Der große Rummel, den hat er oft erlebt. Den braucht er nicht mehr. Und deshalb beantwortet Thomas Muster auch kaum Fragen zu seinem heutigen 50. Geburtstag. "Das ist ja keine Leistung", pflegt einer der größten Sommersportler der österreichischen Geschichte bei solchen Anlässen stets zu sagen. Zudem mag er Jubiläen nicht, eine Feier bleibt deshalb aus. Sein gestriger Auftritt bei Sport am Sonntag diente eher dem Zweck, die Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle zu bewerben. Dort, wo er seit 2012 als Turnierbotschafter Österreichs höchstdotierte Sportveranstaltung (heuer 2.621.850 Euro) würdig vertritt.
Geleistet hat der Steirer genug. Und darüber oft und gerne geredet. Aber ein Geburtstag? "Den hat ja jeder."
Zurückgeblickt hat der Muster-Knabe des rot-weiß-roten Tennissports ohnehin oft genug. Auf seinen größten Coup beispielsweise, den French-Open-Sieg 1995. Als viele Medien dies mit einem Interview vor zwei Jahren zum 20. Jahrestag würdigen wollten, zischte Muster kurzerhand nach Australien ab. Wieder so eine Jahreszahl.
Nur nicht im Mittelpunkt stehen. Über das Pariser Finale und das Rundherum hat er ohnehin schon amüsante Episoden zum Besten gegeben. Gerne erinnert sich Muster an den Vorabend des großen Finales gegen den Amerikaner Michael Chang. "Ich bin mit Ronnie Leitgeb weg von der Anlage in die Stadt gefahren, weil ich Abstand gewinnen und keinen vom Tennis sehen wollte. Ich hatte Lust auf chinesisches Essen, es gibt wahrscheinlich 100.000 Chinesen in Paris. Wir haben ausgerechnet den erwischt, wo Michael Chang gegessen hat."
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER Weniger Freude macht ihm eine andere Episode aus diesen Tagen. Man hatte wie jedem Spieler in der Finalphase des Grand-Slam-Turniers auch Muster einen Leibwächter vor die Tür gestellt. Den Muster kurzerhand wegschickte. "Mein Pech war, dass der dunkelhäutig war." So hat man den Tennis-Star sofort ins rechte Eck gestellt. "Dabei wollte ich nur meine Ruhe haben."
Am 12. Februar des Folgejahres wurde er erstmals Nummer eins der Welt (insgesamt sechs Wochen). "Es war ein verrückter Tag", erinnerte sich Muster. "Ich bin die ganze Nacht gereist, weil wir von einem Daviscup-Spiel in Südafrika zurückgekommen sind. Am selben Tag habe ich noch in Südafrika gegen den Australier Stolle verloren. Viele haben gemeint, der ist Nummer eins und verliert gegen Stolle."
Die Karriere hätte beinahe geendet, bevor sie noch richtig losgegangen war: In Miami wurde er vor dem Finale von einem Betrunkenen niedergefahren, eine schwere Knieverletzung war die Folge. Die Bilder, wie sich Muster anfangs im Rollstuhl zurückkämpfte, sind heute noch allgegenwärtig. "Dieser Aufbau hat mir eigentlich geholfen." Muster kam zurück und gewann 1990 drei Turniere, darunter das Masters-Turnier (heute ATP-1000) von Rom.
Über einen potenziellen Nachfolger redet Thomas Muster heute nicht gerne. "Man soll Thiem in Ruhe arbeiten lassen." Und aus.
Ob Österreichs Sportler der Jahre 1990 und 1995 etwas bereut in seiner Karriere? Diese Antwort gab er vor einigen Jahren im KURIER: "Vielleicht, dass ich damals etwas zu früh aufgehört habe." Bevor er 2010 und 2011 auf die Tour zurückkam ("Ich habe damals sehr gesund gelebt, deshalb war es kein Fehler"), hatte er sang- und klanglos nach den French Open 1999 aufgehört. "Die Entscheidung wussten damals nur meine engsten Freunde. Ich wollte keine große Abschiedstournee." Dann wäre er im Mittelpunkt gestanden. Und das mag er gar nicht.
Der am 2. Oktober 1967 in Leibnitz geborene Thomas Muster gewann 1986 in Hilversum (NED) seine erste von insgesamt 44 ATP-Trophäen. Höhepunkt war der Sieg bei den French Open 1995. In diesem Jahr gewann er als erster Spieler zwölf Turniere im Einzel, diesen Rekord teilt er sich nun mit Roger Federer. Am 12. Februar 1996 wurde Muster erstmals für eine Woche Nummer eins, am 11. März dann für weitere fünf Wochen. 2010 und 2011 kehrte er für einige Turniere zurück.
24-mal war er im Daviscup dabei, als Hauptakteur der Musketiere mit Horst Skoff und Alexander Antonitsch. Im Einzel hat er eine Bilanz von 36:8 Siegen (auf Sand verlor er von 30 Partien eine). 1990 schlug er im Wiener Stadion im Halbfinale Andre Agassi und Michael Chang, Österreich verlor dennoch mit 2:3 gegen die USA. Auch gegen die Deutschen gewann er 1994 beide Einzel, dennoch verlor Österreich in Unterpremstätten 2:3 gegen Deutschland. Von 2003 bis 2006 war Muster Österreichs Daviscup-Kapitän.
Seit 2012 ist Muster, der auch als Unternehmer (zum Beispiel Sportswear) und Landwirt tätig war, als Turnierbotschafter bei den Erste Bank Open im Einsatz. Seit 2010 ist der Steirer mit Caroline verheiratet, das Paar hat eine gemeinsame Tochter Maxim (wird acht) und lebt in Velden. Aus der Ehe mit TV-Moderatorin Jo Beth Taylor (AUS) stammt Sohn Christian (16).