logo



[email protected]

100 Tage ÖVP-FPÖ in Salzburg: "Wir brauchen noch keine Paar-Therapie"

21-09-2023, 13:57

"Wir brauchen nach 100 Tagen noch keine Paar-Therapie", so Salzburgs FPÖ-Chefin Marlene Svazek.

In Salzburg haben die drei Oppositionsparteien im Landtag am Donnerstag eine erste Bilanz zu 100 Tagen schwarz-blauer Landesregierung gezogen. Das Resümee von SPÖ, KPÖ Plus und Grünen fiel naturgemäß kritisch aus, auch wenn es für einzelne Regierungsmitglieder Lob gab. ÖVP und FPÖ zogen ihrerseits ein für Freitag geplantes Medienfrühstück kurzfristig vor und wiesen auf umgesetzte Schritte und das "unaufgeregte und vernünftige" Arbeits- und Gesprächsklima in der Koalition hin.

"Während die Teuerung die Bevölkerung belastet und Wohnen so teuer ist wie nie, scheint die neue rechtspopulistische Landesregierung andere Schwerpunkte gefunden zu haben und betreibt ideologiegetriebene Klientelpolitik", befand SPÖ-Chef David Egger. So hätten Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und LHStv. Marlene Svazek (FPÖ) etwa Parteienförderung und Politikergehälter erhöht, den Lufthunderter auf der Tauernautobahn aufgehoben oder die Landeshymne in den Gesetzesrang gehoben. "Anfang Oktober verdoppeln sich die Gaspreise. Das wird viele Salzburger schmerzhaft treffen und die Inflation weiter antreiben. Es braucht hier rasch Maßnahmen." Egger forderte von der Landesregierung ein Familienentlastungspaket und ein Schulstartpaket. "Das kann sich das Land leisten. Es gibt noch Geld des Bundes für Anti-Teuerungs-Maßnahmen."

"Am Weg in Regierung haben ÖVP und FPÖ reihenweise Wahlversprechen unter den Tisch fallen lassen"

Man könne in 100 Tagen keine Wunder vollbringen, gestand KPÖ-Plus-Landessprecher Kay-Michael Dankl der Koalition zu. Die bisherige Bilanz falle aber nicht besonders ermutigend aus. "Am Weg in die Regierung haben ÖVP und FPÖ reihenweise Wahlversprechen unter den Tisch fallen lassen." Vor der Wahl habe Haslauer noch dafür geworben, für leistbare Energiepreise gesorgt zu haben. Die FPÖ entsende anders als angekündigt nun doch Politiker in den Aufsichtsrat der Salzburg AG. Und es sei zu bezweifeln, dass die ORF-Landesabgabe abgeschafft wird, wie vor der Wahl in Aussicht gestellt.

"Die längst überfällige Neuaufstellung der Wohnbauförderung soll erst 2025 kommen. Dann ist die Amtsperiode aber zur Hälfte wieder vorbei", kritisierte Dankl. "Man weiß genau, wie die verschiedenen Werkzeuge in der Wohnbauförderung wirken und was zu tun wäre. Niemand glaubt, dass die ÖVP nicht ein fix fertiges Konzept hätte - sie packt es nur nicht aus." Dass der zuständige FPÖ-Landesrat Martin Zauner die Reform auf die lange Bank schiebe, sei entweder eine vorsätzliche Verschleppung oder die ÖVP lasse ihn auflaufen. In beiden Fällen würden die Immobilienbesitzer, Spekulanten und Banken profitieren. "Selbst bei Kleinigkeiten sperren sich die Regierungsparteien, etwa bei der Abschaffung der Benachteiligung von Waisen bei der Wohnbeihilfe."

"100 schwarze Tage aus Sicht des Klima- und Naturschutzes"

Grünen-Chefin Martina Berthold sprach heute von "100 schwarzen Tagen aus Sicht des Klima- und Naturschutzes". ÖVP und FPÖ würden den Naturschutz mit einer Novelle des Naturschutzgesetzes aushebeln. Daneben werden die Parteienrechte der Landesumweltanwaltschaft beschränkt. "Unsere Gegenvorschläge wurden abgelehnt." Die Rücknahme von Tempo 100 auf einem Teil der Tauernautobahn erfolge entgegen allen Expertenmeinungen. Zudem brauche Salzburg dringen ein Klima- und Energiegesetz mit verbindlichen Zielen.

Die drei Oppositionsparteien kündigten am Donnerstag an, besonders in den Bereichen Klimapolitik, Wohnen und dem Kampf gegen die Teuerung verstärkt zusammenarbeiten zu wollen. "Es geht darum, ein Gegenprogramm anzubieten, wenn die Regierung keine guten Sachen auf die Beine stellt", sagte SPÖ-Chef Egger. Dabei gab es heute durchaus auch Lob - besonders für Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP). "Sie sieht wirklich die Probleme in der Pflege und sie ist motiviert, Verbesserungen herbeizuführen", betonte Berthold.

ÖVP und FPÖ wiesen auf wertschätzende und aufgeregte Zusammenarbeit hin

Schon 45 Minuten vor der Opposition hatte am Donnerstag die Regierung zum Medientermin geladen. Haslauer und Svazek wiesen dabei auf die wertschätzende und unaufgeregte Zusammenarbeit hin. "Es gibt eine gemeinsame Basis. Wir wollen die Dinge gut machen und nicht Parteipolitik und strategische Überlegungen in den Vordergrund stellen", betonte der Landeshauptmann. "Wir haben in den ersten Tagen viele Dinge weitergebracht und wollen nun die Ergebnisse der Regierungsklausur im Sommer umsetzen."

Als Erfolge nannte Haslauer etwa die bisher vom früheren Regierungspartner Grüne blockierte gesetzliche Verfahrensbeschleunigung zum Ausbau für Anlagen für Erneuerbare Energien oder die Standortverordnung zum Ausbau des Einkaufszentrums Europark. "Wir haben darüber hinaus den Heizkostenzuschuss und die erhöhte Wohnbauförderung verlängert, treiben den Hochwasserschutz im Oberpinzgau voran und haben einen neuen Sonderbeauftragten für das Asylwesen."

Salzburgs FPÖ-Chefin wies auf
Wolfsabschuss-Verordnung hin

FPÖ-Chefin Svazek wies auf die unmittelbar nach der Angelobung umgesetzte Wolfsabschuss-Verordnung hin, die in der alten Regierungskonstellation ebenfalls nicht möglich gewesen ist. Eine Herausforderung sei der noch vor der Wahl beschlossene beitragsfreie Halbtags-Kindergarten, wo man den Gemeinden nun Fristverlängerungen für die entsprechenden Beschlüsse gewähre. Beim Pflegegesetz werde ein Erstentwurf im Herbst erwartet, beim Wohnen habe man bereits zwei Wohnbaugipfel absolviert und die Allianz für Wohnbau gegründet. Auch Svazek betone das pragmatische Klima in der Koalition: "Wir brauchen nach 100 Tagen noch keine Paar-Therapie."

(APA/Red)

Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]