Meinungsforscher prognostizieren einen möglichen Anstieg der Wahlbeteiligung bei der Nationalratswahl am heutigen Sonntag.
Die vorgezogene vor fünf Jahren zeigte einen deutlichen Rückgang der Wahlbeteiligung, hervorgerufen durch das "Ibizagate" und die FPÖ-Spesenaffäre. Die Beteiligungsrate lag 2019 mit 75,59 Prozent nur geringfügig über dem bis dahin niedrigsten Stand von 74,91 Prozent im Jahr 2013.
Nationalratswahl: Wahlbeteiligung erreichte 2013 Tiefpunkt
Die Beteiligung an Nationalratswahlen ist seit den 1950er-Jahren tendenziell rückläufig, im internationalen Vergleich ist sie aber immer noch recht hoch. Bis 1986 lag die Beteiligung immer über 90 Prozent, bis 2002 gingen immer noch mehr als vier Fünftel zur Wahlurne. Bis 1992 bestand allerdings in einigen Bundesländern Wahlpflicht. Bei der Nationalratswahl 2006 sank der Anteil jener, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, erstmals unter 80 Prozent. Der bisherige Tiefpunkt wurde 2013 erreicht, als nur noch 74,91 Prozent der Wahlberechtigten abstimmten.
Zahl der Wahlberechtigten und Wahlbeteiligung
Wahlbeteiligung bei Nationalratswahl 2019 bei 75,79 Prozent
Bei den vergangenen Wahlgängen waren relativ große Schwankungen bei der Wahlbeteiligung zu beobachten. Nach dem Negativrekord bei der Nationalratswahl 2013 brachte die folgende von ÖVP-Chef Sebastian Kurz bald nach seinem Aufstieg zum Parteichef 2017 ausgerufene vorgezogene Neuwahl einen deutlichen Zuwachs. Erstmals erreichte die Wahlbeteiligung wieder mehr als 80 Prozent. Die schon nach zwei Jahren neuerlich vorgezogene Nationalratswahl nach dem Platzen der türkis-blauen Koalition infolge des Ibiza-Skandals ließ die Lust der Österreicherinnen und Österreicher zur Stimmabgabe wieder deutlich sinken. Die Wahlbeteiligung brach um 4,41 Prozentpunkte ein und lag mit 75,79 Prozent auf dem zweitniedrigsten Wert seit 1945. Mehr als 1,5 Millionen Wahlberechtigte nutzten ihr Wahlrecht nicht.
Wahlbeteiligung bei EU-Wahl 2024 56,25 Prozent
Die Beteiligung bei der EU-Wahl, die traditionell viel niedriger ist als bei anderen bundesweiten Wahlen, ist jedenfalls kein guter Indikator für die Nationalratswahl. Vor fünf Jahren führte die aufgeheizte Stimmung nach Auffliegen des Ibiza-Skandals und dem am Tag nach der Wahl bevorstehenden Misstrauensantrag gegen den damaligen Bundeskanzler Kurz zu einem sensationellen Anstieg auf 59,77 Prozent. Zuvor war die Beteiligung bei EU-Wahlen seit 1999 nie mehr über 50 Prozent gekommen. Bei der Nationalratswahl dreieinhalb Monate später war von der Mobilisierung nichts mehr zu spüren. Bei der heurigen EU-Wahl Anfang Juni lag die Wahlbeteiligung mit 56,25 Prozent erneut vergleichsweise hoch.
Schwankungen bei Wahlbeteiligung bei Bundespräsidentenwahlen
Die Beteiligung bei Bundespräsidentenwahlen zeigt relativ starke Schwankungen, abhängig davon, wie eindeutig der Wahlausgang erwartet wurde. So gingen 2010 nur 53,6 Prozent der Wahlberechtigten zur Wahl, davon stimmten schon im ersten Wahlgang fast 80 Prozent für Heinz Fischer. Beim zweiten Wahlgang 2016 stieg die Beteiligung dagegen auf 74,21 Prozent. Bei den Bundesländern sind die Beteiligungen durchaus unterschiedlich. Musterländer sind das Burgenland und Niederösterreich, wo die Wahlbeteiligung bisher bei Nationalratswahlen noch nie unter 80 Prozent lag. Schlusslicht ist Vorarlberg, wo 2019 nur 67,71 Prozent ihre Stimme abgaben. Auch in Tirol und Wien sank die Wahlbeteiligung bereits einmal (2013) unter 70 Prozent.
Mobilisierungswahlkampf bringt Chance auf höhere Wahlbeteiligung bei Nationalratswahl 2024
Politberater Thomas Hofer geht davon aus, dass es die Chance auf eine hohe Wahlbeteiligung geben könnte, "weil es um sehr, sehr viel geht, weil eine Dynamik drinnen ist, weil es ein Mobilisierungswahlkampf ist", wie er zur APA sagte. Natürlich seien auch sehr viele vom Hochwasser betroffen, die Frage ist ob in den betroffenen Gebieten die Leute einen Kopf für die Wahl haben, dies sei sehr schwer einzuschätzen. Generell sei es jedenfalls so, dass "genügend an Emotion, Aufmerksamkeit und Brisanz" vorhanden sei - "das ist Voraussetzung für eine relative hohe Wahlbeteiligung."