die olympischen Generalproben gewonnen hatte. Bei seinen dritten Spielen ist er Außenseiter. Sofern jemand, der bei den letzten drei Springen vor Olympia auf den Plätzen 40, 38 und 33 gelandet war, überhaupt in den Rang eines Underdogs erhoben werden kann.
Schon das macht deutlich, wie steil es mit dem ehemaligen Höhenflieger in den vergangenen Jahren bergab gegangen ist. Der 28-Jährige hat eine freiwillige Auszeit, eine schwere Verletzung (Kreuzbandriss) und eine hartnäckige Sinnkrise hinter sich und versucht verzweifelt, wieder die Leichtigkeit früherer Tage zu finden. "Olympia ist etwas Besonderes und ich darf dabei sein. Ich freue mich, völlig unbefangen an die Sache ranzugehen. Ich habe keinen Druck."
Damit spricht Schlierenzauer für die gesamte österreichische Mannschaft, die in diesem Winter bislang den Erfolgen hinterher springt. Drei Podestplätze durch Stefan Kraft, den letzten aber schon im Dezember. Wenn man schon etwas Positives an diesem Negativlauf finden will, dann: Von den Österreichern werden keine Medaillen erwartet.