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Abschiebungen nach Afghanistan: Karner spricht mit EU-Staaten

11-07-2024, 11:48

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will nach der VfGH-Entscheidung, Abschiebungen nach Afghanistan rechtlich wieder zu ermöglichen, in Gesprächen mit anderen EU-Ländern ausloten, wie deren Umsetzung funktionieren kann.

Zusätzlich habe er das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) beauftragt, weitere Fälle aus Afghanistan zu überprüfen, sagte er am Donnerstag in einer Stellungnahme für die APA.

Er werde sich jedenfalls auf europäischer Ebene "eng abstimmen und mit den Experten des Innenministeriums weiter hart an diesem Thema arbeiten", so Karner.

FPÖ-Parteichef Herbert Kickl forderte die ÖVP in einer Aussendung auf, "nicht nur große Töne zu spucken, sondern endlich in die Umsetzung zu kommen". Gelegenheiten für Abschiebungen nach Afghanistan gebe es "jedenfalls ausreichend", sagte er unter Verweis auf straffällig gewordene Asylwerber. Der ÖVP warf er "Totalversagen auf ganzer Linie" vor.

"Höchstgerichtsurteile sind Höchstgerichtsurteile und die sind anzuerkennen. Da werden dann Rechtsinterpretationen geschaffen, Fakten geschaffen, dem ist Folge zu leisten", sagte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Rande einer Pressekonferenz auf Nachfrage zu der VfGH-Entscheidung. Wie dann die Umsetzung erfolgt, das werde der Ausgestaltung der zuständigen Ministerien unterliegen. Er habe sich mit der Detailfrage nicht beschäftigt, betonte Rauch.

Keine Abschiebungen von Afghanen

Seit der Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban im Oktober 2021 schieben weder Österreich noch andere EU-Länder Afghaninnen und Afghanen ab. ÖVP sowie SPÖ sprachen sich kürzlich aber für Abschiebungen von kriminellen afghanischen Asylsuchenden in ihre Heimat aus, auch in anderen europäischen Staaten, darunter in Deutschland, wurde nach mehreren Gewalttaten über die Wiederaufnahme von Abschiebungen diskutiert.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte in einem am Mittwoch veröffentlichten Erkenntnis entschieden, dass Abschiebungen nach Afghanistan - zumindest in manchen Fällen - wieder zulässig sind und begründete dies unter anderem mit einer verbesserten Sicherheitslage seit der Machtübernahme der Taliban. Konkret ging es in dem Fall um einen jungen Afghanen, dem das BFA weder Asyl noch subsidiären Schutz zugesprochen hatte. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung, gegen die der Mann Beschwerde beim VfGH einlegte. Doch auch der VfGH hält die Entscheidung für zulässig.

Individuelle Situation spielt eine Rolle

Grundsätzlich hängen die Verfahren allerdings stark von der individuellen Situation der betroffenen Person ab. So wurde etwa im aktuellen Fall von den Verfassungsrichterinnen und -richtern angemerkt, dass der Mann über ein gutes familiäres Netzwerk in seiner Heimat sowie ein solides wirtschaftliches Umfeld verfüge.

Generell ist die Lage in Afghanistan laut Menschenrechtsorganisationen weiterhin prekär, vor allem die Rechte von Frauen und Minderheiten wurden von den Taliban massiv beschnitten. Zudem kommt es immer wieder zu willkürlichen Festnahmen, unter anderem von früheren Regierungsbeamten. Auch die humanitäre Situation hat sich verschlechtert, laut UNO sind derzeit knapp 24 Millionen Menschen in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen.

(APA/Red)

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