Die Akte Toni Sailer hat die Wogen hochgehen lassen. Der Vorwurf der Vergewaltigung gegen die Ski-Ikone sorgt weiterhin für hitzige Debatten. Am Dienstag sprach mit Ferdinand Mayrhofer-Grünbühel der damalige Botschaftssekretär der österreichischen Vertretung in Warschau im über sein Treffen mit Janina S., dem mutmaßlichen Opfer.
"Ihre Situation war, dass die Sache im Wesentlichen abgeschlossen war", so Mayrhofer-Grünbühel im ORF. "Die Kaution war hinterlegt, Toni Sailer aus der Haft entlassen und konnte das Land verlassen. Die Betroffene hat dabei natürlich durch die Finger geschaut." Dementsprechend stuft er ihren Besuch in der Botschaft zehn Tage nach der mutmaßlichen Vergewaltigung als Versuch ein, "auf der Basis einer Mitleidreaktion oder mit der leise angedeuteten Drohung, die Sache publik zu machen, doch noch zu einer Entschädigung oder zu einem Schmerzensgeld zu kommen."
Allerdings sei das keineswegs ungerechtfertigt gewesen. Nach "offiziellen polnischen Behauptungen" habe die Frau Verletzungen davongetragen und angegeben, "dass sie brutal vergewaltigt worden sei, dass sie zwei andere Männer festgehalten hätten". Mayrhofer-Grünbühel halte die Frau "im Prinzip" für glaubwürdig und betont: "Sie hat mir eigentlich leidgetan."
Aus dem ausführlichen Akt des Außenministeriums geht zudem hervor, dass Sailers Anwalt im August 1974 - fünf Monate nach der mutmaßlichen Tat - in Polen erfuhr, dass wegen "zweier Formfehler" keine Anklage gegen den 2009 verstorbenen Sailer stattfinden würde. Es blieb lediglich der Vorwurf der leichten Körperverletzung, Sailers mutmaßliches Opfer verzichtete auf eine Privatanklage. "In einem kommunistischen System wird der Frau bedeutet, dass sie das halt nicht zu machen hat", schätzt Mayrhofer-Grünbühel das Ausbleiben der Privatklage ein.