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Stefan Kraft: Im Anflug auf die Titelverteidi­gung

19-11-2017, 06:00

Es gibt einige ungeschriebene Gesetze in der Welt des Skispringens. Eines davon lautet: Die Vierschanzentournee wird nicht in Oberstdorf gewonnen, sondern höchstens dort verloren. Ein anderes: Ohne den Japaner Noriaki Kasai (45) findet kein Bewerb statt. Im vergangenen Jahrzehnt hat sich freilich ein weiteres Gesetz etabliert.

Der Gesamtweltcupsieger kann seinen Titel nicht verteidigen.

Viele haben in der jüngeren Vergangenheit ihr Glück versucht, Weitenjäger und Skisprung-Größen von Thomas Morgenstern bis Simon Ammann, von Kamil Stoch bis Peter Prevc, sogar Rekordmann Gregor Schlierenzauer, mit 53 Siegen der erfolgreichste Springer der Weltcupgeschichte, hat es nicht geschafft, zwei Winter in Folge das Trikot des Weltcupführenden zu tragen.

Der Überflieger

Offenbar ist es selbst für die allerbesten Höhenflieger ein Ding der Unmöglichkeit, die Umlaufbahn zu halten und an vergangene Erfolge anzuschließen. Offenbar ist nach einem Winter voller Titel, Trophäen und Triumphe oft einmal die Luft draußen.

Nun versucht also Stefan Kraft sein Glück und als erster Springer seit dem Finnen Janne Ahonen (2004/’05) zwei Mal in Folge die große Kristallkugel zu gewinnen. Viele Experten trauen gerade dem 24-jährigen Salzburger dieses Kunststück zu. Aber warum eigentlich?

Der Sprungstil
Viele Rivalen beneiden Stefan Kraft um seine Technik und seinen Sprungstil. Denn der Pongauer besitzt die Gabe, auf jeder Schanze und bei allen Windbedingungen weit zu springen. Einerseits holte er in der Vorsaison WM-Gold auf der Kleinschanze, andererseits schnappte er sich auch den Weltrekord im Skifliegen (253,5 Meter). "Viele haben einen Sprung, der zwar sehr effektiv ist, aber zugleich auch sehr filigran und anfällig. Das ist bei ihm anders", erklärt Ernst Vettori, der Nordische Direktor des ÖSV. "Stefan Kraft hat einen effektiven und zugleich sehr konstanten Sprung. Den haut so schnell nichts aus der Bahn."

Die Professionalität
Der Dominator des letzten Winters hat in der Sommerpause den Erfolg nicht ausgekostet und durchgeschnauft, sondern intensiver und besessener denn je trainiert. Das unterscheidet den Österreicher von so manchem anderen Seriensieger. Der Slowene Peter Prevc etwa tanzte nach seinem Gesamtweltcupsieg 2016 auf allen Hochzeiten – und fiel dann im vergangenen Winter aus allen Wolken, weil ihm die Leichtigkeit und Souveränität abhanden gekommen ist.

"Ich hätte im Sommer viele Einladungen wahrnehmen können", erzählt Kraft, "aber ich wollte nicht, dass das auf Kosten des Trainings geht." Vor dem ersten Einzelbewerb heute in Wisla (16 Uhr, live ORFeins, ZDF, Eurosport) ist Kraft überzeugt: "Ich bin besser drauf, als vor einem Jahr um diese Zeit. Zum zweiten Mal so eine Serie hinzulegen, ist das große Ziel"

Der Erfolgshunger
Er ist bereits Tourneesieger, Doppelweltmeister, Weltcupgesamtsieger, Skiflugweltrekordler – trotz der vielen Titel sind dem Salzburger die Ziele noch längst nicht ausgegangen. Die Skiflug-WM in Oberstdorf und die Winterspiele in Südkorea üben auf Kraft einen besonderen Reiz auf. Zumal er 2014 nicht zu den Olympischen Spielen nach Sotschi mitgenommen wurde. "Das war der einzige Tiefpunkt in meiner Karriere."

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