Ein kalter Septembertag in Wien. Der Himmel hat seine Farbe verloren, es regnet unerbittlich. Wasser in einer anderen Form ist das Element von Jonas Bachan. Der 19-Jährige kommt eingehüllt in Kapuzenpulli und Regenjacke zum ausgemachten Termin ins Kaffeehaus Jelinek. Sein von der Sonne gebleichtes Haar sieht aus, als wäre er gerade aus dem Meer gekommen. Innere Unruhe befällt ihn in der Großstadt, so fernab von seinem geliebten Strand. Das zieht sich durch das Gespräch.
Jonas Bachan ist österreichischer Surfer und hofft, 2020 nach Tokio reisen zu können, wo es im Wellenreiten erstmals um olympische Medaillen gehen wird.
"Jetzt bin ich seit vier Tagen in Wien und halte es nicht mehr aus. Ich habe zu viel Energie. Da muss ich was machen, sonst geht das schlecht aus", sagt Bachan. Seine Eltern wanderten von der Steiermark nach Frankreich aus, als er zwei Jahre alt war. Vater Philipp Lamprecht und Onkel Matthias sind ebenfalls passionierte Surfer und gründeten das Chillandsurf-Camp in Hossegor bei Biarritz, eines der ersten Surfcamps überhaupt in Europa. "Mit sechs haben mich meine Eltern im Surf-Club eingeschrieben. Meinen ersten Contest habe ich mit neun gewonnen. Dann ist es recht schnell gekommen. Mit elf habe ich erste Sponsoren bekommen."
Vergangene Woche war in Wien die Feier zum 20-Jahr-Jubiläum der Camps. Seit Freitag ist Jonas wieder im Wasser in Hossegor. Und er trainiert wieder sechs Stunden täglich für seine Ziele. Im Sommer maturierte er an einer französischen Surfschule, an der die besten Surfer des Landes ausgebildet werden. Allerdings durfte er am Ende nicht mehr alle Trainings mitmachen. "Als sie gemerkt haben, dass ich für Österreich starte, wurde ich bei manchen Einheiten und auch bei regionalen Contests blockiert." Aber diese interessieren ihn jetzt eh nicht mehr.
Nachdem er für die Nachwuchsserie zu alt geworden ist, startet er heuer bei der Qualifying Series der World Surf League. "Zirka 900 Surfer versuchen sich für die Top Ten zu qualifizieren, die dann nächste Saison aufsteigen", erklärt Bachan. Oben ist die Formel 1 des Surfen. Dort ist eine andere Welt. "Wenn du da in der ersten Runde rausfliegst, bekommst du immer noch 9000 Dollar."
Foto: /Alex Papis Es ist eine Frage des Geldes, dorthin zu kommen. "Um in der Qualifying Series alle Contests zu fahren, bräuchte ich 50.000 bis 60.000 Euro pro Jahr", sagt Bachan. Daher hatte er in Wien Termine mit potenziellen Sponsoren. "Ich würde mich noch nicht als Profi bezeichnen. Ich investiere mehr, als dabei rauskommt." Er wohnt in Hossegor im Haus der Mutter. "Aber ja, meine Arbeit ist das Surfen." Vorgesorgt wird doppelgleisig, denn "nebenbei mache ich ein Fernstudium für Webdesign. Ich habe auch für meinen Vater und meinen Onkel für die Chillandsurf-Camps mitgeholfen."
Abgesehen vom Contest-Surfen leben einige Surfer auch von Geschichten und Videos in Fachmagazinen. Bachan will auch da bekannter werden: "Um dir einen Namen in der Freesurf-Welt zu schaffen, musst du von den Medien ziemlich gepusht werden. Das ist als Österreicher schwer. Aber vielleicht ist das ja ähnlich lustig, wie die afrikanischen Skifahrer."
Foto: /Chillandsurf Dass er es sportlich drauf hat, bewies Bachan mit Rang fünf in der Qualifying Series in Portugal. Und vergangenes Jahr lag Gold bei der Junioren-EM in Marokko vor seinen Füßen. "Ich war mit einem Score von 18,7 uneinholbar." Dann nahm ihm der Veranstalter in der letzten Minute den Vorrang, ohne dies mitzuteilen. Bachan wurde sein zweitbester Score gestrichen und er fiel auf Rang vier zurück. Es gewann ein Marokkaner. "Später habe ich erfahren, dass sie nicht einmal die österreichische Hymne organisiert hatten."
Im Oktober geht es mit Bruder Jakob, Papa und Onkel nach Hawaii. "Als Surfer musst du einmal im Leben dort gewesen sein. Der Spot ist bekannt für die großen Wellen." Und diese liegen Bachan, weil er groß und schwer ist. "Ich kann diese 30-Zentimeter-Wellen bei manchen Bewerben in Europa nicht mehr sehen."
Genauso wenig wie den Regen in Wien.
Foto: /Alex Papis