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Wahlkampf-Ranking: Altbackenes und Aha-Erlebnisse

17-09-2017, 13:08

Neben den vielen TV-Debatten wird auch das Parteien-Programm an Plakaten oder Video-Nachrichten vier Wochen vor der Nationalratswahl immer dichter. Werbeprofi Gerhard Puttner bewertet für den KURIER die eingängigsten Botschaften der Kandidaten aus werbepsychologischer Sicht – immer mit einem Schuss Humor versehen. Der Profi verteilt dabei wie bei Buch- oder Film-Besprechungen Sterne von 1 (sehr dürftig) bis 5 (sehr gut).

"Unglaublich, aber Wahl" amüsiert sich Puttner über die mehr oder weniger geglückten Werbeauftritte. Peter Pilz, in Runde zwei mit einem Nicht-Plakat eingestiegen, gefällt dem Werber wegen des unkonventionellen Zugangs am besten. Puttner selbst wurde mit Markenartikel-Werbung (z. B. "Nur ein Mercedes ist ein Mercedes") und Politkampagnen bekannt.

„Gelungenes Comeback“

Foto: /Screenshot

„Ja, so muss Bundeskanzler. Online und TV bringen Christian Kern ein gelungenes Comeback nach seiner Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie“, sagt Top-Werber Gerhard Puttner. Von Machart und Botschaft des parteiintern umstrittenen „Stammtisch“-Videos ist Puttner überzeugt: „Man hätte sich Kerns Stammtisch zwar eher mit Top-Managern, Wissenschaftlern und Künstlern vorgestellt. Aber man muss den Wahlkampf-Tatsachen ins Auge schauen. Kern gewinnt im persönlichen Gespräch, er wirkt dabei sehr authentisch.“ Wenig originell kämen hingegen die SPÖ-Plakate daher. Der Hauptslogan „Hol dir, was dir zusteht“ musste mitten im Wahlkampf fallen gelassen werden. Jetzt wird wieder Altbackenes serviert und „so richtig dahingemenschelt“.

4 von 5 Sternen

„Bisserl Truman-Show“

Foto: APA/HANS PUNZ

„A Star is born“ auf seiner Verbeugungs-Tournee durch Österreich, sagt Werbe-Experte Puttner:  „ÖVP-Chef Sebastian Kurz performt in seinen Videos über Ansprachen, statt im direkten Gespräch. Er lässt uns nicht wirklich näherkommen. Ein bisserl Truman-Show ist da schon zu spüren. Die perfekte Inszenierung halt.“
Das Kurz-Team verwende auch bei den Plakaten nur Allgemein-Slogans und Botschaften, die (fast) alle unterschreiben können. Kurz meidet die Kontroverse, das frischere Türkis als neue Leitfarbe der Schwarzen sei omnipräsent. Einziges Manko, so Puttner: „Aus der Plakatforschung wissen wir, dass die Blickrichtung von Kurz nach rechts –  in die Zukunft – besser wäre. Links verweist in die Vergangenheit. In Richtung Rot-Schwarz oder umgekehrt?“

4 von 5 Sternen

„Der fixe ,Supermann‘“

Foto: /Screenshot

„Ist hier ein Schauspiel-Talent mit möglicher Zweitkarriere verloren gegangen?“, sagt Puttner über das neue Video von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Die Botschaft sei klar: „Hier kommt HC, der fixe ,Supermann‘, der alles kann.“ Die Umsetzung sei wenig originell, besser gelungen sei sie bei den „Hubers“ in ihrem vollen Haus mitsamt  der weich gespülten Anti-Ausländer-Message. Puttner: „Ob die Botschaft ankommt, entzieht sich meiner werbepsychologischen Einschätzung. Das ist mir zu hoch oder zu tief.“ Abgedroschen seien die Plakatsujets von der Islamisierung bis zum Problemfall große Koalition. Die rechte Fairness werde überstrapaziert. Straches Übergroß-Pose vor  seinen Konkurrenten in Schwarz-Weiß erinnert Puttner  an den intriganten Frank Underwood aus House of Cards.

3 von 5 Sternen

„Je öfter aufgewärmt ...“

Foto: REUTERS/LEONHARD FOEGER

Ulrike Lunacek serviert „vermischtes Grün-Gemüse“, sagt Puttner: „Da kommt wenig Neues. Der Miet-Hai wurde schon von Maria Vassilakou gerne genommen. Und soll offenbar nach dem bewährten Gulasch- Rezept ,Je öfter aufgewärmt, desto besser‘ funktionieren.“ Lunacek selbst glänzt auf den meisten Sujets durch Abwesenheit.  Die eine griffige Botschaft ebenso.

2 von 5 Sternen

„Geht Werbung ins Auge?“

Foto: NEOS

Die Neos wollen Bewegung sein und Matthias Strolz bleibt bei seinem Bildungsthema „Flügel heben“. In Botschaft und Stil der Sujets kommt jedoch keine Dynamik zum Ausdruck. Beibehalten wird die spiegelverkehrte Schrift, sie soll für die Wähler-Perspektive stehen. Puttner: „Jetzt hat man auch dem Matthias Strolz eins aufs Aug’ gegeben. Aber, geht die Werbung ins Auge?“

2 von 5 Sternen

„And the Winner is ...“

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

(K)ein Plakat ist die beste Werbung, sagt Puttner und überreicht Peter Pilz symbolisch eine goldene Venus.  Mit seinem Unikats-Plakat habe er mehr Medienwirkung erzeugt als mit zwei  Plakatkampagnen zusammen. Pilz’  Auftritt sei der kreativste: „Ja, es geht auch ohne Werbung, aber halt nur für Peter Pilz. Der mediale Response, allein im ORF, zu seiner „null Euro Plakatwerbung“ war mehr wert als jede teure Plakatrunde. Und er hat  damit im Gegensatz zu anderen Transparenz in seine Wahlkampf-Kosten gebracht. Ja, so ist er, ein neuer Markenartikel der Sonderklasse!“

5 von 5 Sternen

Foto: /Privat

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