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Anti-Nehammer-Volksbegehren und Strafmündigkeit-Antrag im Nationalrat

21-03-2024, 19:30

Der Nationalrat hat sich am Donnerstag mit dem Volksbegehren "Nehammer muss weg" befasst. Darüber hinaus gab es einen FPÖ-Antrag auf Herabsetzung der Strafmündigkeit.

In der Donnerstagabend zu Ende gegangenen Sitzung des Nationalrats ist ein Antrag auf Senkung der Strafmündigkeit auf zwölf Jahre ohne Mehrheit geblieben. Die Freiheitlichen, die die entsprechende Gesetzesänderung eingebracht hatten, fanden keine Unterstützer für die Initiative.

Beim letzten Tagesordnungspunkt einstimmig angenommen wurde ein Staatsvertrag zwischen Österreich und Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen. Das Abkommen aus dem Jahr 2022 soll es ermöglichen, die gemeinsame Staatsgrenze zu überfliegen, um etwa ein verdächtiges Luftfahrzeug an die Fliegerkräfte des jeweiligen Nachbarstaates sicher zu "übergeben" und die diesbezüglichen Reaktionsmöglichkeiten und -zeiten zu verbessern. Maßnahmen gegen militärische Bedrohungen sind ausdrücklich nicht umfasst.

Haftung: Neuregelung gegen "Angstschnitte" von Bäumen

Wer durch einen fallenden Ast verletzt wird, muss künftig beweisen, dass der Besitzer des Baumes seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Das hat der Nationalrat am Donnerstag einstimmig beschlossen. Bisher galt eine Beweislastumkehr: Der Besitzer musste beweisen, alles richtig gemacht zu haben, wie Justizministerin Alma Zadić (Grüne) ausführte. Weniger Bäume sollen durch die Neuregelung, die außerhalb von Wäldern gilt, "Angstschnitten" zum Opfer fallen.

Es handle sich dabei um eine "faire Lösung für Menschen und Bäume", sagte Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Bisher habe es im Haftungsrecht keine eigene Regelung für Bäume gegeben, daher habe man sich an Gebäuden orientiert, erklärte sie. Die Gebäudehaftung passe aber "nicht zu einem lebendigen Ding wie einem Baum", meinte Michaela Steinacker (ÖVP). Mit der neuen Regelung gibt es die Beweislastumkehr nun nicht mehr. Bei der Ermittlung der Schuld ist künftig auch der Standort relevant: So gebe es etwa höhere Sorgfaltspflichten, wenn sich ein Baum in der Nähe eines Spielplatzes befindet, betonte Zadić.

Bäume produzieren Sauerstoff, sorgen für Kühlung und filtern Staub aus der Luft, appellierte Selma Yildirim (SPÖ) an die Erhaltung von Bäumen. Bisher wurden diese oft aus Angst vor Strafen flächendeckend gefällt, selbst wenn das aus Sicherheitsaspekten gar nicht erforderlich gewesen wäre. Christian Ragger (FPÖ) sah mit dem Gesetz eine Lücke geschlossen, der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak ortete eine gute Regelung.

Windräder: Aus für verpflichtende Nachtbeleuchtung

Windräder und andere Anlagen sollen künftig nur noch bei Bedarf beleuchtet werden müssen, also etwa wenn sich ihnen ein Flugzeug nähert. Damit kommt es aus Spargründen zu einem Aus der verpflichtenden Nachtbeleuchtung. Die entsprechende Gesetzesänderung passierte den Nationalrat am Donnerstag einstimmig.

Überdies soll es künftig möglich sein, bestimmte Zivilflugplätze auch außerhalb der Betriebszeiten für den 24-Stunden-Rettungsflugbetrieb zu nutzen, wenn dadurch die Luftfahrtsicherheit gewährleistet bleibt. Damit ist auch unbürokratischer eine Landung in der Nacht möglich, wenn es einen entsprechenden Notfall gibt.

Nationalrat befasste sich mit Volksbegehren

Der Nationalrat hat am Donnerstagvormittag das eher mäßig erfolgreiche Volksbegehren "Nehammer muss weg" behandelt. Anklang fand die Initiative vor allem bei den Freiheitlichen, die mannigfaltige Gründe vortrugen, warum Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sein Amt räumen sollte. Die ÖVP verwies im Gegenzug auf die vergleichsweise geringe Beteiligung. Ratifiziert wurde ein Protokoll, das auf die Vermeidung grenzüberschreitender Luftverunreinigung abzielt.

Ziel des Volksbegehrens war - technisch gesehen - die Ermöglichung eines Misstrauensvotums durch die Bevölkerung gegen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Gut 106.000 Menschen war dieses Anliegen eine Unterschrift wert. Damit wurde die Hürde von 100.000 Unterfertigungen für eine parlamentarische Behandlung eher knapp genommen.

Generalsekretär Christian Stocker (ÖVP) ortete eine "Minderheitenfeststellung" und vermisste angesichts des Titels Respekt der Initiatoren. Unter anderem prangerte er an, dass diese in der Begründung des Begehrens etwa Kritik daran geübt hätten, dass Nehammer schuld am schlechten Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin sei. Das nahm der Generalsekretär gleich zum Anlass, die FPÖ zu attackieren, sei diese doch die Partei der Freunde Putins in Österreich. Grünen-Mandatar Michel Reimon nannte die Freiheitlichen dann noch "Agenten einer fremden militärischen Macht".

FPÖ zog weiten Bogen

Die Freiheitlichen wiederum zogen u.a. in Person der Abgeordneten Dagmar Belakowitsch einen weiten Bogen, warum Nehammer als Kanzler nicht tauge. Breiten Raum nahm dabei des ÖVP-Chefs Corona-Politik ein. Auch der Terror-Anschlag von Wien und nicht zuletzt die "Massenzuwanderung" nach Österreich wurden von ihr ins Treffen geführt.

SPÖ und NEOS waren vom Volksbegehren an sich nicht unbedingt begeistert, ein Aus für die Kanzlerschaft Nehammers erscheint aber auch den beiden anderen Oppositionsparteien angebracht. Die sozialdemokratischen Abgeordneten brachten etwa die aus ihrer Sicht misslungene Anti-Teuerungspolitik vor, die NEOS vermissen jegliche Reformfreude. Seitens der Grünen wurde kritisiert, dass das Anliegen der Proponenten, den Kanzler durch das Volk abwählen zu lassen, vom System nicht vorgesehen sei. Auch die SPÖ befürwortet es, wenn der Wähler im Herbst Nehammer sein Amt quasi entzieht.

Erste Beschlüsse fielen gegen Mittag. So ist etwa eine Ausnahmeregelung bei der Förderung von Photovoltaikanlagen mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ beschlossen worden. Kleine Photovoltaikanlagen auf Wohn- und öffentlichen Gebäuden sind bis Ende 2026 von der Umsatzsteuer befreit, Investitionszuschüsse gibt es dafür aber nicht mehr. Betriebe, die vorsteuerabzugsberechtigt sind und nicht von der Umsatzsteuerbefreiung profitieren, können aufgrund der nun beschlossenen Nachbesserung weiterhin Zuschüsse beantragen. Die Betriebe sollen wie bisher eine Förderung erhalten, betonte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), niemand soll schlechter gestellt werden. Einstimmig sprach sich der Nationalrat für die Ratifizierung des Göteborg-Protokolls aus, das Österreich bereits 1999 unterzeichnet hat. Es hat die Vermeidung weiträumiger grenzüberschreitender Luftverunreinigung zum Ziel.

(APA/Red)

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