logo



[email protected]

Nationalratswahl 2024: Die Spitzenkandidaten im Kurzporträt

2-08-2024, 09:03

Die Nationalratswahl 2024 hat neue und alte Spitzenkandidaten im Gepäck. Doch was gibt es über Karl Nehammer, Andreas Babler und Co zu wissen? Ein Kurzporträt der Listenersten der Parlamentsparteien sowie von KPÖ und Bierpartei lesen Sie hier.

Der älteste Spitzenkandidat ist diesmal Werner Kogler. Der 62-Jährige geht zum zweiten Mal für die Grünen ins Rennen. Auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger war bereits 2019 pinke Spitzenkandidatin. Eine Premiere ist es dagegen für die Listenersten der 3 großen Parteien: Die drei Männer matchen sich um den Kanzlersessel. Jedenfalls am Stimmzettel stehen auch die KPÖ und die Bierpartei.

Karl Nehammer - ÖVP

©APA/Max Slovencik

Für den Bundeskanzler ist es die erste Wahl, bei der er selbst als Spitzenkandidat ins Rennen geht. Der 51-Jährige ist zwar gebürtiger Wiener, wurde aber in der niederösterreichischen Volkspartei sozialisiert. Sein Aufstieg begann unter Sebastian Kurz: 2018 wurde der ÖAABler Generalsekretär der türkisen ÖVP, im Jänner 2020 wechselte er ins Innenministerium. In seine Amtszeit fielen die -Maßnahmen und die Demonstrationen dagegen sowie der Terroranschlag in Wien. Das Krisenmanagement innerhalb der ÖVP wurde dann Anfang Dezember 2021 seine Hauptaufgabe, als er nach dem Abgang von Sebastian Kurz die von Korruptionsvorwürfen gebeutelte Volkspartei übernahm und wenige Tage später als Bundeskanzler angelobt wurde.

Im Vergleich zum innerparteilich einst so verehrten Kurz wirkt der zackige Oberstleutnant wenig charismatisch. Auch passierten dem ausgebildeten Kommunikationstrainer immer wieder ungeschickte Ausrutscher - etwa beim Burger-Sager im vergangenen Sommer. Den Absturz der Türkisen konnte Nehammer nicht aufhalten: In den sechs Urnengängen unter Nehammer setzte es fünf Mal ein sattes Minus - zuletzt minus zehn Prozentpunkte bei der im Juni. Weil noch größere Verluste befürchtet worden waren, hat sich die Stimmung aber zuletzt etwas gebessert und Nehammer sitzt derzeit fest im Sattel.

Andreas Babler - SPÖ

 ©APA/ERWIN SCHERIAU 

Dringend einen Wahlerfolg würde der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler brauchen. Die großen Erwartungen, die der linke Hoffnungsträger in der SPÖ bei seiner Kür zum Parteichef vor einem Jahr bei den Genossen weckte, haben sich bisher nicht erfüllt, weshalb der Druck enorm ist. Nicht hilfreich sind dabei die nicht verstummenden Querschüsse von parteiinternen Kritikern.

Der 51-jährige einstige SJ-Bundessekretär, der gern seine Herkunft aus dem Arbeiter-Milieu betont, hat es als Außenseiter im Dreikampf um die Parteiführung vergangenes Jahr geschafft, vor allem die Parteilinke zu begeistern. Diese Aufbruchstimmung bemüht sich der leutselige Niederösterreicher seitdem im Land zu verbreiten. Der leidenschaftliche Schnell-Redner setzt betont auf Sachpolitik und stellte nacheinander die mit Experten erarbeiteten Konzepte für seine "Reformkanzlerschaft" vor. Dabei fehlt dem weiter als Bürgermeister amtierenden Bundesrat die Bühne des Nationalrats. Zudem gibt es offenbar auch in Teilen der Partei Zweifel an seinem betont linken Kurs.

Herbert Kickl - FPÖ

 ©APA/GEORG HOCHMUTH

Auch Kickl stammt aus einer Arbeiterfamilie und zieht erstmals als Spitzenkandidat in eine Wahl, in der zweiten Reihe hat der 55-Jährige aber bereits viele Wahlschlachten geschlagen. Viele Jahre galt der Hardliner aus Kärnten als der Mann im Hintergrund. Der talentierte scharfe Redenschreiber war verantwortlich für umstrittene Wahlslogans und mitunter skandalträchtige Formulierungen der Parteichefs Jörg Haider und Heinz-Christian Strache. Zwischen 2005 und 2017 leitet er als Generalsekretär die Partei.

Erstmals ins Rampenlicht trat Kickl 2017, als er in der ersten Regierung Kurz Innenminister wurde. In Erinnerung geblieben sind neben seinem Hang zur berittenen Polizei vor allem die Razzia im Verfassungsschutz, die dessen internationales Ansehen nachhaltig beschädigten. An die Parteispitze gelangte Kickl 2021 nach der Demontage des gemäßigteren Norbert Hofer. Dort entpuppte sich der unterschätzte einstige Außenseiter, über den bis auf seine Sportbegeisterung wenig bekannt ist, als erfolgreicher Populist, der die Corona-Krise geschickt zu nutzen wusste. Nun träumen er und seine Anhänger von einer "Volkskanzlerschaft".

Werner Kogler - Grüne

©APA/GEORG HOCHMUTH

Auch Kogler war lange ein Mann in der zweiten Reihe und unterschätzt, bevor er seine Partei zu neuen Erfolgen führte - ansonsten verbindet den Steirer aber wohl kaum was mit Kickl. Der 62-jährige Vizekanzler ist ein Grüner der ersten Stunde. Vom Gemeinderat in Graz wechselte der studierte Volkswirt 1999 in den Nationalrat, ab 2009 war er Stellvertreter von Parteichefin Eva Glawischnig. In der dunkelsten Stunde, als die Grünen 2017 aus dem Parlament flogen, krempelte er die Hemdsärmel auf und übernahm die am Boden liegende Partei.

Er verzichtete temporär auf ein Gehalt und schaffte es mit seiner bescheidenen, mitunter sympathisch-kautzigen Art innerhalb von zwei Jahren die außerparlamentarische Kraft nicht nur zurück ins Parlament sondern sogar in die Regierung zu führen. Überraschend leicht gelang ihm dann auch die Verwandlung vom Underdog - bekannt mit Lederjacke und grüner Brille - zum seriösen Vizekanzler im Anzug, der als ÖVP-Koalitionspartner viele für die Basis schmerzhafte Kompromisse etwa in der Migrationspolitik schlucken musste.

Beate Meinl-Reisinger - NEOS

Die 46-jährige Wienerin ist die einzige Frau in der rein männlichen Kandidatenriege und die jüngste unter den Listenersten der Parlamentsparteien. Die studierte Juristin kommt ursprünglich aus dem Dunstkreis der ÖVP, war Assistentin des EU-Abgeordneten Othmar Karas sowie Kabinettsmitglied bei Familienstaatssekretärin Christine Marek. 2012 wandte sie sich enttäuscht von der ÖVP ab und wurde stellvertretende Vorsitzende der neugegründeten liberalen NEOS.

Vom Nationalrat wechselte die Wiener Landeschefin in den Wiener Gemeinderat und kehrte 2017 ins Hohe Haus zurück. 2018 übernahm Meinl-Reisinger nach dem Abgang von Matthias Strolz die NEOS. Die redegewandte Juristin, die Humor hat und gern und viel lacht, würde die liberale Oppositionspartei gerne in die Regierung führen, ob das gelingt, wird sich zeigen.

Tobias Schweiger - KPÖ

Der 34-jährige Grazer Tobias Schweiger kommt aus einer sozialdemokratischen Familie, wurde zunächst aber bei den Jungen Grünen aktiv. Nach dem Wahldebakel der Grünen Bundespartei 2017 wendete er sich enttäuscht ab, gründete die Jungen Linken mit und wurde dann bei der KPÖ aktiv. Seit 2021 ist er KPÖ-Bundessprecher. Studiert hat Schweiger in Bremen Philosophie und Politikwissenschaften bis zum Bachelor. Beim Masterstudium der Sozioökonomie in Wien fehlt noch die Masterarbeit. Nebenbei arbeitete Schweiger als Kellner, Koch, Erwachsenenbildner und in einer Buchhandlung. Sein Wunschtraum für die KPÖ ist, dass sie so erfolgreich ist, dass sie in zehn Jahren eine öffentliche Betriebskantine hat, die er gerne leiten würde, wie er jüngst dem "Falter" erzählte.

Dominik Wlazny - Bierpartei

©APA/Max Slovencik

Der 37-jährige Dominik Wlazny wurde als Marco Pogo bekannt. Der gebürtige Wiener Mediziner und Punkband-Leader startete seine Bierpartei 2015 zunächst als Satireprojekt. Schon 2019 trat die Partei bei der Nationalratswahl an - allerdings nur in Wien, wo sie mit nicht ganz ernst gemeinten Forderungen wie jener nach einem Bierbrunnen auffiel. Seit der  bis Mai war Wlazny Bezirksrat in Simmering. Ernst genommen wird der betont lässig auftretende Berufsjugendliche seit der , bei der er bundesweit 8,3 Prozent der Wählerstimmen bekam und in Wien sogar auf Platz zwei landete. Umtriebig ist Wlazny, der mit seinem Vater den Bierpartei-Vorstand de facto familiär dominiert, auch abseits von Musik und Politik, so hat er ein Buch und ein Kabarett-Programm geschrieben. Über seine inhaltlichen Vorstellungen für die Bundespolitik hält er sich dagegen bisher äußerst bedeckt.

(APA/Red)

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]