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FPÖ könnte nach Nationalratswahl Premiere erleben

7-09-2024, 15:57

Die FPÖ könnte erstmals in der Geschichte eine Nationalratswahl gewinnen und möglicherweise auch den Bundeskanzler stellen.

Die Rechtspopulisten - oft werden sie auch als rechtsextrem kritisiert - zählen zu den ältesten Gruppierungen in der Parteienlandschaft der Zweiten Republik. Dennoch sprengte sich die FPÖ mehrmals durch Skandale oder interne Streitereien aus Regierungsbeteiligungen - um sich als blaues Überlebenswunder zu entpuppen.

FPÖ bereits totgesagt

Totgesagt worden war die FPÖ schon oft. Als zuletzt im Mai 2019 die sogenannte Ibiza-Affäre die damalige Regierung aus ÖVP mit Junior-Partner FPÖ sprengte, räumte man den Freiheitlichen kaum noch Chancen ein, sich vom Imageschaden zu erholen. Ein bereits zwei Jahre zuvor heimlich aufgenommenes Video zeigte unter anderem den damaligen FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, wie er auf Ibiza vor einem weiblichen Lockvogel offen über Korruption zumindest fantasierte.

Der Imageschaden war schnell behoben. Nicht einmal ein eigens eingesetzter parlamentarischer Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre konnte den Blauen viel anhaben. Das lag nicht nur am sofortigen Personalwechsel an der Spitze, sondern wohl auch daran, dass andere Parteien die vielen unzufriedenen Protestwähler nicht wirklich abholen konnten. Zugute kam den Freiheitlichen auch der Frust, den die Maßnahmen gegen die -Pandemie ausgelöst hatte.

Wahlerfolge für FPÖ

Als Lichtfigur der Maßnahmengegner inszenierte sich Herbert Kickl, der seit Urzeiten seiner Partei als Stratege in der zweiten Reihe berüchtigt war. Er übernahm im Juni 2021 auch den Parteivorsitz von Hofer, der nach etlichen Seitenhieben aus den eigenen Reihen zurücktrat. Wahlerfolge gab es aber auch schon wieder unter ihm, es folgten Regierungsbeteiligungen in Bundesländern wie Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg. Bei der 2024 ging die FPÖ erstmals als stärkste Partei (25,4 Prozent) bei einer Bundeswahl hervor.

Dass die FPÖ oft als rechtsextrem kritisiert wird, scheint ihre Wählerschaft nicht sonderlich zu beeindrucken. Weder das Sympathisieren einiger Mitglieder mit den dezidiert als rechtsextrem eingestuften Identitären noch die ideologische Partnerschaft mit der deutschen AfD stört dabei. Dass die Freiheitlichen zumindest in zweiter Reihe mit deutsch-nationalen Burschenschaftern bestückt ist, gilt längst als gegeben. Parteichef Kickl selbst hält zu den Schlagenden Distanz, eher aus persönlichem Desinteresse.

Migration und "Systemmedien"

Inhaltlich widmet sich die FPÖ klassisch jenen Themen, mit denen Rechtspopulisten weltweit die unzufriedene Bevölkerung ansprechen und scheut sich auch nicht davor, Ängste und oft auch Verschwörungsmythen zu befeuern. Nicht nur unkontrollierter Migration, insbesondere durch Flüchtlinge, wird die Schuld an vermeintlichen Missständen gegeben. Auch "Systemmedien" und einer vermeintlichen politischen Elite im "tiefen Staat" wird der Kampf angesagt.

Die FPÖ war in den 1950er-Jahren aus dem Verband der Unabhängigen (VdU) hervorgegangen - jener Sammelbewegung mit liberalem Anspruch, in der viele ehemalige Nationalsozialisten Unterschlupf gefunden hatten und die seit 1949 im Nationalrat vertreten war. Nach dem Gründungsparteitag am 7. April 1956 spielte die FPÖ zunächst eine untergeordnete Rolle und kam bei Nationalratswahlen bis 1990 nicht über den einstelligen Prozentbereich hinaus.

Juniorpartner nach NR-Wahl 1983

Es folgte eine Annäherung an die SPÖ: 1970 stützte die FPÖ eine rote Minderheitsregierung und nach der Nationalratswahl 1983 (bei der die SPÖ die absolute Mehrheit verlor) trat die FPÖ als Juniorpartner in eine SPÖ-geführten Regierung ein. Die Obmannschaft hatte damals Norbert Steger inne. Doch die Zusammenarbeit endete schon 1986, gleichzeitig mit dem Aufstieg Jörg Haiders. Nachdem Steger beim berühmten Parteitag in Innsbruck Haider in einer Kampfabstimmung unterlag, kündigte SPÖ-Bundeskanzler Franz Vranitzky einen Tag später unter Hinweis auf einen "Rechtsruck" der FPÖ die Koalition auf.

In Folge konnte die "Haider-FPÖ" stetig zulegen. Der neue Obmann verstand es, neue Wähler, etwa aus der Arbeiterschicht, anzusprechen - als Mittel diente ihm nicht nur sein Charisma, sondern vor allem auch ein harter Anti-Ausländerkurs. Schon damals war Kickl wesentlicher Zuarbeiter Haiders. Das beste Nationalrats-Wahlergebnis unter Haider erzielte die Partei im Jahr 1999, als 26,9 Prozent der Stimmberechtigten für die Freiheitlichen votierten.

FPÖ bei NR-Wahl 1999 auf Rang zwei

Dies bedeutete Platz zwei, hauchdünn vor der ÖVP. Deren damaliger Obmann Wolfgang Schüssel holte die FPÖ in die Regierung und verschaffte sich selbst damit von Platz drei aus den Kanzlerthron. Doch das läutete den blauen Niedergang ein. Haider gab den Partei-Vorsitz nach international heftiger Kritik an Susanne Riess-Passer ab, zog aber weiterhin im Hintergrund die Fäden, was zu andauernden Differenzen führte.

FPÖ-Absturz bei Nationalratswahl 2022

Diese gipfelten im September 2002 in dem von Kritikern initiierten Delegiertentreffen von Knittelfeld, wo gegen den Willen Riess-Passers die Einberufung eines Sonderparteitages beschlossen wurde. Die Folge war der Rücktritt der Parteispitze, neuer FPÖ-Chef wurde Herbert Haupt. Die dann vorgezogene Nationalratswahl vom 24. November 2002 brachte einen FPÖ-Absturz auf 10,01 Prozent.

2005 gründeten Vertreter rund um die Regierungsmannschaft das BZÖ - mit Haider als Parteichef. Neuer FPÖ-Chef wurde Heinz-Christian Strache, mit dem der Wiederaufstieg der Partei begann. Eingebremst wurden die Blauen durch die Übernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz. Bei der Nationalratswahl im Oktober 2017 erreichte die FPÖ mit 26 Prozent zwar nur Platz drei. Strache schaffte aber wie geplant die türkis-blaue Koalition sowie den Sprung ins Vizekanzleramt und stand damit am Zenit seiner Karriere. Dann folgte Ibiza.

(APA/Red)

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