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Foda: "Respekt zu verlieren, ist ein absolutes No-Go"

28-01-2018, 06:00

Franco Foda ist ein gefragter Mann. Ein Interview da, ein nächstes dort für eine Frühstücksplauderei im Radio. Kein Wunder, dass sich der Deutsche um 20 Minuten verspätet. Der österreichische Fußball-Teamchef entschuldigt sich und spricht.

KURIER: Seit 1. Jänner sind Sie offiziell Teamchef. Was hat sich verändert in Ihrem Leben?

Franco Foda:Ich hatte seit gefühlten 30 Jahren erstmals Fieber.

Schüttelfrost angesichts der neuen Aufgabe?

Sozusagen (lacht). Geändert hat sich, dass ich nicht mehr jeden Tag auf dem Platz stehe. Ich bin viel unterwegs, ich habe Spiele gesehen, war bei Salzburg und Sturm in Spanien im Trainingslager. Es ist wichtig, jetzt die Basis zu legen, um dann erfolgreich sein zu können.

Aber Teamchef zu sein, bedeutet auch hinter dem Schreibtisch zu sitzen. Haben Sie fixe Bürozeiten?

Ich bin als Teamchef ständig unterwegs und nicht so viel im Büro, wie Sie denken. Klar habe ich viele Termine, aber mein Hauptaugenmerk liegt doch darauf, Spieler und Videos anzuschauen, Kontakte zu pflegen, Spiele vor- und nachzubereiten. Ich bin tatsächlich immer unterwegs, ich pendle derzeit zwischen Graz, Wien, Deutschland, England und auch den Niederlanden.

Wie war das so, ein Sturm-Training als Außenstehender zu betrachten?

Schon ungewohnt. Vor ein paar Wochen habe ich mit den Jungs noch Meisterschaft gespielt. So ist es eben, es hat trotzdem Spaß gemacht.

Im ÖFB gibt es nun eine neue Hierarchie, der Sportdirektor steht nicht mehr über dem Teamchef. Wie funktioniert der Doppelpass mit Peter Schöttel?

Wir tauschen uns regelmäßig aus und sind ständig in Kontakt. Er unterstützt uns sehr. Leider war ich wegen der Grippe bei der ersten Trainersitzung nicht dabei.

Haben Sie sich mit Ihrem Vorgänger Marcel Koller schon getroffen?

Wir haben lange telefoniert. Wir hatten schon einen guten Draht, als er noch Teamchef war und ich Vereinstrainer. Er hat gute Arbeit geleistet, das habe ich auch zum Ausdruck gebracht. Andere Inhalte des Telefonats möchte ich nicht verraten.

Zumindest so viel: Hat sie etwas überrascht?

Ich habe ihn nur gefragt, wie viel Zeit man benötigt, um sich daran zu gewöhnen, vom Klubtrainer zum Teamchef zu werden.

Ein halbes Jahr in etwa?

Naja, ist egal. Ich denke, die Umstellung geht relativ schnell vonstatten.

Sie sind offen für Medienkontakte und haben im Trainingslager für eine Zeitung eine Foto-Geschichte gemacht. Marcel Koller hat sich deutlich mehr zurückgezogen. Unterscheidet Sie das von ihm?

Wie jeder Trainer seine eigene Spiel-Idee hat, so hat jeder seinen speziellen Umgang mit den Medien. Ich bin jedenfalls entspannt. Ruft mich jemand an, versuche ich Auskunft zu geben, offen und ehrlich, im Rahmen meiner Möglichkeiten.

Wie war das in Deutschland?

Während meiner Zeit in Kaiserslautern war das ganz anders. Aber es ist ohnehin nicht so wichtig, wie du dich verhältst, im Fußball ist das Entscheidende, Erfolg zu haben. Läuft’s nicht, kriegst du eine über die Rübe. So ist es halt. Mir ist ein respektvoller Umgang wichtig. Kritik ja, aber es darf nicht persönlich werden. Ich habe etwa gelesen, dass man Marcel Koller am Ende vorgehalten hat, dass er so viel verdient.

Das ist für Sie zu persönlich?

Das finde ich schon persönlich, das geht doch niemanden etwas an. Er hat vorher das verdient, danach auch. Der Unterscheid war nur, dass er vorher viele Spiele gewonnen hat, später dann weniger.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER Kennen Österreichs Fußballfans und Journalisten keinen Mittelweg?

Ich bin Deutscher, lebe aber schon lange hier in Österreich. Wenn ich mit Leuten rede, sagen sie selbst: Das ist halt so bei uns, bei uns gibt es Schwarz oder Weiß.

Nervt das ab und zu?

Ich lasse mich nicht beeinflussen. Darum bin ich auch nicht in den sozialen Netzwerken. Wenn es läuft, ist eh alles super, wenn nicht, sind sie ein Energieräuber. Ich brauche meine Energie, um mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Überspitzt gesagt: Die Medien können über mich schreiben, was sie wollen. Das heißt aber nicht, mir ist alles egal. Ein respektvoller Umgang ist für mich sehr wichtig.

Also dürfen wir schreiben, was wir wollen?

So lange es nicht persönlich wird. Wir müssen ja oft unterschiedlicher Meinung sein, denn wir haben schließlich unterschiedliche Jobs. Noch einmal: Es geht immer um den gegenseitigen Respekt.

Foto: Agentur DIENER/DIENER / Philipp Schalber Zum Sportlichen: Koller hat lange an einem Stamm an Spielern festgehalten. Geht es bei Ihnen ausschließlich um Spielpraxis und Form?

Das hängt doch immer von der Situation ab. Wir sind viel unterwegs, um die Leistungen der Spieler zu sehen, aber auch, um mit jenen zu sprechen, die aktuell nicht spielen. Da geht es um das Gesamtpaket. Ich will daher nicht ausschließen, dass bei mir Spieler zum Zug kommen, die bei ihren Klubs wenig bis gar nicht spielen.

Kommen wir zu einem Dauerthema: David Alabas viel diskutierte Position im Nationalteam. Immer lauter wird die Forderung , er solle dort spielen, wo er auch bei den Bayern spielt, nämlich links hinten. Ist das auch Ihre Meinung?

Jeder wird im Team dort spielen, wo ich glaube, dass er der Mannschaft am meisten helfen kann. Das betrifft wirklich jeden. Ich werde mit David ein Gespräch führen, dann werden wir sehen, wo er spielt. Er kann universell eingesetzt werden, und wir wollen ja variabel sein, dass Spieler in einem Match ihre Position wechseln können. Das ist der nächste Schritt im kommenden Lehrgang.

Aber hat ein Spieler bei Ihnen ein Mitspracherecht, wenn es um seine Position geht?

Die Frage erübrigt sich. Der Trainer entscheidet, wo er die Spieler einsetzt. So klug sollte jeder Trainer sein. Ich rede viel mit meinen Spielern, aber als Trainer trägt man die Verantwortung, deshalb muss ich auch die Entscheidung treffen.

Vier Spiele stehen im Frühjahr auf dem Programm. Was wünschen Sie sich, um für die Nations League gerüstet zu sein?

Es hat sich ja einiges verändert. Zlatko Junuzovic und Martin Harnik sind zurückgetreten. Da entwickelt sich eine neue Hierarchie. Zunächst heißt es, einen Stamm zu finden, im Sommer wollen wir dann in unserem Spiel schon variabel sein von der taktischen Ausrichtung her und Systeme ändern. Es macht keinen Sinn, nur eine Idee zu haben, weil sich die Gegner darauf einstellen.

Foto: APA/ROBERT JAEGER Wie beschreiben Sie sich selbst? Man hört, dass Sie Spielern gegenüber auch ziemlich laut werden können.

Ich will alles auf den Punkt bringen und Dinge klar ansprechen. Das hängt natürlich aber auch von der Situation ab. Als Trainer muss man das Gespür haben, wann man die Mannschaft unterstützen muss, oder wann man sie provozieren muss, um noch ein paar Prozent mehr herauszukitzeln. Generell unterstütze ich meine Spieler, zu 90 Prozent bin ich in der Halbzeit ruhig, zu zehn Prozent emotionaler.

Was geht für Sie gar nicht?

Den Respekt zu verlieren. Das ist ein absolutes No-Go. Auch wenn viele Emotionen im Spiel sind und der Trainer als Entscheidungsträger auch kritisieren muss. Man sollte aber nie die Contenance verlieren. Heutzutage darfst du auch nicht jede Aussage auf die Goldwaage legen. Wir wollen mündige Spieler, echte Persönlichkeiten. Dann müssen sie sich auch dementsprechend frei äußern können. Ich für meinen Teil bin nicht nachtragend, wenn ein Spieler seine Fehler einsieht. Dann kann ich schnell vergessen.

Beim Team arbeiten Sie mit einigen Spielern, die in internationalen Top-Ligen tätig sind. Macht das den Umgang schwieriger oder vielleicht doch leichter, weil diese Spieler viel Erfahrung mitbringen?

Ich habe ja selbst in Deutschland lange auf höchstem Niveau gespielt. Ich weiß also, wie die Spieler funktionieren und was sie von einem Trainerteam erwarten. Es gibt keine schwierigen Spieler, du musst nur wissen, wie du mit ihnen umgehst und Kanäle finden , um an sie heranzukommen. Wenn dir das gelingt, hast du eine Vertrauensbasis.

Um noch ein wenig in Ihrem Privatleben zu stochern: Sie sind sogar von Graz nach München gefahren, um ein Konzert von Andreas Gabalier zu sehen. Ist das Ihr musikalischer Geschmack, verbindet Sie eine Freundschaft?

Nein, es ist keine Freundschaft. Ich habe ihn bewundert, wie er trotz schwieriger Phasen an sich geglaubt und hart gearbeitet hat. Denn der Erfolg, den er jetzt hat, der kommt nicht von irgendwo daher. Dafür musst du etwas tun. Das sind Attribute, die ich auch von meinen Spielern einfordere. Außerdem ist Gabalier bodenständig. Er geht ganz normal durch Graz, dabei schafft er es als Österreicher, 100.000 Menschen in München in ein Stadion zu locken. Ich höre außerdem James Blunt, Milow, früher ABBA.

Und Helene Fischer?

Auch.

Sie kommt am 11. Juli vor Franco Foda und dem Team ins Happel-Stadion ...

Bis jetzt habe ich keine Karten, aber vielleicht bekommen wir noch welche. Auch sie hat sich durch eiserne Disziplin das alles erarbeitet. Viele machen hingegen aus ihrem Talent nichts. Irgendwann wird alles belohnt.

Über Musikgeschmack kann man aber streiten.

Es ist nicht jeder romantisch (lacht).

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