Mit Toto Wolff kam der Erfolg zu Mercedes. Zu Beginn der Saison 2013 wurde der Wiener Motorsportchef bei den Silberpfeilen. Ab dem folgenden Jahr holte das Team drei Mal in Folge sowohl die Fahrer- als auch die Konstrukteurs-WM. In Austin (21.00 MESZ/live ORFeins, RTL, Sky) könnte Lewis Hamilton am Sonntag schon den nächsten Titel fixieren, sofern er gewinnt und Sebastian Vettel schlechter als Fünfter wird. Vor dem Rennwochenende in den USA nahm sich der 45-jährige Wolff noch Zeit für ein Gespräch bei einem Termin von Mercedes-Sponsor IWC in der Wiener Innenstadt.
KURIER: Sie wurden 2013 Mercedes-Motorsportchef, stehen vor dem vierten Titel in Serie. Woher kommt die Motivation?
Toto Wolff: Man muss machen, was einem wichtig ist und dafür eine Passion entwickeln. Dann ist wichtig, gemeinsam Ziele zu definieren und danach zu streben, sie zu erreichen. Das war besonders heuer nötig, nach dem dritten Titel in Serie und den Regeländerungen.
Wurden die T-Shirts mit dem Aufdruck "World Champion 2017" schon produziert?
Nein, wir haben die Shirts nicht drucken lassen, wir sind schwer abergläubisch. An die Fahrer-WM denken wir in Austin noch nicht. Dort ist einmal der Konstrukteurtitel das Ziel und da sind wir gut unterwegs. Ich möchte mir aber erst selbst auf den Rücken klopfen, wenn es geschafft ist. Man sieht an Sebastian Vettel, wie schnell es gehen kann. So viel Pech kann man normal nicht haben. Das ist spannend, das ist Motorsport.
Foto: DIENER/Extra Lewis Hamilton macht heuer einen extrem starken Eindruck. Was zeichnet ihn aus?
Unglaublich, wie er sich auf der Strecke entwickelt hat, aber auch abseits davon, er ist fehlerfrei. Aber auch die Kombination mit dem Valtteri Bottas tut das ihre dazu. Es gibt da keine Politik, die Dynamik zwischen den Fahrern ist gut. Das lässt ihn auf einem noch nie dagewesenen Niveau fahren.
Anders war es in den vergangenen Jahren. Wäre Rosberg noch im Team, hätte er Hamilton heuer wohl einige Punkte weggeschnappt ...
Das stimmt. Ich denke zurück an 2007, als McLaren die WM verloren hat. Beide Piloten haben am Ende je einen Punkt Rückstand auf Räikkönen gehabt. Ein Team aufzustellen ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits ist die Konstrukteurs-WM für uns wichtig, da braucht man zwei Piloten, die so viele Punkte wie möglich machen. Aber für die Fahrer-WM, wäre es schwieriger gewesen, wenn Valtteri in den letzten Rennen konkurrenzfähiger gewesen wäre.
Niki Lauda hat unlängst gesagt, dass Mercedes im Vorjahr kurz davor war, einen der beiden Fahrer zu entlassen, nachdem es in Barcelona zum Crash gekommen war.
Wolff gähnt, sagt dann aber: Wir haben im Vorjahr deutlich gemacht: Wenn das noch einmal passiert, werden wir das nicht tolerieren. Die Konsequenz wäre gewesen, den Sitz zu verlieren.
Waren Sie heuer von der Stärke von Ferrari überrascht?
Sehr überrascht, man muss den Hut ziehen. Das Ferrari-Auto war heuer der ganz große Wurf. Und das Team hat die Entwicklungsgeschwindigkeit hoch gehalten. Doch jetzt musste Ferrari seiner eigenen Entwicklungsgeschwindigkeit Tribut zollen. Den größten Fortschritt hat aber Red Bull gehabt, allerdings dann erst im Laufe dieser Saison.
Mercedes fährt ab 2019 in der elektrischen Formel E statt in der DTM. DTM-Boss Gerhard Berger hat gesagt, dass für ihn die Formel E kein Rennsport ist. Wie sehen Sie das?
Tesla war vor 15 Jahren ein Lotus Elise mit einer zu fetten Batterie im Kofferraum. Heute ist Tesla ein ernst zu nehmender Player. Die Elektrifizierung auf der Straße passiert. Und selbst wenn wir bei der Formel E vielleicht noch nicht verstehen, ob sie Exhibition oder Motorsport ist, kann sie in fünf Jahren ein wirklicher Faktor sein. Für Mercedes ist die Formel E ein Start-up.
Hat Lucas Auer vielleicht eine Chance auf ein Cockpit in der Formel E? Denn mit einem Platz in der Formel 1 schaut es derzeit ja nicht mehr so gut aus.
Der Lucas hat heuer sehr starke Leistungen in der DTM gezeigt und plötzlich ist es bergab gegangen. Aber die DTM ist sehr heiß umkämpft. Die Formel E ist definitiv eine Option, wenn der Lucas bei Mercedes bleibt. Ich würde aber auch die Formel-1-Ambitionen für ihn noch nicht abschreiben. Er ist bei Force India einen soliden Test gefahren.
Die Formel 1 wäre dann aber frühestens 2019 ein Thema?
Ja.
Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/CLIVE MASON Lewis Hamilton hat gesagt, dass er sich möglicherweise der amerikanischen Protestbewegung anschließen wird, bei denen sich Sportler bei der US-Hymne niederknien. Wurde im Team darüber gesprochen?
Wir haben die Für und Wider diskutiert. Ich verstehe, was er meint. Anderseits ist es nicht seine Hymne, die er am Sonntag vor dem Rennen hören wird und ich denke, dass er es nicht machen wird. Aber der Lewis ist auch sehr spontan, schauen wir einmal, was er sich einfallen lässt.