Schon die ganze Woche schwelte der Konflikt zwischen den Spielern und den Entscheidungsträgern im Österreichischen Fußball-Bund. Nach dem Schlusspfiff für die WM-Qualifikation und Teamchef Marcel Koller eskaliert nun die Situation.
Schon die ganze Woche hatten sich die Führungsspieler kritisch geäußert zu den Entscheidungen des ÖFB-Präsidiums, Teamchef Koller und Sportdirektor Willi Ruttensteiner zu entlassen. Das passte so manchem ÖFB-Landeskaiser nicht in den Kram. So lieferte Salzburgs Fußball-Landeschef Herbert Hübel in einem ORF-Interview vor dem Spiel gegen Serbien selbstgefällige, pampige und durchaus arrogante Antworten. Damit rief er heftige Reaktionen in den sozialen Netzwerken hervor.
Und Niederösterreichs oberster "Kicker" Johann Gartner hatte ausgeplaudert, wie die Team-Analyse von Ruttensteiner ausgeschaut hat. Von Gruppenbildung war da die Rede, und dass Alaba sich nicht mit der Rolle anfreunden wollte, die ihm Koller zugedacht hatte.
Noch vor dem Spiel erfuhren die Kicker von diesen Aussagen. Nach dem Match platzte Kapitän Julian Baumgartlinger der Kragen. "Es werden die Harmonie und der Erfolg der Nationalmannschaft in Gefahr gebracht. Von einer Gruppenbildung oder einer Weigerung von David habe ich nichts mitgekriegt", sagte er. "Das sind Anschuldigungen, die dem Team schaden", stellte er fest.
Und: "Wenn man sich so öffentlich äußert, geht das fast in Richtung Verleumdung. Ich glaube, er war sich der Probleme, die dadurch entstehen, nicht bewusst." Zu diesem Zeitpunkt hatte aber Gartner schon nachgelegt. Die Niederösterreichischen Nachrichten veröffentlichen am Montag ein Gespräch mit dem Landesfürsten, in dem er die Kritik der Spieler an den Entlassungen so kommentierte: "Ich verstehe die Kritik nicht. Wir sind die Eigentümer des ÖFB, und es ist nur logisch, dass wir solche Entscheidungen treffen. Wer denn sonst?" In seiner Mir-san-mir-Mentalität griff er die Spieler dabei auch noch an: "Da haben einige deutlich übers Ziel hinausgeschossen. Manchen fehlt’s da vielleicht an Intelligenz." Der 64-jährige Gartner ist erst letztes Jahr wieder zum NÖ-Landeschef gewählt worden. Wiedergewählt nach fünfjähriger Pause und zuvor zehnjähriger Amtszeit.
Janko und Baumgartlinger als Kapitän sind zwar Führungsfiguren im Team, aber wahrlich keine Solisten im verbalen Sturmlauf. Sie sehen sich als die Fürsprecher des Mannschaftsrats (Janko, Baumgartlinger, Almer, Prödl, Harnik und Alaba), der inhaltlich absolut geschlossen ist und ein und dieselbe Meinung vertritt.
Das ÖFB-Präsidium gehört reformiert und verschlankt, so wie es in der Schweiz schon vor einiger Zeit geschehen ist. Davon weiß auch Marcel Koller zu berichten. Der Tenor: Im Spitzenfußball sollen absolute Experten das Sagen haben, nicht Landespräsidenten, die für den Breiten- und Amateurfußball zuständig sind.
Marc Janko fasste nach der Landung in Wien das Geschehen der letzten Zeit wie folgt zusammen: "Der gesamte ÖFB hat sich in den letzten Wochen nicht mit Ruhm bekleckert. Teilweise war das eine ganz schlechte Außendarstellung. Jeder hat sich zu Wort gemeldet und seinen Senf dazugegeben. Dass der Verband mit einer Stimme nach außen sprechen wollte, haben nicht alle verstanden. Jetzt hoffe ich, dass man das Durcheinander auf die Reihe bringt."
Im ÖFB selbst sieht man keinen Grund zu einer Reform und verweist auf den Föderalismus, so wie er auch in Österreich in der Politik Usus ist. Für eine Reform des ÖFB müssten die kompletten Statuten des Verbandes geändert werden. Zumindest §12 der Satzungen – die Aufgaben des Präsidiums.