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Ex-Aktiver über Missbrauch: Beim "Pastern" wurde ein Exempel statuiert"

2-12-2017, 11:36

Es sei selten im Geheimen passiert: "Das Pastern war und ist ein zutiefst sexuelles Machtspiel, das weit über Initiationsriten hinausgeht." Ein ehemaliger aktiver ÖSV-Skifahrer spricht in einem über seine Zeit im Ski-Internat in Stams, Tirol.

Der Ex-Stams-Schüler widerspricht damit auch Arno Staudacher, dem aktuellen Direktor des Skigymnasiums Stams. Es sei eine Frechheit, wenn Staudacher dies "heruntergespielt und davon spricht, dass da ein bissl Schuhpasta auf die Hinterbacken geschmiert wird. Das ist kein netter Initiationsritus, sondern da wurde ganzen Generationen mit Gewalt von mehreren meist älteren und stärkeren Sportlern die Hose heruntergerissen."

Der ehemalige Aktive, der in den 1980er und 1990er Jahren in Stams zur Schule ging, will anonym bleiben. Er selbst habe weder gepastert, noch wurde er gepastert.

Im Interview spricht er auch über die Macht der Trainer und Serviceleute. Ihn wundere es zudem gar nicht, dass viele Sporterinnen und Sportler sexuell freizügig sind. "Wenn man das System durchstehen will, muss man locker mit dem Thema umgehen... sonst wird man ausgesiebt." Er glaube nicht, dass alle Betroffenen das wegstecken haben können. "Das hat viele traumatisiert, einige schwer."

Werdenigg löste Debatte aus

Foto: KURIER/Wilhelm Schraml Nicola Werdenigg (geborene Spieß) hatte vor rund zwei Wochen schwere Vorwürfe gegen einen ehemaligen Mannschaftskollegen und den österreichischen Skiverband  erhoben. Die Olympia-Abfahrtsvierte von 1976 erzählte im "Standard" von weitverbreiteter "sexualisierter Gewalt" im österreichischen Skisport der Siebzigerjahre. Als Täter erwähnte sie "Trainer, Betreuer, Kollegen und Serviceleute". Sie selbst sei als 16-Jährige von einem Teamkollegen vergewaltigt worden.

Werdenigg wird am 5. Dezember vor der Staatsanwaltschaft aussagen.

Meldestelle

Das Land Tirol hatte vergangene Woche eine Erstanlaufstelle für Opfer von länger zurückliegenden Übergriffen in Landeseinrichtungen eingerichtet. Ehemalige Internatsschüler der Ski-Mittelschule Neustift, ehemals Skihauptschule Neustift, sowie des Skigymnasiums Stams, die von sexualisierter Gewalt und sexuellen Übergriffen zu berichten haben, können sich bei der Anlaufstelle für Opferschutz des Landes Tirol melden. Diese ist von Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 11.30 Uhr unter der Telefonnummer 0512/508 3795 erreichbar.

Doskozil gibt Studie in Auftrag

Sportminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) will in den letzten Tagen seiner Amtszeit noch Akzente im Kampf gegen Missbrauch im Sport setzen. In einem Interview mit Puls 4 kündigte der scheidende Minister eine Studie an, die untersuchen soll, wie weit verbreitet sexueller Missbrauch im österreichischen Sport ist. Zudem sollen die Fördervergabe an Verbände an Präventionsarbeit geknüpft werden.

In einer Studie in Deutschland aus dem Jahr 2016 haben ein Drittel der Athletinnen erklärt, zumindest einmal mit einer Form sexualisierter Gewalt konfrontiert worden zu sein. Eine ähnliche Studie gibt es in den USA.

Nun soll als Reaktion auf den Fall von Ex-Skifahrerin Nicola Werdenigg auch Österreich mit einer Untersuchung folgen. "Wir werden jetzt noch eine Studie erarbeiten lassen, die untersucht, wie verbreitet ist sexueller Missbrauch im Sport", sagte Doskozil und gab bekannt, damit den vom Ministerium getragenen Verein "100 Prozent Sport" damit zu beauftragen.

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