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Schröcksnadel: "Mir geht es lange nicht mehr um den Erfolg"

29-10-2017, 05:00

Peter Schröcksnadel sitzt im Hotel Central in Sölden und präsentiert auf dem Handy stolz seine Trophäensammlung. Keine Medaillen, sondern Fische. Auch diesen Sommer hat der passionierte Angler wieder in seiner zweiten Heimat Kanada verbracht, und dabei sind dem ÖSV-Präsidenten einige Missgeschicke passiert. "Ich bin mehrmals im Wasser gelegen und habe mein Handy verloren. Und dann habe ich mir noch den Finger in einer Mausefalle eingeklemmt", schmunzelt der 76-jährige Tiroler.

KURIER: Sie könnten eigentlich ein feines Leben führen. Warum tun Sie sich das alles noch an?

Peter Schröcksnadel: Was ist ein feines Leben, wie sieht das aus? Der wesentliche Punkt ist doch der: Du brauchst als Mensch Herausforderungen, damit du eine Freude am Leben hast. Du brauchst Ziele und Probleme, die du lösen musst, dann kriegst du einen Lebensinhalt. So lange ich die Herausforderungen annehmen kann, ist’s gut. Und wenn man’s einmal physisch nicht mehr schafft, muss man es eh schnell bleiben lassen.

Von welchen Herausforderungen sprechen Sie?

Ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Normalerweise müsste ich ja sagen:,Ich hör’ sofort auf, weil ich mit dem ÖSV nicht mehr erreichen kann.‘ Diesen Level aber zu halten und immer wieder unter Beweis zu stellen, dass wir die beste Mannschaft der Welt sind, das ist das Schwierige. Das ist wie bei Bayern München: Wenn die einmal nur Dritter werden, dann sind sie schon abgestürzt. Aber ehrlich gesagt geht es mir schon lange nicht mehr um den Erfolg.

Um was geht es Ihnen dann?

Natürlich freue ich mich, wenn einer unserer Athleten gewinnt, aber Siege und Stockerlplätze stellen mich persönlich nicht zufrieden. Mir taugt es mehr, wenn ich Probleme erkenne und sie lösen kann. Mich beschäftigt zum Beispiel seit einiger Zeit die Frage, warum es im Skisport so viele Kreuzbandrisse gibt. Gibt es dafür Ursachen? Und wenn ja, wie kann man das beheben? Da sind wir dahinter und wollen etwas für den Skisport verändern.

Apropos verändern: Lindsey Vonn würde sich gerne verändern und in Lake Louise einmal in einer Herren-Abfahrt starten.

Das ist doch ein Werbegag. Wenn sich Lindsey Vonn wirklich mit Herren vergleichen will, dann soll sie auch auf einer Herren-Abfahrt fahren. Dann soll sie halt nach Kitzbühel, da hat sie einen echten Vergleich. Aber die Showpartie in Lake Louise ist keine sinnvolle Geschichte. In Lake Louise fahr’ sogar ich noch die Abfahrt runter, und zwar nicht langsam.

Foto: APA/HANS PUNZ Themenwechsel: Tirol und Innsbruck haben vor Kurzem gegen eine Olympiabewerbung abgestimmt. Sind Sie verblüfft?

Nein, mich hat es überhaupt nicht überrascht, dass die Abstimmung negativ ausgegangen ist.

Warum das?

Aus mehreren Gründen: Olympia hat nicht mehr das Flair von früher. Es gibt immer wieder Skandale, das IOC hat einen schlechten Ruf. Dazu haben die Menschen auch in die Politik nicht mehr das Vertrauen. Und dann gibt’s noch etwas: Eigentlich sind alle Leute satt bei uns. Die sagen: ,Was brauch’ ich das, wir haben ja eh alles.‘ Es geht den Leuten zu gut.

Ist Österreich in Ihren Augen ein Sportland?

In Österreich lebt der Sport von der Vergangenheit. Und wenn wir so weitertun, dann haben wir keine Zukunft. Mir ist aufgefallen, dass der Sport im ganzen Nationalratswahlkampf nie vorgekommen ist. Nicht einmal. Der Sport hat zwar einen Stellenwert, aber dem trägt die Politik nicht wirklich Rechnung. Andererseits dürften sie schon wissen, wie wichtig der Sport ist. Sonst würde sich ja nicht jeder Politiker gerne mit einem Sieger zeigen. Mit Minister Doskozil ist es besser geworden, wie ich überhaupt sagen muss, dass die Roten es immer erkannt haben, dass der Sport einen Stellenwert hat.

Kein Interview ohne Fragen nach Ihrer Nachfolge. Was sollen die Menschen einmal sagen, wenn Sie abdanken?

Es wird bestimmt genug Leute geben, die sagen: ,Endlich ist er weg.‘ Aber sicher auch andere die meinen: ,Scheiße, was tun wir jetzt?‘

Vor welcher Herausforderung steht Ihr Nachfolger?

Er hat’s einerseits leicht, weil der Verband finanziell sehr gut dasteht. Er hat’s aber auch schwer, weil er versuchen muss, den Standard, den wir haben, zumindest zu halten. Es ist einfach, einen Verband zu übernehmen, wenn er am Boden ist, aber wo ist jetzt der Erfolg, wenn du nur gleich gut bist? Du musst viel besser sein. Aber dafür wird bei uns die Luft dünn.

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