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Das ist laut Kärntens ÖVP-Chef "hinausgeschmissenes Geld"

7-09-2023, 10:57

Er sei nach wie vor der Meinung, dass "der Wolf in Kärnten keinen Platz" habe, so Martin Gruber (ÖVP), Landeshauptmannstellvertreter des Bundeslands. Von den von Tierschützern propagierten Herdenschutzmaßnahmen hält er weiter nicht viel. "Der Wolf ist ein schlaues Tier, er lernt, damit umzugehen und diese Hürden zu überwinden." Flächendeckender Herdenschutz in Kärnten sei nicht möglich: "Im Endeffekt ist es hinausgeschmissenes Geld, um nichts zu erreichen."

Kärntens Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber (ÖVP) hat eine Devise: Sich auf wenige Themen konzentrieren und Haltung zeigen. In Kärnten sind das die erneuerbare Energie, der Flughafen Klagenfurt und die Jagd auf den Wolf. Lobende Worte hat er im APA-Interview für die Bundesregierung übrig: Die würde viel investieren, um die Kaufkraft aufrecht zu erhalten.

Gruber: "Paradigmenwechsel"

Was die erste Zwischenbilanz nach fünf Monaten erneute Regierungsbeteiligung angeht, so spricht der ÖVP-Chef von einem "Paradigmenwechsel" bei der erneuerbaren Energie: "Weg vom Verhindern der Alternativenergieanlagen hin zum Ermöglichen." Man müsse Anlagen "dort zulassen, wo es ökonomisch sinnvoll und vertretbar ist". Noch heuer soll es Initiativen zur Erleichterung der Errichtung von Photovoltaikanlagen geben, parallel dazu soll auch die Netzinfrastruktur ausgebaut werden. Ein Beispiel für einen sinnvollen Einsatz von Photovoltaikanlagen sei zum Beispiel die Kombination von vorgeschriebenen Überdachungen in der Hühnerhaltung mit Photovoltaik: "Agri-Photovoltaik wird einer der ersten Schritte sein."

Im kommenden Jahr werde man dann die Windkraftstandorträumeverordnung angehen. Bei Gesetzen zur erneuerbaren Energie gehe es darum, "einzelne Gesetzesmaterien gleichzuschalten", zum Beispiel, wenn es um Baurecht und Energierecht geht: "Hier müssen bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt werden." Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit seien ein hohes Gut.

Kärnten war diesen Sommer stark von Unwettern betroffen, was sich auch auf Grubers Referate - wie Land- und Forstwirtschaft und ländliches Wegenetz - auswirkte. "Ich glaube, dass wir uns auf solche Großniederschlagsereignisse einstellen müssen." In der Land- und Forstwirtschaft habe man bereits eine vom Land kofinanzierte Versicherungslösung geschaffen, in der Forstwirtschaft nehme man das "Generationenprojekt Umbau der Wälder" in Angriff. Das sei vor allem in Anbetracht der Schutzfunktion des Waldes für darunterliegende Gebiete wichtig: "Der Wald ist eine der größten, effizientesten und kostengünstigste Schutzeinrichtungen." Derzeit laufen Forschungen, welche Baumarten hitzeresistent seien und mit Extremwetterlagen am besten zurechtkommen.

Die Unwetter hätten aber eines gezeigt: "Schutzbauten funktionieren, die Investitionen haben noch größeren Schaden abgewendet." Was die Schadensabgeltung in Kärnten angeht, sei man recht gut aufgestellt, er plädiere aber schon seit längerem dafür, dass man für Naturkatastrophen einen Versicherungsschutz - etwa über die Feuerversicherung - schafft, so Gruber: "Solidarisch aufgeteilt, weil es dann für den einzelnen ein relativ kleiner Betrag ist, aber man sich sicher sein kann, dass man eine Abdeckung im Schadensfall hat." Er hoffe, dass diese Diskussion - etwa im Rahmen der derzeit laufenden Verhandlungen zum Finanzausgleich - weitergehen würden.

Gruber: "Der Flughafen lebt und stirbt mit dem Flugbetrieb"

Land Kärnten und Stadt Klagenfurt haben heuer den 2018 teilprivatisierten Flughafen Klagenfurt wieder rückübernommen - dieser soll nun entwickelt werden. Der Kassasturz habe "Schlimmeres zutage gebracht, als wir vermutet haben", so Gruber - nun gelte es, wieder Flugverbindungen zu akquirieren: "Der Flughafen lebt und stirbt mit dem Flugbetrieb." Das Motto laute nun "Klinkenputzen bei den Airlines". Und es gelte, das Millionenloch am Flughafen zu schließen und zu investieren. Dass sich schnell etwas ändert, sei unwahrscheinlich: "Das ist Knochenarbeit." Gleiches gelte für eine Verwertung der Flughafenflächen, um Abgänge am Flughafen auszugleichen, "damit das funktioniert ohne permanente Zuschüsse der öffentlichen Hand".

Die neue Flughafen-Geschäftsführung arbeite daran, eine weitere Hub-Anbindung neben Wien zustande zu bringen. Den Flugbetrieb ohne eine solche einzustellen, lehnt Gruber ab: "Es gibt eine politische Entscheidung zum Flughafen: Das Bekenntnis dazu, dass diese Infrastruktur vorhanden zu sein hat und dass wir diese Einrichtung haben wollen", verwies er auf einen einstimmigen Beschluss des Kärntner Landtages. Dieser Beschluss sei "unumstößlich".

Mehrere Wölfe getötet

Kärnten war unter Grubers Federführung das erste Bundesland, das 2022 die Jagd auf den Wolf wesentlich erleichtert hatte, sechs Wölfe wurden bisher getötet. Wäre eine generelle Abschussfreigabe für den Wolf denkbar? "Generelle Freigaben gibt es nirgends, ich glaube, dass der Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene geändert werden muss", so Gruber. Auch wenn er nach wie vor der Meinung sei, dass "der Wolf in Kärnten keinen Platz" habe: "Wir haben hier ja durchgehend Kulturlandschaft."

Die Wolfsverordnung in Kärnten wirke jedenfalls, ist sich Gruber sicher: "Das zeigt sich an den Risszahlen." Diese seien annähernd so hoch wie im Vorjahr, erwartet worden seien aber wesentlich höhere Zahlen für heuer. Von den von Tierschützern propagierten Herdenschutzmaßnahmen hält Gruber nach wie vor nicht viel: "Der Wolf ist ein schlaues Tier, er lernt, damit umzugehen und diese Hürden zu überwinden." Flächendeckender Herdenschutz in Kärnten sei nicht möglich: "Im Endeffekt ist es hinausgeschmissenes Geld, um nichts zu erreichen."

Lobende Worte für Regierung

Für die Bundesregierung, die momentan viel Kritik einstecken muss, hat Gruber zum Umgang mit der Teuerung trotzdem lobende Worte übrig: "Es wurden sehr viele Maßnahmen gesetzt, die entlastend waren. Das bewegt sich im Milliardenbereich, es ist darum gegangen, die Kaufkraft aufrecht zu erhalten." Die Kehrseite sei "natürlich, dass die Inflation nicht so schnell zurückgeht, wie wenn man nicht helfen würde". Es sei eine Notwendigkeit, zu helfen, "damit es nicht aussichtslos wird". Mittel- und langfristig könnten nur Investitionen im Energiesektor Unabhängigkeit und Versorgungssicherheit bringen.

Dass die Zufriedenheit mit der Bundesregierung trotzdem zu wünschen übriglässt, führt Gruber auf die "grundsätzliche Unsicherheit, wie es künftig weitergeht", zurück. Der Krieg in der Ukraine, Verzögerungen in den Lieferketten und Arbeitskräftemangel auf der einen Seite und Existenzängste auf der anderen würden dazu beitragen, hinzu komme das Befeuern dieser Stimmung "durch die Oppositionsparteien", die versuchen würden, die Bevölkerung zu spalten. Außerdem gebe es eine "permanente Empörung darüber", warum Krisen stattfinden würden - "mitbefeuert auch durch die Medien".

Grubers ÖVP hatte es bei der im Frühjahr geschafft, trotz schwieriger Ausgangslage ein Plus zu verzeichnen. Gibt es aus dieser Erfahrung heraus Tipps an die Bundespartei? Gruber: "Sich auf wenige Themen zu fokussieren und die Haltung, die man hat, auch konsequent bis zum Ende durchzutragen."

Das Gespräch führte Peter Lindner/APA

(APA/Red)

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