Es war ein schwieriger Sonntag für den Fußball-Profi Gerard Piqué. Was weniger an dem Meisterschaftsspiel in der spanischen Primera División lag – der FC Barcelona hatte beim alles im Griff. Den Innenverteidiger bewegten vielmehr die Geschehnisse vor und nach der Partie zu Tränen.
Wegen der hatte das Match im Camp Nou vor leeren Rängen stattgefunden. Danach war es Piqué, ein stolzer Sohn Kataloniens, der im Zentrum des medialen Interesses stand. Als einer der wenigen (Sport)-Stars der Autonomen Region warb der 30-Jährige aktiv für die Unabhängigkeit seiner Heimat.
"Man kann mit Ja wählen, mit Nein oder sich der Stimme enthalten. In der Franco-Ära konnten wir für unsere Ideen nicht eintreten.Wählen ist ein Recht, das verteidigt werden muss", sagte Piqué, der auf sozialen Medien ein Foto hochgeladen hatte, das ihn bei der Abstimmung zeigt.
Ja he votat. Junts som imparables defensant la democràcia.
— Gerard Piqué (@3gerardpique)
Diese Haltung musste der Barcelona-Profi noch am Montagabend rechtfertigen: Das spanische Nationalteam traf sich in Madrid, um sich auf die letzten beiden WM-Qualifikationsspiele vorzubereiten. Sportlich läuft für La Roja mit sieben Siegen und einem Remis alles nach Plan, ein Heimsieg am Freitag gegen Albanien würde das vorzeitige Ticket für die Endrunde 2018 bedeuten.
Foto: APA/AFP/JOSE JORDAN Das Turnier in Russland sollte die perfekte Bühne für den letzten großen Auftritt von Gerard Piqué im spanischen Teamdress werden, der Abschied könnte nun deutlich schneller und weit weniger ruhmreich ausfallen für den Welt- und Europameister. Der 91-fache Teamspieler musste gestern Abend vor Verantwortlichen des spanischen Verbandes sowie vor versammelter Mannschaft Stellung beziehen zu seiner politischen Haltung. Wenn er nicht mehr erwünscht sei oder sein Auflaufen für die Nationalmannschaft ein Problem darstelle, würde er seine Teamkarriere unverzüglich beenden, ließ Piqué wissen. In der Vergangenheit war er bereits mehrmals von spanischen Fußball-Anhängern bei Länderspielen ausgepfiffen worden.
"Zur Nationalmanschaft zu kommen, ist keine Frage des Patriotismus", sagt der vierfache Champions-League-Sieger. Zum Verhängnis werden könnten Piqué abfällige Aussagen über Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy: "Er schreitet sogar durch die Weltpolitik, ohne Englisch zu können."
Foto: AP/Manu Fernandez Lange Zeit galten gerade die spanischen Sportauswahlen als positives Beispiel für das funktionierende Zusammenspiel der Autonomen Regionen Spaniens. Auch im dieswöchigen Kader für die WM-Qualifikation stehen vier Katalanen und drei Basken. Vier von ihnen (Piqué, Jordi Alba, Sergio Busquets, Aritz Aduriz) nahmen noch 2014 an einem medial vielbeachteten Freundschaftsspiel zwischen einer katalanischen und einer baskischen Auswahl teil. "Ein Land, ein Team", verkündeten beide Mannschaften in der jeweiligen Landessprache.
Vor allem der baskische Klub Athletic Bilbao pflegt eine enge Beziehung zur Heimat. Der achtfache spanische Meister setzt ausschließlich Basken ein oder Spieler, die im Baskenland ausgebildet wurden. Lange Zeit verzichtete der Verein – wie einst auch der FC Barcelona – auf einen Brustsponsor. 2004 kam es aber auch in Bilbao zum Tabubruch. Jedoch fiel der Kulturwandel sanft aus: Auf den Trikots warb die baskische Regionalregierung.