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Budget im Nationalrat mit scharfer Oppositions-Kritik konfrontiert

19-10-2023, 21:03

Die Opposition hat am Donnerstag kein gutes Haar am Budgetentwurf von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gelassen. Kritik kam von SPÖ, FPÖ und NEOS bei der sogenannten ersten Lesung im Nationalrat insbesondere an den steigenden Staatsschulden.

"Hinter uns die Sintflut" wäre der treffendere Titel für die Budgetrede Brunners gewesen, meinten SPÖ und NEOS. Die FPÖ attestierte dem Finanzminister ein glattes "nicht genügend".

Wöginger-Lob für Haushaltsentwurf

Lob für den Haushaltsentwurf der Regierung für das kommende Jahr kam zum Auftakt der Debatte von ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Er appellierte in seiner Rede an die Abgeordneten, auch die positiven Seiten des Budgets zu bewerten. "Wir investieren in die Zukunft und sichern damit den Wohlstand", so Wöginger. Österreich sei ein starkes Land und stehe besser da als von vielen bewertet. Schlechtreden bringe nichts, daher sei ein "Budget mit Optimismus" angesagt, das Österreich weiterhin in eine gute Zukunft bringen werde.

Den Optimismus teilte SPÖ-Klubobmann Philip Kucher nicht. "Hinter uns die Sintflut, das ist der treffende Titel für das schwarz-grüne Budget", sagte Kucher. Die Einmalzahlungen der Regierung seien verpufft, die Leidtragenden seien die Menschen in Österreich und würden nun doppelt zur Kasse gebeten. Neben den hohen Preisen "wurden ihnen nun auch noch ein gigantischer Schuldenrucksack umgehängt", kritisierte der SPÖ-Klubchef.

Auch die FPÖ hatte einen besseren Titel für den Budgetentwurf parat: "Wohlstand zerstören, Zukunft verbauen und Steuergeld verschwenden", wäre das treffende Motto der Rede Brunners gewesen, so der FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs. Er sprach von einem "ambitionsloses Budget". Die steigenden Schulden seien Spiegelbild des Versagen dieser Bundesregierung. "Das kostet die Steuerzahler und die zukünftigen Generationen viele Milliarden Euro, Generationsgerechtigkeit sieht anders aus", so Fuchs und benotete Brunners Budgetentwurf mit "nicht genügend".

Die Kritik fand Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer "abstrus" und weit entfernt von den Fakten. Das Budget zeige einmal mehr, dass es einen Unterschied mache, wenn die Grünen mitregieren, so Maurer. Die Regierung habe hier "Klimabudget" vorgelegt, das mit den Füßen fest auf den Boden unserer Zeit stehe und uns zugleich auf die Zukunft vorbereite. Zudem werde unter anderem die Unabhängigkeit der Justiz gesichert.

"Was sie hier machen: hinter uns die Sintflut und alles in die Zukunft verschieben"

Keinen Grund zu Optimismus sah dagegen NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger angesichts des größten Schuldenstand, den es je gegeben habe. Der Regierung warf sie vor, jedes Problem mit Geld zu bewerfen. "Was sie hier machen: hinter uns die Sintflut und alles in die Zukunft verschieben", so Meinl-Reisinger. Dem künftigen Finanzminister sei es überlassen, die Scherben zusammenkehren.

Nach der ersten Lesung im Nationalrat wandert der Entwurf für den Bundeshaushalt zur weiteren Behandlung in den zuständigen Ausschuss. Vor Beginn der Debatte wurde Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), die nach ihrem Rücktritt als steirische Gesundheitslandesrätin ins Hohe Haus wechselt, als Abgeordnete angelobt. Sie ersetzt den ÖVP-Abgeordneten Karl Schmidhofer.

VfGH-Entscheid zu Cofag gab Thema Auftrieb

Der VfGH-Entscheid zur Cofag hat dem von der Opposition geliebten Thema wieder Auftrieb gegeben. Die SPÖ prangerte am Donnerstag in einer "Dringlichen Anfrage" im Nationalrat die Vorgangsweise der Koalition an und erkannte neuerlich einen der größten Finanzskandale der Zweiten Republik. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wiegelte im Gegenzug ab und betonte, dass 99 Prozent der über eine Million Anträge an die Covid-Finanzierungsagentur bereits abgearbeitet seien.

Der VfGH hatte am Dienstag Teile der rechtlichen Grundlagen zur Auszahlung von Coronahilfen durch die Cofag gekippt. SPÖ-Vize Julia Herr, die die "Dringliche Anfrage" begründete, sah damit belegt, dass die Bundesregierung mittels "de facto illegaler verfassungswidriger Konstruktion" 20 Milliarden Euro verteilt habe.

Gefördert worden seien Konzerne, während Klein- und Mittelunternehmen zu Bittstellern degradiert worden seien, so Herr. Brunner konterte derart, dass er betonte, 90 Prozent der Hilfen seien an Klein- und Mittelunternehmen (KMU) geflossen. Zwei Drittel seien an Unternehmen gegangen, die weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen. Gesamt sind laut Brunner rund 15,6 Milliarden ausgeschüttet worden.

Herr sah dagegen "eine unverantwortliche Überförderung" für Großkonzerne. Dieses Geld wolle man zurück. Die SPÖ wolle nicht nur Transparenz sondern auch Gerechtigkeit. Während für Maßnahmen gegen die Teuerung keine Gelder für die Menschen da gewesen seien, seien sie an die Unternehmen geflossen. Am Willen zur Aufklärung zweifelt Herr. Sie hört schon "die Schredder, die angeworfen werden, um sicher zu stellen, dass nicht aufgeklärt wird".

Brunner betonte die Dokumentationspflichten und erinnerte gleich daran, dass die SPÖ eigentlich der Cofag-Gründung zugestimmt habe. Die Cofag habe ihre Aufgabe dann auch "durchaus erfüllt". Zwar seien einzelne Instrumente zur Bekämpfung von wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie wohl kritikwürdig gewesen, doch sei das entsprechend korrigiert worden. Gemäß Argumentation der SPÖ wäre es fast besser gewesen, keine Hilfen auszuzahlen. Dann wären aber mehr als zehn Prozent der Unternehmen illiquid geworden mit entsprechenden Auswirkungen auf die Arbeitslosigkeit. Daher sei rasche Hilfe notwendig geworden.

"Taschenspielertrick" vorgeworfen

SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer warf Brunner einen "Taschenspielertrick" vor, wenn er sage dass 90 Prozent der Hilfen an Klein- und Mittelbetriebe geflossen seien. 90 Prozent der Anträge seien von KMU gekommen, aber zwei Drittel der Gelder sei nicht an kleine sondern an große Betriebe geflossen, so Krainer.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker warf der SPÖ vor, aus jeder Kritik einen Skandal zu machen. Auch den Vorwurf mangelnder Transparenz und Kontrolle wies er zurück, das zeige die Debatte im Nationalrat, die Befassung von Rechnungshof und VfGH.

"Die Kontrolle hat es gegeben ja, aber sie ist ihnen passiert", konterte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Er sprach von einem "Skandal der Sonderklasse", der mit allen erdenklichen Mitteln aufgeklärt werden müsse. Auch NEOS-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer empörte sich über "einen der größten Skandale der Legislaturperiode". "Die Cofag ist Intransparenz und Freunderlwirtschaft in einen rechtlichen Rahmen gepresst und nichts anderes", so Doppelbauer.

Der Grünen Budgetsprecher Jakob Schwarz wies die Kritik der Opposition zurück. SPÖ, FPÖ und NEOS hätte beim Beschluss zur Einrichtung der Cofag mitgestimmt, betonte auch er. Zwar habe es Abänderungsanträge der Opposition gegeben, in diesen finde sich jedoch nur in einem der FPÖ zum Rechtsanspruch einer der Punkte, die nun vom VfGH als verfassungswidrig eingestuft wurden.

Nationalrat beschloss Reform der Ehrenzeichengesetze

Der Nationalrat hat am Donnerstag mit großer Mehrheit eine Reform der Ehrenzeichengesetze, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglicht, beschlossen. Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke, der 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhielt. Ihm kann nun posthum das Ehrenzeichen entzogen werden. Nur die FPÖ stimmte gegen die Gesetzesänderung und sprach von "reiner Symbolpolitik".

ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS übten deshalb scharfe Kritik an der FPÖ. Es sei "beschämend", dass kein einstimmiger Beschluss möglich sei, kritisierte der ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl und Verfassungsminister Karoline Edtstadler (ÖVP) in ihren Reden. Die Aberkennung von Ehrenzeichen sei nicht der richtige Weg, begründete die FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst die Ablehnung ihrer Partei. "Wir stellen uns grundsätzlich gegen die Demontage der eigenen Geschichte", so Fürst.

Dass dies mit der Reform passiere, wiesen die Redner aller anderen Parteien zurück. Verurteilten Verbrechern und Nationalsozialisten Ehrenzeichen abzuerkennen sei keine Demontage, sondern die Übernahme der Verantwortung für die Geschichte, erklärte die SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar. Die Grünen-Mandatarin Eva Blimlinger stimmte die Ablehnung der FPÖ "bedenklich", weil hier der moralische Kompass überhaupt nicht mehr funktioniere. Ein Ehrenzeichen sei keine Momentaufnahme, sondern bedeute auch Verantwortung zu tragen, so Edtstadler: "Wer ein Ehrenzeichen trägt, ist ein Aushängeschild für unsere Nation und sollte Vorbild sein." Ein Mensch, der an den Nürnberger Rassengesetzen beteiligt gewesen sei, sollte keine Möglichkeit haben ein Ehrenzeichen der Republik Österreich zu tragen, sagte Nikolaus Scherak von den NEOS, die den Gesetzesantrag eingebracht hatten, mit Blick auf Globke.

Unterschiedliche Ansichten gab es darüber, ob man zum Zeitpunkt der Verleihung des Ehrenzeichens an den 1973 verstorbenen Globke bereits von dessen Rolle in der NS-Zeit wusste. 1956, als dem damaligen Mitarbeiter des deutschen Bundeskanzlers Konrad Adenauer das "Große Goldene Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich" verliehen wurde, habe noch niemand gewusst, dass er ein Mittäter der NS-Diktatur war, erklärte Gerstl. Dem widersprachen SPÖ und Grüne. Es sei längst an der Zeit die skandalöse Ehrenzeichenvergabe aufzuarbeiten, forderte Duzdar.

In Kraft treten soll das neue Bundes-Ehrenzeichengesetz am 1. Jänner 2024, wobei die Möglichkeit zur Aberkennung von Ehrenzeichen auch für davor verliehene Auszeichnungen gelten soll. Grund für die Aberkennung können gerichtliche Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben oder die sexuelle Integrität, vorsätzlich begangene Straftaten gegen verfassungsmäßige Einrichtungen Österreichs oder Verstöße gegen das Verbotsgesetz sein. Zudem ist auch eine in der Vergangenheit eingenommene führende Rolle in einer nationalsozialistischen Organisation ein Aberkennungsgrund.

Aufstockung von Mittel für Israelitische Religionsgemeinschaft im Schatten von Eskalation des Nahost-Konflikts

Die Aufstockung der Mittel für die Israelitische Religionsgemeinschaft ist Donnerstagnachmittag im Nationalrat im Schatten der Eskalation des Nahost-Konflikts nach der Hamas-Attacke gegen Israel gestanden. Vor allem VP-Mandatar Martin Engelberg fand sehr harte Worte, indem er die Hamas als schlimmer als die Nationalsozialisten bezeichnete. Die Grünen lehnten entsprechende Vergleiche ab.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) warnte in ihrem Redebeitrag vor vorschnellen Schlüssen, aktuell hätten "Fake News" Hochkultur. Damit spielte sie wohl auf die Berichte über die Raketen-Explosion vor dem Al-Ahli-Arab-Krankenhaus in Gaza an, wofür einander Hamas und Israel die Verantwortung zuschieben. Ohne direkt den Beschuss anzusprechen, meinte die Ministerin, sie glaube an die Demokratie und den Rechtsstaat Israel. Engelberg hatte davor die Palästinenser für die Explosion verantwortlich gemacht.

Dass er die "Barbaren" der Hamas mit den Nationalsozialisten verglich, missfiel der Grün-Mandatarin Eva Blimlinger. Es mache keinen Sinn "verbrecherische Regime" miteinander zu vergleichen und insbesondere nicht mit dem Nationalsozialismus. Die Hamas nannte sie gleichzeitig eine "Mörderbande", bei deren Angriffen es nichts zu entschuldigen gebe. Aufhorchen ließ Blimlinger damit, dass man überlegen sollte, Pro-Palästiner-Demonstrationen zu untersagen, wo es darum gehe weiter zu eskalieren und zu polarisieren. Engelberg urteilte: "Die Menschen gehen für die Vernichtung Israels auf die Straße und wir lassen das zu."

Eine eigene Ableitung kam von der freiheitlichen Abgeordneten Susanne Fürst. Sie verwies - unter anderem auf den Anschlag in Brüssel auf schwedische Fußballfans bezogen - darauf, dass nicht nur jüdische Einrichtungen sondern auch die westliche Welt und damit Österreich einer stärkeren Gefährdung ausgesetzt sei. Antworten sollte man darauf, indem man die Zuwanderung begrenze, um auch die Risiken zu begrenzen. Engelberg hatte davor gemeint: "Wir müssen verstehen, dass wir angegriffen sind."

Eine klare Verurteilung der Hamas kam auch von SPÖ und NEOS. SP-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sprach von "hemmungslosem" Töten von Jüdinnen und Juden, das zu einem sehr großen Maß betroffen mache. NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter meinte: "Wir stehen zu Israel um jeden Preis mit aller Verantwortung, die wir spüren."

Eigentlicher Anlass der Debatte war der später einstimmig erfolgte Beschluss einer höheren Förderung für die Israelitische Religionsgemeinschaft. Die seit 2020 überwiesenen Sonder-Gelder werden rückwirkend mit Jahresbeginn von vier Millionen jährlich auf sieben Millionen aufgestockt. Zudem sollen die Verwendungsmöglichkeiten erweitert werden. So wird es künftig etwa auch gestattet sein, die Mittel für Stipendien zu verwenden und so den Schwerpunkt "junge Generation" zu unterstreichen.

(APA/Red)

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