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Peter Sagan: Der Rockstar sitzt fest im Sattel

27-09-2017, 06:00

Mitleid? Nein, man braucht jetzt mit Peter Sagan kein großes Mitleid zu haben. Er hat sich das ja alles selbst eingebrockt. Den Rummel um ihn in Osttirol, die Schnapsverkostung auf der Dolomitenhütte oberhalb von Lienz, die Menschenmassen vor dem Grand Hotel, und dann erst diese vielen lästigen Fragen der 40 Medienvertreter, die aus halb Europa angereist waren.

Hätte er am Sonntag im norwegischen Bergen nicht als erster Radprofi zum dritten Mal in Folge die Straßen-WM gewonnen, er hätte gestern vermutlich einen vergleichsweise ruhigen Tag in Osttirol verbringen können.

Aber so drehte sich dann natürlich alles nur mehr um den 27-jährigen Champion aus der Slowakei, dem das Après-Rad sichtlich mehr Anstrengungen bereitete als das WM-Rennen am vergangenen Sonntag.

Unmissverständlich

Da saß er dann also am Podium, mit müden Augen, die Sonnenbrille griffbereit auf der Stirn, und ließ die Reporterfragen über sich ergehen. Der genervte Blick war vielsagend, die Antworten waren unmissverständlich. "Was bei der WM passiert ist? Ich habe gewonnen", blaffte er. "Keine Interviews geben zu müssen, das genieße ich", diktierte der Slowake den internationalen Journalisten.

Keiner wagte es, das Rad der Zeit noch einmal zurückzudrehen und mit dem 27-Jährigen noch einmal die Tour de France Revue passieren zu lassen. Wenn er schon Fragen nach der Zukunft mit einem harschen "ich mag jetzt nicht darüber nachdenken" abblockte, wie hätte der Weltmeister dann wohl erst reagiert, wenn die Sprache auf seinen umstrittenen Ausschluss bei der Frankreich-Rundfahrt (nach einem Manöver im Zielsprint gegen Mark Cavendish) gekommen wäre?

So ist er nun einmal, Peter Sagan: eine durch und durch ehrliche Haut, ein Typ, der sich nicht verbiegt, einer, der sein Herz auf der Zunge trägt.

Unverwechselbar

Und genau deshalb lieben sie ihn auch so. "Weil er als einer der wenigen Profis noch Persönlichkeit hat", wie der Radsport-Experte der italienischen Gazzetta dello Sport treffend erklärt.

Chris Froome mag vier Mal die Tour de France gewonnen haben und als bester Radfahrer der Gegenwart gelten. Doch der blasse Brite scheint den Fans nicht wirklich unter die Haut zu gehen. Ganz anders verhält sich das bei Peter Sagan, der sich über mangelndes Interesse nicht beklagen kann. Bei seinem Bora-Hansgrohe-Team trudeln jede Woche 150 Interviewanfragen ein, und bei Radsportveranstaltungen kann es schon einmal vorkommen, dass der dreifache Weltmeister für eine Wegstrecke von 150 Metern eine halbe Stunde benötigt.

Tatsächlich ist Sagan, wenn man so will, der Rockstar unter den Radprofis – neben und auf dem Sattel. Kaum einer fährt so verwegen und spektakulär wie der 27-Jährige. Wenn er etwa in seinem ganz eigenen, unverwechselbaren Stil die Abfahrten meistert, eine Technik, die keineswegs zur Nachahmung zu empfehlen ist; oder wenn er, wie im Vorjahr bei Paris–Roubaix, einmal locker wie elegant mit dem Rad über den stürzenden Fabian Cancellara hüpft; wenn er die Ziellinie cool auf dem Hinterrad überfährt; oder aber wenn er wie gestern in Lienz sich auf das Mountainbike schwingt und den neuen Alban-Lakata-Bike-Trail am Hochstein einweiht.

Umtriebig

Schon seit Monaten war diese Ausfahrt geplant, dass der Slowake nun als dreifacher Weltmeister nach Lienz kam, war ein Glücksfall für die Osttiroler Touristiker rund um Franz Theurl, der eine Kooperation mit Sagans Rennstall unterhält. Die Stars des deutschen Teams bereiteten sich in diesem Jahr im Höhentrainingslager auf dem Zettersfeld auf die Saison vor und werden auch noch einmal im Oktober zu einem Trainingslager nach Lienz kommen.

Peter Sagan wird dann voraussichtlich nicht dabei sein. Nicht etwa, weil ihm der Pregler, der berühmte Birnen-Apfel-Schnaps aus der Region, nicht gut bekommen wäre. Der Slowake wird demnächst Vater und möchte mit seiner Familie einmal so richtig abschalten. "Während der Saison geht das nicht, weil du ständig nur in der Welt unterwegs bist. Ich möchte jetzt eine gute Atmosphäre für unser Baby schaffen", sagte er. Und dabei kam ihm dann doch ein zufriedenes Lächeln über die Lippen.

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