Jakob Pöltl macht sich allmählich einen Namen in der weltbesten Basketball-Liga, selbst wenn sein Nachname einigen NBA-Fans noch immer nicht so leicht über die Lippen kommt. Im zweiten Jahr bei den Toronto Raptors gelangen dem 22-Jährigen bereits etliche neue persönliche Bestmarken. Das kanadische Team, das auch in dieser Saison wieder auf Kurs Richtung Play-offs liegt, befindet sich derzeit auf Auswärtsreise. Der KURIER traf Pöltl zuvor in Toronto.
KURIER: Herr Pöltl, Sie spielen die zweite Saison für die Raptors und wohnen seit eineinhalb Jahren in Toronto. Was macht das Leben hier reizvoll, wie haben sie sich eingelebt?
Jakob Pöltl: Toronto ist eine lebendige Metropole, weil hier auch sehr viele junge Menschen unterwegs sind. Und sie ist multikulturell, deswegen macht es sehr viel Spaß hier zu leben.
Was ist im zweiten Profijahr anders als in der Rookie-Saison?
Ich habe jetzt viel mehr Erfahrung, es sind so Kleinigkeiten, die man in seinem Rookie-Jahr erst gar nicht so richtig mitbekommt. Die helfen mir extrem, nicht nur in den Spielen, sondern auch im Training. Und das gilt ja auch nicht nur für das Spiel, sondern auch für das richtige Leben. Man muss sich ja erst einmal an den Lebensstil mit den vielen Auswärtsspielen und Reisen gewöhnen.
Foto: APA/FLORIAN HASELMAYER Was vermissen Sie in Kanada an ihrer Heimat?
Wie eigentlich jeder, der im Ausland arbeitet, vermisse ich natürlich am meisten meine Familie und meine Freunde aus der Heimat. Ich vermisse Wien, ich vermisse das österreichische Essen. Das Essen zu Hause ist natürlich doch noch mal etwas anderes. Das ist ein Unterschied und gehört zu den Kleinigkeiten, die man wohl erst zu schätzen weiß, wenn man sie selbst nicht mehr hat.
Das Jahr 2017 geht bald zu Ende und damit auch das erste Halbjahr der laufenden Saison. Wie lautet ihr Zwischenfazit?
Ich bin bislang sehr zufrieden. Ich habe wieder einen Schritt nach vorne gemacht, auch als Team sind wir vorwärts gekommen. Ich finde, dass wir als Team bislang eine sehr gute Saison gespielt haben. Zum großen Teil haben wir die wichtigen Spiele gewonnen.
Was sind Ihre persönlichen Ziele für 2018?
Ich würde ganz gerne wieder in die Play-offs kommen und dort auch meine Einsatzminuten bekommen. Die Conference-Finals sind ein Ziel als Mannschaft. Aber generell gilt: viel Spielzeit, keine Verletzungen.
Derzeit gibt es eine Debatte, wie sich afroamerikanische Profisportler gegenüber US-Präsident Donald Trump und dessen Politik artikulieren. Wird das auch bei Ihrem Arbeitgeber in Kanada diskutiert?
Das ist natürlich Thema, auch wenn es mich nicht direkt betrifft, da ich ja weder Amerikaner bin noch in den Vereinigten Staaten lebe. Einige meiner Teamkollegen aber kommen aus den USA und ich selbst bin ja durch die vielen Reisen auch ständig in den USA unterwegs. Ich verstehe schon, dass die betroffenen Spieler ihre Plattform, ihr Standing innerhalb der Gesellschaft und ihren Bekanntheitsgrad nutzen, um auf etwas aufmerksam zu machen, was nach ihrer Meinung nicht in Ordnung ist. Das unterstütze ich auch, denn da geht es um Meinungsfreiheit. Ich verstehe nicht, warum das ein Problem sein sollte. Solange sie das friedlich tun.
Foto: USA TODAY Sports/Nick Turchiaro Sie spielen in der NBA, damit ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Was fehlt denn noch zum perfekten Glück?
Ich kann mich wirklich nicht beschweren. Ich bin auf einem sehr guten Weg, ich bin wirklich froh und dankbar, dass ich hier spielen darf. Aber ich habe trotzdem noch einen sehr weiten Weg. Allerdings habe ich immer noch sehr hohe Ziele in meinem Leben. Ich würde gerne mal die NBA-Meisterschaft gewinnen, ich würde gerne in einem All-Star-Spiel dabei sein. Aber ich weiß, dass ich davon noch ein ganzes Stück weit weg bin.
Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial?
Es gibt noch sehr viele Bereiche, in denen ich mich verbessern muss. Im Moment arbeite ich noch an meinem Offensivspiel, um zum Beispiel ein bisschen mehr aus der Bewegung zu kommen. Im Training werfe ich daher derzeit sehr viel. Jedes einzelne Spiel bringt mich weiter, hilft mir, kleine Fehler, die ich immer noch mache, zu verbessern. Man lernt in der NBA, im Spitzensport generell, ständig. Ich freue mich auf diesen langen Weg des Besserwerdens.
Foto: USA TODAY Sports/Trevor Ruszkowski Sie sind der erste Österreicher in der NBA. Dirk Nowitzki hat Unglaubliches für den Ruf Deutschlands getan. Ist es ein Ansporn, Ähnliches zu erreichen und in Nordamerika als Botschafter Ihrer Heimat wahrgenommen zu werden?
Mir geht es vor allem um den Basketball in Österreich. Ich weiß nicht, ob ich gleich den Ruf von ganz Österreich verbessern oder das Land repräsentieren kann. Das ist vielleicht etwas zu viel verlangt für einen Einzelnen. Dirk ist aber ein sehr gutes Beispiel, er hat Basketball in Deutschland mit seinem Erfolg in der NBA unglaublich populär gemacht. Wenn ich das gleiche für Österreich erreichen kann, wäre das eine tolle Sache. Ich will jeden Tag hart arbeiten, mich jeden Tag voll einsetzen. Mit meinem eigenen Engagement in Österreich können wir da noch einige Schritte voranmachen. Ich hoffe, dass der österreichische Basketball noch um einiges größer wird. Das Potenzial ist jedenfalls da.
Jakob Pöltl wurde am 15. Oktober 1995 in Wien geboren, seine Eltern spielten beide im Volleyball-Nationalteam. Den Durchbruch schaffte der 2,13 Meter große Center in Traiskirchen. Nach der B-EM der Unter-18-Jährigen bekam er ein Angebot der University of Utah. In Salt Lake City reifte er zu einem der besten College-Spieler seines Jahrgangs, er erhielt mehrere Preise.
Am 23. Juni 2016 machten ihn die Toronto Raptors zum ersten NBA-Profi aus Österreich. In seiner ersten Saison erreichte das Team aus Kanada das Semifinale der Eastern Conference.