Die ÖVP hat wenige Wochen vor der Nationalratswahl ihr Modell für eine "Sozialhilfe Neu" vorgelegt. Es handelt sich dabei um einen weiteren Punkt ihres Wahlprogramms.
Die ÖVP setzt dabei auf "Fairness und Leistung", Sozialmissbrauch und "Zuwanderung in unser Sozialsystem" will sie verhindern. Konkret soll es erst nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts volle Sozialleistungen geben und ein Fokus auf Sachleistungen gelegt werden. Familien mit vielen Kindern sollen weniger Geld pro Kind bekommen.
Eingeschränkte Sozialleistungen
Bei der von der ÖVP schon länger forcierten Wartefrist sollen Zuwanderer in den ersten fünf Jahren nur Anspruch auf die Hälfte der Sozialleistungen haben. Die Frist soll bei Asylberechtigten erst mit Zuerkennung des Schutzstatus zu laufen beginnen, durch eine finanzielle Basisstufe samt Sachleistungen soll ihnen aber eine "menschenwürdige Lebensführung" ermöglicht werden. Wer arbeitet, Freiwilligenarbeit leistet, Praktika absolviert oder Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse besucht, soll dem Modell zufolge schneller an die vollen Sozialleistungen kommen können, hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Unterlage der Partei. Am Nachmittag ist eine Pressekonferenz mit Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Generalsekretär Christian Stocker zum Thema angesetzt.
Ganz grundsätzlich sollte es - wie auch schon im Anfang des Jahres präsentierten "Österreichplan" Nehammers ausgeführt - künftig mehr Sach- als Geldleistungen geben, um Sozialmissbrauch zu verhindern. Von Sachleistungen würden zudem vor allem Kinder profitieren.
"Degressiver Leistungsbezug für Minderjährige"
Mit Blick auf den medial breit diskutierten Fall einer syrischen Familie, die in Wien 4.600 Euro Mindestsicherung und mit weiteren Transferleistungen mehr als 6.000 Euro netto pro Monat erhalten soll, wird auch ein "degressiver Leistungsbezug für Minderjährige" gefordert: In kinderreichen Familien soll es also weniger finanzielle Unterstützung pro Kind geben, das sei auch in vielen Bundesländern schon umgesetzt.
Gegen die aktuelle Umsetzung in Wien wendet sich die ÖVP auch bei den Unterstützungsleistungen für subsidiär Schutzberechtigte: Dass diese in Wien entgegen dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz mehr als die Grundversorgung bekommen, sei verfassungswidrig. Sollte Wien sich weiter über das Gesetz hinwegsetzen, sollte die Bundesregierung den Verfassungsgerichtshof (VfGH) anrufen. In der Bundeshauptstadt würde man das sogar ausdrücklich begrüßen, wurde im Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gegenüber der APA betont. Dadurch würde nämlich endgültig die Frage geklärt, ob das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in diesem Punkt überhaupt europarechtskonform ist. Im Übrigen würde eine von der ÖVP gewünschte VfGH-Überprüfung auch das schwarz regierte Tirol treffen, wo es für subsidiär Schutzberechtigte ebenfalls eine Aufstockung aus der Mindestsicherung/Sozialhilfe gebe.
Sozialhilfe-Auszahlungen in Transparenzdatenbank
Laut dem Programm der ÖVP nötig wäre außerdem mehr Transparenz, indem die Sozialhilfe-Auszahlungen konsequent in die Transparenzdatenbank eingemeldet werden, sowie Integrationsdatenbankgesetze, damit Sozialleistungen bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben konsequent gekürzt werden können.
"So schaffen wir einerseits ein treffsicheres soziales Netz, das jenen Unterstützung bietet, die sie brauchen, und andererseits Gerechtigkeit und Fairness gegenüber jenen, die jeden Tag arbeiten gehen und unser Sozialsystem finanzieren", wurde Nehammer in der Unterlage zitiert. Das Sozialsystem müsse für jene da sein, die nicht können, "und nicht für jene, die nicht wollen", betonte auch Generalsekretär Stocker.
"Ist das gerecht Herr Babler?"
Erst am Mittwoch hat die ÖVP eine Kampagne gegen angebliche Pläne der SPÖ in Sachen Mindestsicherung gestartet. Stocker warnte, dass SPÖ-Parteichef Andreas Babler das Wiener Modell auf ganz Österreich ausweiten werde. "6.800 Euro Sozialhilfe ohne zu arbeiten. Ist das gerecht Herr Babler?", lautet einer der Slogans in Anspielung auf den Fall der kinderreichen syrischen Familie aus Wien. Die SPÖ sprach von einer "unsäglichen Kampagne" gegen armutsbetroffene Kinder.