Offiziell lässt Goran Djuricin offen, ob Dejan Ljubicic im 325. Wiener Derby von Beginn an spielen wird. "Ljubicic hat noch Trainingsrückstand. Petsos hat sich in der Vorbereitung gut präsentiert", sagt der Rapid-Coach vor dem Duell mit der Austria am Sonntag über seinen defensiven Mittelfeldspieler.
Tatsächlich wird Djuricin aber alles versuchen, um seinen Stamm-Sechser nach nur einer Woche mit vollem Trainingseinsatz aufzubieten. Das legen die Daten von KURIER-Partner Opta nahe: Mit dem 20-Jährigen kommt Rapid auf 2,1 Punkte pro Spiel, ohne den Eigenbauspieler sinkt der Schnitt auf 0,8 Zähler ab. Auch die Häufigkeit der Gegentore nimmt dramatisch ab, sobald der Aufsteiger der Herbstsaison den Rasen betritt. Wenn Ljubicic durchspielte, hat Rapid nie verloren. So eine Bilanz kann sonst nur Veton Berisha vorweisen.
Dabei hatte der ehemalige Kapitän von Rapid II die Saison noch als Kooperationsspieler bei Wiener Neustadt begonnen. Die Heimholung Ende August stabilisierte die Grünen – und wirkte sich parallel dazu äußerst negativ auf die Bilanz des Zweitligisten aus (siehe Grafik).
Foto: Agentur DIENER/DIENER / Philipp Schalber Warum ist Ljubicic so wichtig? Sein Trainer und Förderer erklärt: "Die ganze Familie hat das Kämpfer-Gen. Sie geben nie auf", sagt Djuricin, der auch Vater Zoran und Bruder Robert vom Fußball kennt. Im Detail: "Dejan bringt Dynamik in unser Spiel, liebt die Zweikämpfe und macht kaum Fehlpässe."
Mit 87 Prozent angekommenen Pässen ist der Rechtsfuß laut Opta die Nr. 1 im Rapid-Kader. Lediglich Christian Schulz kommt in der Liga auf 88%, der Routinier ist in Graz aber nur noch Ersatz. "Sein gutes Spielverständnis hilft Ljubicic, die Pässe anzubringen. Außerdem nimmt er nur bei Pässen nach vorne Risiko, so soll es bei einem Sechser sein", meint Djuricin. Tatsächlich finden 98% aller Pässe nach hinten die Mitspieler.
Kaum Fehlpässe, aber ein heftiger Fehltritt – das hat die Karriere bisher geprägt. Der Sohn bosnischer Kroaten besuchte nach Weihnachten Verwandte, fuhr mit Kumpel Daniel Sudar in der Nacht durch Kiseljak – und tat, was bei Rapid vom immer höflichen und positiven Vorzeige-Migranten keiner für möglich gehalten hätte: Der gläubige Christ Ljubicic bewarf eine Moschee mit Glasflaschen.
Der Skandal schaffte es in bosnische Nachrichtensendungen, weil der kleine Ort im Jugoslawien-Krieg besonders umkämpft war und deswegen von symbolischer Bedeutung ist. Ljubicic entschuldigte sich tags darauf bei der muslimischen Glaubensgemeinschaft. Es war eher eine "b’soffene G’schicht" als die verlautete "Suche nach einer Bäckerei".
Foto: APA/EXPA/THOMAS HAUMER Sportdirektor Fredy Bickel sprach eine hohe finanzielle Strafe aus, will für Ljubicic abseits der Kameras einen sozialen Dienst organisieren und vermittelte Gespräche mit Pfarrer Christoph Pelczar, einem gebürtigen Polen und Ex-Kicker.
In Karriere-Angelegenheiten wird der U-21-Teamspieler von Stevan Stojanovic beraten. Der ehemalige Tormann war der Kapitän von Roter Stern Belgrad beim Europacup-Sieg 1991 gegen Marseille. Seit rund einem halben Jahr wird Ljubicic von namhaften internationalen Klubs beobachtet, das Traumziel ist die Serie A.
Bickel bewies Menschenkenntnis. Eine Woche vor dem Karriere-Kratzer sagte der Schweizer zum KURIER über einen möglichen Transfer im Sommer: "Da würde ich mich gewaltig auf die Hinterbeine stellen. Ich plane ganz fest mit ihm. Ich habe auch eine Verantwortung für die Spieler. Bei Dejan geht’s sportlich sehr schnell, er braucht auch Zeit für die persönliche Entwicklung."
Djuricin meint, dass der Skandal langfristig Ljubicic sogar helfen könnte: "Zuvor ist es immer nur bergauf gegangen. Zu einer Karriere gehören aber auch Rückschläge. Es war ihm eine große Lehre, die er mittlerweile gut verarbeitet hat."
Djuricins Ausblick: "Dejan ist eine Maschine. Sein Paket aus verschiedenen Stärken ist sehr gefragt. Deswegen wird er bald im Ausland spielen – leider." Wobei "bald" für ihn 2019 heißt. "Am besten wäre, wenn Dejan noch eineinhalb Jahre bei uns reift." Der Sommer 2019 wäre (ein Jahr vor Vertragsende) die letzte große Chance, um Millionen zu verdienen.
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