Auch, wenn es gestern in Lausanne mit einem 1:2 die zweite Saisonniederlage setzte: Vor den Sonntagspielen ein Vorsprung mit fünf Punkten, obendrein Abstand die meisten Tore (26) geschossen – eigentlich alles wie gehabt in der Schweizer Super League. Wenn es da nicht diesen kleinen Unterschied zu den vergangenen Saisonen gäbe. Es ist nicht der FC Basel, der heuer dem Schweizer Vereinsfußball den Stempel aufdrückt und bislang in einer eigenen Liga spielt, sondern es sind die Young Boys aus Bern, die im ersten Saisonviertel die Konkurrenz alt aussehen lassen. Der Verein von Trainer Adi Hütter.
KURIER: Gratulation, Ihr Verein befindet sich auf Titelkurs.
Adi Hütter: Moment, es sieht wirklich gut aus und wir können mit unserem Saisonstart mehr als zufrieden sein. Aber halten wir den Ball jetzt bitte flach. Wir haben erst zehn Runden gespielt. Ich nehme nur zu einem Erfolg Gratulationen an.
Nämlich?
Zu unserem neuerlichen Einzug in die Europa League. Es ist schon etwas Besonderes, das jetzt zwei Mal hintereinander geschafft zu haben. Schachtar Donezk und Dynamo Kiew sind ja auch nicht irgendwelche Gegner, die wir da in der Qualifikation geschlagen haben. Über die ersten zehn Spiele in der Super League kann ich nur so viel sagen: Wir fühlen uns in der Rolle wohl und können gut damit umgehen, dass wir an der Tabellenspitze liegen.
Sind Sie denn überrascht, dass Serienmeister FC Basel bereits acht Punkte zurückliegt?
Grundsätzlich schaue ich nicht auf das, was die Gegner machen, weil ich mich auf die Arbeit bei meinem Verein konzentriere. Wir haben immer gesagt: Wenn der FCB einmal schwächeln sollte, dann müssen wir zur Stelle sein und Profit daraus schlagen. Dass wir Basel gleich in der ersten Runde besiegt haben, war sicher eine kleine Initialzündung. Aber solche Leistungen musst du Woche für Woche bestätigen, und da sind wir wirklich auf einem guten Weg, weil die Mannschaft extrem hungrig ist und voller Energie steckt. Das erinnert mich ein wenig an die Zeit in Salzburg. Wir haben bei uns Spieler, die alle Lust haben, sich zu entwickeln, die weiterkommen wollen.
Ist das der Titelhunger?
Diese Sehnsucht nach einem Titel spürst du in der ganzen Stadt. Der Verein wartet ja jetzt doch schon 30 Jahre auf eine Trophäe. Man merkt, dass die Leute begeistert sind von den Young Boys, auch von der Art, wie wir Fußball spielen. Beim 6:1 gegen St. Gallen waren wieder 20.000 Leute im Stadion. Das zeigt mir als Trainer auch, dass wir in den letzten beiden Jahren an den passenden Schrauben gedreht und die richtigen Entscheidungen getroffen haben.
Und das macht Sie damit automatisch zu einem Anwärter auf den österreichischen Teamchefposten. Auch Ihr Name wurde als Nachfolger von Marcel Koller genannt. Fühlen Sie Sich geehrt?
Kalt lässt es mich sicher nicht, dass in der Diskussion auch über mich nachgedacht wird. Ich habe vor zehn Jahren das Trainer-Handwerk gelernt, und wenn jetzt auch mein Name genannt wird, dann zeigt mir das, dass ich einiges richtig gemacht habe und dass meine Arbeit wahrgenommen wird.
Klingt so, als hätten Sie andere Prioritäten.
Ich arbeite hier in Bern bei einem Traditionsverein mit einem tollen Umfeld und ich verfolge hier noch viele Ziele. Ich sage es ganz offen: Ich bin gierig nach Titeln. Weil ich weiß: Wenn du als Trainer Titel holst, dann bist du automatisch interessant.