In Spanien war man sich gestern lange Zeit nicht sicher, wo sich Carles Puigdemont aufhält. Auf Instagram postete er ein Foto vom "Palau de la Generalitat", doch am Sitz der katalanischen Regionalregierung hat ihn niemand gesehen. Der abgesetzte Regionalpräsident soll das Wochenende in Girona verbracht haben. Puigdemont stammt aus dem Ort Amer an der Grenze zu Frankreich. Nur 26 Kilometer sind es mit dem Auto nach Girona, wo der 54-Jährige von 2011 bis 2015 Bürgermeister war.
Im Estadi Municipal de Montilivi hat ihn am Sonntag auch niemand unter den 13.382 Zuschauern gesehen. Nach dem 2:1-Sieg des FC Girona über Real Madrid schrieb er aber einen Tweet mit dem hintergründigen Text: "Der Sieg von Girona über eine der größten Mannschaften der Welt ist ein Beispiel und eine Referenz für viele Situationen."
Girona ist letzte Saison erstmals in der Klubgeschichte aufgestiegen. Die katalanische Provinzhauptstadt Girona rund 100 Kilometer nördlich von Barcelona war bislang hauptsächlich bekannt durch das Lokal "El Celler de Can Roca", das mehrfach zum besten Restaurant der Welt gekürt worden ist. Nun ist auch der internationale Fußball eingekehrt.
Als Austrias nigerianischer Stürmer Olarenwaju Kayode (er wurde gegen Real in der 82. Minute eingewechselt) im Sommer zu Manchester City verkauft und gleich an Girona weiterverliehen wurde, ahnte man, dass da ein Satellit im internationalen Fußball aufgetaucht ist. Je mehr man ins Innere des Satelliten schaut, desto skurriler wird es: Der Klub wurde diesen Sommer verkauft. 88,6 Prozent der Vereinsaktien wanderten zur City Football Group (CFG) und zur Girona Football Group. Diese wurde von Manager Pere Guardiola gegründet. Pere, das ist der Bruder von Manchester Citys Trainer Pep Guardiola. Der CFG des Scheichs von Abu Dhabi, Mansour bin Zayed al-Nayan, gehören die Vereine Manchester City, New York City, Melbourne City und der Club Atlético Torque in Uruguay.
Gironas emotionaler Trainer Pablo Machin hat eine Truppe aus Ligaveteranen und Aufstiegshelden zusammengestellt. Und er bekam noch ein paar wertvolle Leihgaben: Manchester City hat für den Brasilianer Douglas Luiz im Sommer zwölf Millionen Euro an Vasco da Gama gezahlt – das ist mehr als das Budget von Girona im Aufstiegsjahr. Neben Kayode wurden auch der Kolumbianer Marlos Morena sowie die Spanier Pablo Maffeo und Alex Garcia von Manchester City ausgeliehen.
Manchester City hat in den Niederlanden eine Kooperation mit NAC Breda. Aber Girona ist eine auf höchstem Niveau. Denn die dorthin verliehenen Spieler messen sich nicht mit Tilburg und Nijmegen, sondern mit Real Madrid und dem FC Barcelona. Erstes Ziel ist es, Girona in der obersten Liga zu konsolidieren. Sollte es einmal für einen europäischen Bewerb reichen, dann wird es ernst für die beiden Klubs: Dann wird die UEFA das Konstrukt prüfen, so wie es im Sommer bei den Red-Bull-Klubs Leipzig und Salzburg der Fall war. Rein formal ist aber alles okay, denn Manchester City hält keine 50, sondern nur 44,3 Prozent an Girona.
Pere Guardiola ist freilich mehr als nur das Feigenblatt für die Beteiligung des Scheichs. Der kleine Bruder von Pep ist nicht nur einer der wichtigsten Spielerberater. Mit seiner Media Base Sports vertritt er unter anderen Barcelonas Starstürmer Luis Suárez. Er ist mit dieser Firma auch mit der Mediengruppe Mediapro verbunden. Und die darf zusammen mit dem katarischen Sender Al Jazeera die spanische Liga ausstrahlen. Und als Girona 2015 vor dem Ruin stand, fand Pere Guradiola zwei französische Manager der TVSE Futbol als Käufer. Das Duo blieb stets im Hintergrund und verkaufte zwei Jahre später die Anteile zu einem unbekannten Preis. Es wird von rund sieben Millionen Euro gemunkelt.
Die katalanischen Bande von Manchester City gibt es aber nicht nur zwischen den Brüdern Pere und Pep Guardiola: City-Geschäftsführer Ferran Soriano war einst Manager des FC Barcelona. Und City-Sportdirektor Txiki Begiristain ist zwar Baske, hat aber jahrelang bei Barcelona gespielt und war danach dort auch Sportdirektor.