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Sky im Zwielicht: Froome im Doping-Strudel

14-12-2017, 09:30

Es ist wieder einmal eine Geschichte vom Glauben, um die es hier im Folgenden gehen soll. Um Vertrauen, um Merkwürdigkeiten und um offene Fragen. Wieder einmal ist der Radsport das Thema, und erneut steht einer seiner Besten am Pranger.

Tatsache ist: Chris Froome hat in seiner Eigenschaft als vierfacher Sieger der Tour de France am 7. September dieses Jahres eine Dopingprobe abgegeben, als er sich anschickte, erstmals auch die Spanien-Rundfahrt zu gewinnen. Der Brite leidet, so sagen er und die Ärzte des Teams Sky, an Asthma (was auch bei vielen Ausdauerathleten im Wintersport der Fall ist), und um dem entgegenzuwirken, nimmt Chris Froome seit Jahren das Präparat Salbatumol.

Der Haken daran: In A- und B-Probe vom 7. September wurde Salbatumol in einer Konzentration von 2000 Nanogramm (=Milliardstel Gramm) pro Milliliter Urin gefunden, wie die Zeitungen The Guardian und Le Monde am Mittwoch berichteten – erlaubt sind 1000. Rein technisch gesehen ist das noch kein positiver Dopingtest, weshalb der 32-Jährige auch weder suspendiert noch gesperrt ist, doch die ganze Angelegenheit ist für Chris Froome ebenso unangenehm wie auch für sein Team Sky.

Dazu sei angemerkt, dass die Mannschaft, die 2010 angetreten war, als strahlender, reiner Stern den Pedalsport aus dem Dopingsumpf zurück in saubere Höhen zu führen, schon seit geraumer Zeit ihre liebe Not und vor allem Erklärungsbedarf hat.

Minimale Zugewinne

Von "marginal gains" war und ist oft die Rede bei Sky, von kleinen Details, die eben jene Vorteile bringen (sollen), die die Mannschaft zu so vielen Erfolgen geführt haben. Die richtigen Matratzen zum Beispiel. So weit, so gut – doch erst die russische Hackergruppe "Fancy Bears" brachte im September 2016 ans Licht, dass Bradley Wiggins, 2012 Sieger der Tour de France, drei Mal ein Kortisonpräparat der wirksameren Art erhalten hat, und das dank einer therapeutischen Ausnahmegenehmigung des Radsport-Weltverbandes UCI sogar legal. Gewusst hat das freilich kaum jemand.

2011 brachte am letzten Tag des Critérium du Dauphiné ein Trainer ein Packerl vom Teamsitz in Manchester zur Mannschaft nach Frankreich. Der Inhalt? Ein Hustenlöser sei es gewesen, erklärte Teamchef Sir David Brailsford, als er seine Erinnerungen auf wiederholte Nachfragen dann doch einmal sortiert hatte. Ob das belegbar ist, fragte die britische Anti-Doping-Agentur – und erhielt zur Antwort: Leider sei dem Teamarzt der Laptop in Griechenland gestohlen worden. Kein Rechner, keine Belege, im heurigen November wurde das Verfahren mangels Beweisen eingestellt. Laut der Zeitung Daily Mail soll freilich kein frei erhältlicher Hustenlöser transportiert worden sein, sondern ein verbotenes Steroid.

Laufendes Verfahren

Und dass Chris Froome selbst auch schon in der Vergangenheit Asthmamittel in so hohen Dosen bekommen hat, dass Experten davon abraten, dann noch Ausdauersport zu machen, das hinterlässt dann doch mehr Fragen als es beantwortet. Apropos: Seit er 2010 an Bilharziose erkrankt ist (einer Tropenkrankheit, die durch Würmer ausgelöst wird), erhält der gebürtige Kenianer entsprechende Medikamente.

Der Radsport-Weltverband hielt sich am Mittwoch mit Kommentaren zurück – die Affäre sei ein laufendes Verfahren. An dessen Ende könnte der Verlust des Vuelta-Titels stehen, womöglich auch eine Sperre von bis zu einem Jahr. Der Grund: Bis zum Grenzwert von 1000 Nanogramm ist eine Ausnahmegenehmigung nicht nötig, darüber schon.

Mikael Rasmussen, einst gefeierter dänischer Rad-Star und inzwischen geständiger Ex-Doper, vermutet hingegen Absicht: Nachdem Froome am 6. September viel Zeit auf seine Konkurrenten verloren hatte, habe er sich wohl "für eine kleine Extra-Dosis" entschieden. Womit wir wieder beim Glauben wären...

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