Südkorea ist bereit für die Olympischen Spiele. Doch das Internationale Olympische Komitee und die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA geraten in Bedrängnis. Noch immer ist der russische Dopingskandal von Sotschi 2014 Thema, die ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping – das Olympiakomplott" zeigte weitere gravierende Probleme im Umgang mit dem Thema auf. Das sind die Brennpunkte.
Manipulierbare Gefäße
Der Dopingskandal von Sotschi war auch deshalb möglich, weil der russische Inlandsgeheimdienst FSB die versiegelten Dopingproben öffnete, den Urin gegen sauberen austauschte und die Fläschchen wieder verschloss. Nun wurden die Behälter neu gestaltet, doch auch die aktuellen Flaschen können manuell geöffnet werden, wenn sie eingefroren sind. "Dieses Problem wird man bis zu den Spielen nur noch mit Manpower lösen können, nicht mit Technik", sagte der deutsche Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel. "Die Proben müssen rund um die Uhr von absolut integren Leuten beaufsichtigt werden." Andernfalls wären die Folgen dramatisch, denn die Ergebnisse der Dopingtests wären juristisch anfechtbar. Überführte Doper könnten Anwälte einschalten und behaupten, dass ihr Urin ausgetauscht wurde.
Berechtigte Angst
Die Befürchtung ist nicht von der Hand zu weisen. "Der stellvertretende Sportminister Nagornykh wollte, dass ich eine saubere Probe einer ukrainischen Biathletin positiv mache. Aber das war für mich inakzeptabel", sagte Grigori Rodschenkow. Der 59-Jährige leitete einst das Moskauer Dopinglaboratorium und war eine Schlüsselfigur im Zusammenhang mit dem Staatsdoping und vor allem rund um das ausgeklügelte Vertuschungssystem von Sotschi. Heute ist er einer der wichtigsten Informanten und Kronzeuge. Er ist in die USA geflüchtet und lebt an einem geheimen Ort.
Putin wusste alles
"Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass Präsident Putin alles wusste", sagte Rodschenkow. "Natürlich kam die Anweisung von ganz oben. Nur er kann den Inlandsgeheimdienst für so etwas engagieren. Ich weiß von Mutko (Sportminister, Anm.), dass Putin viele Details kannte." Putins Herangehensweise sei so gewesen: "Sag mir, was dein Problem ist. Wir werden alles tun, um es zu lösen." Bezahlt habe alles das Sportministerium. Putin konterte gestern: Rodschenkow sei ein "Idiot mit deutlichen Problemen", der versucht habe, sich umzubringen. "Man muss ihn ins Gefängnis stecken."
Rodschenkow in Gefahr
"Ich freue mich, dass ich lebe", sagt Rodschenkow, der im US-Zeugenschutzprogramm lebt. Sein Anwalt Jim Walden erklärt: "Die Russen tun alles in ihrer Macht stehende, um ihn zurück nach Russland zu bringen. Es ist eine Tatsache, dass hier Leute aktiv nach Grigori suchen, um ihn zu ermorden."
Sportler geschützt
Doping-Ermittler Richard McLaren identifizierte etwa 1000 Athleten, die an dem Doping-Programm beteiligt sein sollen. Rodschenkow will die Zahl nicht bestätigen, sagt aber: "Die Spitzenathleten waren vor Dopingkontrollen in Russland komplett geschützt, sie konnten nicht disqualifiziert werden." Und: Sie hätten alle von der Vertuschungsaktion gewusst. So wurde ihnen auch beigebracht, sauberen Urin zu sammeln.
Das IOC war inkonsequent
Vor den Sommerspielen in Rio hatte IOC-Präsident Thomas Bach angekündigt: "Kein russischer Athlet kann teilnehmen, es sei denn: Er oder sie erfüllt einige sehr strenge Kriterien." So sollten nur Sportler starten, die unabhängig auf Doping getestet wurden. Nun tauchte ein USB-Stick auf mit der internen Kommunikation zwischen dem IOC und den diversen Sommersport-Verbänden. Fazit: Es mangelte an Details, Teststatistiken fehlten. Mit den strengen Zulassungskriterien dürfte es das IOC also nicht so ernst genommen haben. Zu befürchten ist, dass dies auch für die Spiele in Südkorea gilt.
Es wird weiter gedopt
"Die Mentalität ist gleich geblieben", sagt Rodschenkow. So seien alle Sportfunktionäre, die involviert waren, nach wie vor im Amt. "Russland ist noch immer ein Doping-Land."