Helen Scott-Smith ist seit den 70er-Jahren mit dem Ski-Zirkus verbunden. Nun erhebt die Journalistin im schwere Vorwürfe gegen österreichische Trainer und Serviceleute.
Warum erst jetzt? "Ich wollte nur nicht die Erste sein. Es ist gut, dass Nicola Werdenigg diesen Mut aufgebracht hat", sagt sie. Wie die Tiroler Ex-Skiläuferin nennt auch Scott-Smith keine Namen. Ihre Vorwürfe aber sind massive, ihre Erinnerungen schockieren.
Helen Scott-Smith, geboren im Jahr 1958, wuchs als Tochter eines Briten und einer Schweizerin in Genf auf. Sie hatte als junge Skiläuferin so viel Talent, dass der britische Verband auf sie aufmerksam wurde und ihr ein Angebot machte, im Team mitzutrainieren und damit auch die Chance zu haben, bei den Olympischen Winterspielen an den Start zu gehen. Bei den Briten hatte sie zwei Österreicher als Trainer.
Sie flog als 16-Jährige allein zu den britischen Meisterschaften nach Schottland. Der Vater hatte das Zimmer schon im Voraus bezahlt. Aber den Schlüssel hatte schon ein Trainer, der behauptete, dass es zu wenig Zimmer gebe und sie in seinem Zimmer schlafen könne. Sie weigerte sich und kam dann in einem Bed and Breakfast unter.
"Die Trainer haben sich die 15- bis 20-jährigen Mädchen aufgeteilt. ,Fresh Meat’ haben sie sie genannt, und da haben sie sich bedient", erzählt sie. Und weiter: "Das war wirklich eine Geschichte der österreichischen Trainer. Das war eine österreichische Kultur, eine Unkultur. Natürlich waren nicht alle österreichischen Trainer so, aber es waren auch nicht nur Einzelne, es waren mehr." Anders als vorher in der Schweiz, "mit den Schweizer Trainern ist immer alles okay gewesen." Im englischen Team mit den österreichischen Trainer habe sie immer Angst gehabt. Einer habe sie zu einem Essen nur zu zweit eingeladen. "Da war immer Macht und Verlangen zu spüren." Im Herbst 1975 sagten ihr die Trainer, dass sie nicht im Olympia-Team für Innsbruck ist. Die Begründung: "Du hast nicht alles getan, was wir von dir wollten." Helen Scott-Smith: "Und ich habe gewusst, was sie damit gemeint haben."
1987 kehrte sie in den Weltcup zurück und fällt auf, weil es zu der Zeit kaum Journalistinnen im Ski-Zirkus gegeben hat. Als Freie recherchiert sie auch viel im Umfeld der Skistars, ist oft bei den Serviceleuten, um zu Hintergrundgeschichten zu kommen, die sie verkaufen konnte.
"Als ich 34 Jahre alt war, bin ich vergewaltigt worden. Vom Servicemann eines österreichischen Skifahrers", schockiert sie. Der Skitross wartete auf den Abflug nach Europa, alle waren in einem Hotel in Denver untergebracht. Helen Scott-Smit: "Von den Servicemännern sind etliche in ein Lokal zum Table Dancing gegangen. Kurz nach Mitternacht hat es an meiner Hotelzimmertür geklopft, und ich habe aufgemacht. Er ist über mich hergefallen, es hat nicht länger als zwei oder drei Minuten gedauert."
Warum hat sie ihn nicht gleich angezeigt? "Wer hätte mir geglaubt? Ich habe ja die Türe aufgemacht, mein Fehler, meine Schuld. Es hat weh getan wie verrückt, es tut jetzt noch weh. Gott sei Dank bin ich nicht schwanger geworden."