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Nationalratswahlen brachten zuletzt größere Umwälzungen

17-09-2024, 10:37

Die vergangenen beiden Nationalratswahlen hatten größere Umwälzungen im Gepäck. Das könnte laut Umfragen auch heuer der Fall sein.

Die FPÖ hat demnach erstmals realistische Chancen auf Platz eins. Auch die beiden Wahlen zuvor (2017 und 2019) sorgen für bedeutende Veränderungen der politischen Landschaft: Diese brachten eine Türkis-Blaue Regierung sowie nach dem Ibiza-bedingten Aus derselben erstmals eine grüne Regierungsbeteiligung.

Erdbeben bei NR-Wahl 2017

Das große Erdbeben gab es 2017: Die von Kurz auf Türkis getrimmte ÖVP wurde bei der damaligen Nationalratswahl mit einem starken Plus (+7,5) auf 31,47 Prozent Erste vor der SPÖ. Das war ihr seit 1966 zuvor nur einmal gelungen, im Jahr 2002 mit Wolfgang Schüssel. Anders als damals - als sie für ihre Performance in der schwarz-blauen Koalition abgestraft worden war - lag die FPÖ 2017 allerdings nicht am Boden, sondern kam mit 25,97 Prozent der SPÖ nah wie nie zuvor. Und wechselte wieder in die Regierung, weil Kurz nicht mehr mit der SPÖ zusammen regieren wollte.

©APA

Diese Gesetzesperiode endete bekanntlich abrupt, nachdem im Mai 2019 das "Ibizavideo" auftauchte, in dem sich der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegenüber einer vermeintlichen russischen Oligarchin u.a. bereit zu korrupter Auftragsvergabe zeigte. Kanzler Sebastian Kurz kündigte die Koalition auf, er und seine Minister wurden dann per Misstrauensantrag abgewählt und die erste Beamtenregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein installiert.

Die SPÖ wiederum kam 2017 - damals noch von Kanzler Christian Kern in die Nationalratswahl geführt - mit 26,86 Prozent nur einen sehr kleinen Schritt aus dem historischen Tief von 26,82 Prozent (Wahl 2013) heraus. Das Ergebnis bedeutete nicht nur den Verlust des ersten Platzes von 2013, sondern auch den Wechsel auf die Oppositionsbank. Auf dieser gab es noch einen zweiten Platztausch: Die Grünen flogen 31 Jahre nach ihrem Einzug - mit mageren 3,80 Prozent - raus, dafür zog die vom Ex-Grünen Peter Pilz gegründete Liste JETZT mit 4,41 Prozent ein.

ÖVP auch bei NR-Wahl 2019 vorne

Bei der Nationalratswahl 2019 siegte die für die ÖVP mit 37,46 Prozent einen Triumph vor der SPÖ ein, die mit 21,18 ein weiteres Rekord-Negativergebnis erlitt. Die FPÖ stürzte auf 16,17 Prozent ab. Die Grünen hingegen feierten mit dem Rekordergebnis von 13,9 Prozent ihr Nationalrats-Comeback, ihr Konkurrent JETZT verpasste mit 1,87 Prozent den Wiedereinzug.

Die folgende türkis-grüne Regierung verlief zwar äußerst turbulent, dennoch wurden die fünf Jahre durchgedient. Anfangs geprägt von der -Pandemie geriet dann Bundeskanzler Kurz in der ÖVP-Korruptionsaffäre immer mehr unter Druck und erklärte er am 9. Oktober 2021 seinen Rücktritt als Bundeskanzler. Nach einem Intermezzo des Außenministers Alexander Schallenberg als Kanzler folgte nach dem Abgang von Kurz auch als Parteichef Anfang Dezember 2021 dann Karl Nehammer im Kanzleramt nach. Die Grünen trugen all das mit, die Koalition hielt die ganzen fünf Jahre.

Veränderung der Polit-Landschaft

Insgesamt hat sich die politische Landschaft in den letzten drei bis vier Jahrzehnten zwar relativ langsam, aber stark verändert. Ein Schlüsseljahr war 1986: Damals übernahm Jörg Haider die FPÖ - und führte sie in zuvor unerreichte Höhen. Im gleichen Jahr zogen die Grünen in den Nationalrat ein, und wuchsen (ausgenommen 2017) langsam, aber beständig auf 12,42 Prozent (2013).

Für die beiden bis zu den 80er-Jahren alles beherrschenden Großparteien ÖVP und SPÖ - die zusammen bei den Wahlen immer um die 90 Prozent holten - begann der Abstieg. Zwar ging auch bei allen Wahlen danach Platz 1 immer entweder an die SPÖ oder an die ÖVP - und Platz 2 in der Regel an die andere Partei. Mit nur einer Ausnahme: Bei der Nationalratswahl 1999 landete die ÖVP ganz knapp hinter der FPÖ auf Platz 3.

Rot-schwarze Wähleranteil sank

Aber der rot-schwarze Wähleranteil schrumpfte beständig: 2013 hatten sie zusammen nur mehr ganz knapp - mit 50,81 Prozent - die Mehrheit. 2002 gab es allerdings ein Zwischenhoch: Damals war die erste ÖVP-FPÖ-Koalition wegen schwerer blauer Turbulenzen geplatzt. Die Neuwahl bescherte der FPÖ den Rekordeinbruch um 16,90 Prozentpunkte auf nur mehr 10,01 Prozent. Die ÖVP legte fast ebenso viel (15,39 Punkte) zu und holte mit 42,30 Prozent ihr bestes Ergebnis seit 1983. Auch die SPÖ schnitt gut ab - und so kam man zusammen noch einmal fast auf 80 Prozent.

Dem folgte jedoch ein steiler Absturz. Bei der Wahl 2006 wurde die SPÖ wieder Erste, Schwarz-Blau/Orange hatte keine Mehrheit mehr. Und so wurde die 1999/2000 beendete Große Koalition fortgesetzt. Bei den nächsten Wahlen erlitten SPÖ und ÖVP ein Debakel nach dem anderen.

NEOS mischten mit

Währenddessen erholte sich die FPÖ mit ihrem neuen Chef Heinz-Christian Strache flott. 15 Jahre nach dem Absturz hatten die Blauen bei der Nationalratswahl 2017 wieder ein Viertel der Wähler hinter sich. Das auch, weil zwei erfolgreiche Konkurrenten, das BZÖ und das Team Stronach, nach kurzer Zeit wieder von der Bildfläche verschwanden. Gehalten haben sich die pinken Newcomer des Jahres 2013: NEOS zogen auf Anhieb in den Nationalrat ein und etablierten sich dort.

Neben den fünf aktuellen Parlamentsparteien - ÖVP, SPÖ, FPÖ, den Grünen und den NEOS - sowie JETZT (2017 bis 2019, dem BZÖ (2006 bis 2013) und dem Team Stronach (2013 bis 2017) haben es in der Zweiten Republik nur zwei andere Parteien in den Nationalrat geschafft: Die KPÖ zu Beginn, von 1945 bis zur Wahl 1959 - und das LIF (1994 bis 1999).

(APA/Red)

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