1:6, 7:5, 6:3, 6:7, 8:6 – ein Tie-Break im vierten Satz, der zwanzig Minuten dauert und fünf (!) ungenutzte Matchbälle beinhaltet. Alleine die Zahlen lassen erahnen, dass es sich beim Wimbledon-Finale 1980 zwischen Sieger Björn Borg und John McEnroe um kein gewöhnliches Tennismatch gehandelt hat. Es sollte 28 Jahre dauern, bis der Nimbus der "größten Tennispartie aller Zeiten" erstmals ernsthaft in Gefahr war. 2008 betraten Rafael Nadal und Roger Federer den Heiligen Rasen, vier Stunden und 48 Minuten später stand es 6:4, 6:4, 6:7, 6:7, 9:7 für den Spanier.
Und dennoch käme wohl niemand auf die Idee, einen Kinofilm über diesen grandiosen Schlagabtausch der vermutlich beiden besten Tennisspieler der Geschichte zu drehen. Bei Björn Borg und John McEnroe zögerte Janus Metz jedoch keine Minute.
"Ich bin besessen von Leuten, die nach Perfektion suchen und dabei fast wahnsinnig werden", sagt der Regisseur des Films "Borg/McEnroe", der in Österreich am 13. Oktober in die Kinos kommt. Der Däne, der in den USA vor allem durch die Mitarbeit an der Serie "True Detective" bekannt ist, war gerade einmal sechs Jahre alt, als Borg und McEnroe das Wimbledon-Finale von 1980 bestritten. "Aber ich erinnere mich sehr gut daran, alle waren aufgeregt vor diesem Spiel", sagt Metz im KURIER-Gespräch.
Foto: /Julie Vrabelova Auf der einen Seite des Netzes steht der Schwede Borg, ein emotionsloser Grundlinienspieler mit beinharten, präzisen Schlägen, ein bereits vierfacher Wimbledon-Sieger, der nur an eines denkt: ans Scheitern.
Auf der anderen Seite wartet der Amerikaner McEnroe, ein wütender Herausforderer ohne Manieren, der sein Glück in der Offensive sucht und nur eines will: anerkannt werden. "Wir alle haben beide in uns, die gefühlskalte Maschine Borg und den temperamentvollen Hitzkopf McEnroe", betont Janus Metz.
So erzählt der Film nur auf den ersten Blick eine Sportgeschichte, was gut ist, denn dadurch wird jeder Anflug von kitschigem Pathos oder übertriebener Heldenverehrung ausgespart. Viel eher dreht sich alles um die eine große Frage des Lebens, die auch – oder vielleicht vor allem auch – gefeierte Stars antreibt: Wie werde ich glücklich? "Was mich am Skript interessiert hat, waren die Personen, die sich im Zuge der Sinnsuche bis an ihre Grenzen bringen", erklärt Metz.
Anders als in dem szenisch zupackenderen Film "Rush", der das legendäre Formel-1-Duell zwischen Niki Lauda und James Hunt aus dem Jahr 1976 nachzeichnet, geht es bei "Borg/ McEnroe" nicht um den Tod an sich, aber dafür darum, wie man überlebt.
Borg wird dabei als beinahe schon paranoider Perfektionist dargestellt, unfähig, ein Interview zu führen, geschweige denn eine richtige Beziehung. McEnroe wiederum fühlt sich andauernd von der Öffentlichkeit missverstanden. Eine Tatsache, die er laut Regisseur Metz mit Darsteller Shia LaBeouf teilt. Auch der Hollywood-Star, bekannt aus Blockbustern wie "Transformers", hat im realen Leben so seine Problemchen mit den Medien. "Deshalb war Shia die Idealbesetzung", betont Metz.
Foto: APA/AFP/MICHAL CIZEK Dennoch ist es der schweigsame Borg, der im Laufe des Films mehr von sich preisgibt und dem man sich näher fühlt. Das mag auch daran liegen, dass der elffache Grand-Slam-Sieger eng mit der Produktion zusammengearbeitet hat, während John McEnroe alle Anfragen unbeantwortet gelassen hat.
Der jugendliche Björn Borg wird im Film gar von dessen Sohn Leo gespielt. Regisseur Metz: "Wir haben bei den Dreharbeiten mit Leo sofort eines gemerkt: Blut lügt nicht! Das ist Björn Borg höchstpersönlich, der da vor der Kamera Tennis spielt."