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1968: Rekorde für die Ewigkeit

2-01-2018, 06:00

Wären schon vor 50 Jahren ansatzweise Social Media möglich gewesen, deren Poster hätten wegen ständigen Protestierens und Jubelns ihre online-Grenzen gesprengt. Denn 1968 war geprägt von Kuriositäten. Von unglaublichen Rekorden, unglaublichen Skandalen und auch von einem – aus heutiger Sicht – undenkbaren österreichischen Fußball-Erfolg.

Anders als in diesem Jahrtausend (bzw. bis 1992) wurden 1968 in ein und demselben Jahr Winter- und Sommerspiele durchgeführt. Und von Hauptdarstellern wurde so gestritten, dass verglichen dazu manche Fabelleistung medial verblasste. Österreicher standen im Februar 1968 im Mittelpunkt des Gezänks.

Der Wirbel brach kurz vor der Eröffnung der Spiele in Grenoble aus. Als der US-Millionär und IOC-Präsident Avery Brundage, auf den Amateurstatus pochend, von Skirennläufern ultimativ verlangte, alle ihre Brettln zu überpinseln, um Firmenlogos unkenntlich zu machen.

Die Läufer drohten mit Streik. Und der (Schweizer) Präsident des Internationalen Skiverbandes Marc Hodler musste Slalom fahren, um einen Kompromiss zu erreichen. Diese Niederlage sollte Ski-Hasser Brundage nicht vergessen – er schloss vier Jahre später Karl Schranz in Sapporo von den Spielen aus; den Arlberger Top-Favoriten, der sich schon seit Grenoble ’68 um Olympia-Gold betrogen sah.

Undurchsichtig

Nachdem Österreichs alpine Herren – im Gegensatz zur Abfahrtsolympionikin Olga Pall – 1968 Gold verpasst hatten, wurde Schranz im Slalom von Chamrousse der Sieg aberkannt. Nicht nur wegen des Nebels war der Torlauf eine undurchsichtige G’schicht.

Von einem Pistenarbeiter war, während sich Schranz auf Siegeskurs befunden hatte, der Stangenwald durchquert worden. Schranz stoppte , durfte ein zweites Mal starten, Bestzeit erzielen und dennoch nicht aufs Podium. Die Jury disqualifizierte ihn, worauf man den großartigen Lokalmatador Jean-Claude Killy, der Abfahrt und Riesenslalom dominiert hatte, erneut mit Gold dekorierte. Frei nach dem Motto "Aller guten Dinge sind drei".

Ungerecht

Schranz, ÖSV-Präsident Karl Heinz Klee und die österreichischen Medien sprachen und schrieben solidarisch von himmelschreiender Ungerechtigkeit. Der gleichen Worte bediente sich die Presse (nicht nur die österreichische) beim Eisskandal von Grenoble, als der Wiener Emmerich Danzer, obwohl davor und danach Weltmeister, trotz der mit Abstand besten Kür von Preisrichtern zum Vierten abqualifiziert wurde.

Weil auch Wolfgang Schwarz über sich hinauswuchs, durfte ein anderer Wiener über Gold jubeln. Jahrzehnte später machte Schwarz nur noch auf Lokalseiten Schlagzeilen, als ihm eine mehrjährige Haftstrafe (wegen Menschenhandels mit osteuropäischen Frauen) aufgebrummt wurde.

Zu positiven Schlagzeilen auf Seite eins brachten es bei den (im mexikanischen Herbst durchgeführten) Sommerspielen 1968 zwei Leichtathletinnen. Nachdem die spätere Fußballermutter Eva Janko den Speer auf die Bronzeweite von 58,04 Metern geworfen und die spätere Frau Innenminister Liese Prokop Silber im Mehrkampf erobert hatte. Prokop verkündete, zumal zu diesem Zeitpunkt schon Mutter, noch in Mexiko ihren Rücktritt. Um nach dem Rücktritt vom Rücktritt drei Jahre später Fünfkampf-Weltrekord vor ihrer Haustür in der Südstadt zu erzielen. Mittlerweile wurde der Damen-Fünfkampf zum Siebenkampf ausgeweitet.

Unerreicht

Ein in Mexiko aufgestellter Weltrekord hielt fast 23 Jahre lang: Bob Beamon flog, begünstigt durch Höhenluft und Rückenwind, 8,90 Meter weit. Abgesehen von Hochsprung-Pionier Dick Fosbury, der Erster wurde, indem er als erster Athlet rücklings über die Latte hechtete, wurden viele Leichtathletik-Bewerbe von dunkelhäutigen Athleten dominiert. Daran erinnerten die Sprinter auf dem Siegespodest, indem sie ihre in schwarze Handschuhe gehüllten, geballten Fäusten in die Höhe streckten und 200-Meter-Champion Tommie Smith sagte: "Das weiße Amerika akzeptiert uns Schwarze nur als Olympiasieger." Dass Medien pikiert auf die wahren Worte reagierte, war in Wahrheit der größere Skandal. Auch die österreichische Sportberichterstattung ging rasch wieder zum Alltag über. Und der hieß Fußball, Fußball, Fußball. Und Rapid, Rapid, Rapid.

Unglaublich

Mitten in der Adventzeit gelang den Hütteldorfern ein sportliches Weihnachtswunder, als sie Real Madrid aus dem Meistercup (=jetzige Champions League) eliminierten. 90.000 Aficionados mussten im Bernabéu-Stadion miterleben, wie Rapid dank eines Tores vom (bis heute in Österreich lebenden) Dänen Johnny Bjerregaard eine 1:2-Niederlage zum Sensationsaufstieg genügte. Zumal Rapid in Wien 1:0 durch ein Tor des eingewechselten Günther Kaltenbrunner gewonnen hatte.

Die erste Halbzeit hatte der Schütze nicht auf der Bank, sondern zehn Meter dahinter stehend als frustrierter Gesprächspartner neben dem Schreiber dieser Zeilen erlebt. Auch das ist heute undenkbar. Der Spieler würde vom Trainer aus dem Kader geworfen und der Printreporter von der UEFA mit Arbeitsverbot in der Champions League bestraft werden.

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