Zu viel hat Thorsten Fink in seiner Fußball-Karriere erlebt, um in dieser heiklen Phase die Nerven wegzuwerfen. Vor dem heutigen 323. Wiener Derby gegen Rapid (16.30 Uhr/live ORFeins, Sky Austria) strahlt er wieder Zuversicht aus.
KURIER: Wie geht es Ihnen nach einem Spiel wie gegen Rijeka? Schlaflos in Oberwaltersdorf?
Thorsten Fink: Nein, als Trainer musst du ausgeschlafen sein, die richtigen Worte vor den Spielern finden. Da kannst du nicht einfach sagen, dass du müde bist. Da muss ich da sein, Kritik üben, aber auch die positiven Dinge ansprechen. Wir haben momentan nicht unsere beste Phase. Die anderen Mannschaften sollen uns jetzt schlagen, ab Jänner wird es anders.
Was geschieht denn im Jänner?
Da sind viele Leistungsträger wieder fit, Stronati könnte zurückkommen.
Ist die Personaldecke für die aktuelle Belastung zu dünn?
Ja. Das ist keine Kritik am Verein. Derzeit ist es auch so ein Durchmogeln. Aber mit der Zeit werden wir uns stabilisieren.
Hadert man mit den vielen Verletzungen oder hinterfragen Sie sich als Trainer?
Was die Trainingssteuerung betrifft, schaue ich auf Muskelverletzungen. Da haben wir kaum welche.
Im Sommer wurden Perspektivspieler verpflichtet. Rächt sich das in dieser Phase, weil sie nicht so helfen können?
Natürlich können sie das nicht wie ein Routinier. Der Unterschied zu Rijeka war auch diese Abgeklärtheit. Wenn alles normal läuft, haben wir im Winter eine Mannschaft, die oben wieder angreifen kann. Bis dahin müssen wir eben dran bleiben.
Also Schadensbegrenzung?
Nein, das soll keine Ausrede sein. Wir hatten vor der Länderspielpause eine erfolgreiche Phase, da hatten wir denselben Kader. Momentan reicht es noch nicht für ganz oben. Es gibt eben Phasen, in denen es aus verschiedenen Gründen nicht so läuft. Zaubern können wir alle nicht. Aber wir können jedem Gegner weh tun, so viel Selbstbewusstsein haben wir schon noch.
Sie erwähnen selbst nach Niederlagen und schlechten Spielen immer wieder das Positive. Ist das taktisches Schönreden oder echte Überzeugung?
Jeder Trainer sucht das Positive. Wenn man die Spieler nur niedermacht, werden sie nicht besser. Aber intern zeige ich ihnen schon die Fehler auf. Ich glaube, man muss die Dinge realistisch ansprechen, weil es auch um die Glaubwürdigkeit geht. Meine Betonung liegt ein wenig mehr auf dem Positiven als dem Negativen.
Kommt das Derby gegen Rapid gerade recht?
Wir haben jetzt gegen den Tabellenführer und den kroatischen Meister verloren. Dafür hat es nicht gereicht. Nach der letzten Länderspiel-Pause hatten wir auch Probleme, schafften dann die Wende. Vielleicht gelingt das wieder im Derby. Vielleicht geht der nötige Ruck durch die Mannschaft, weil es gegen Rapid geht.
Sie sind ein Teamchef-Kandidat. Das schmeichelt einem. Ist es auch störend?
Ich hatte in der Vergangenheit schon Situationen, wo Vereine mit mir reden wollten. Als ich mit Basel sprach, haben wir bei der Austria alles gewonnen. Ich kann damit umgehen.
Den direkten Kontakt mit ÖFB-Sportdirektor Schöttel hat es schon gegeben?
Ja klar, das kann man offiziell sagen. Sie wollen in zwei Wochen die Entscheidung bekanntgeben. Daher müssen sie irgendwann mit mir reden, wenn ich auf der Liste stehe. Es wird noch weitere Gespräche geben, dann sehen wir weiter.
Fühlen Sie sich schon bereit für einen Teamchef?
Ja. Das wäre für mich eine gute Aufgabe. Ich habe da schon meine Ideen, habe auch in der Schweiz gearbeitet und vergleiche das gerne mit Österreich. Aber ich konzentriere mich natürlich auf die Austria und jetzt auf das Derby gegen Rapid.