Gastkommentar von Johannes Huber. Bargeld ist fast allen Menschen in Österreich wichtig. Nehammer und Kickl nützen das hemmungslos aus – und täuschen darüber hinweg, worüber es ihnen in Wirklichkeit geht.
Die Sache ist durchschaubar: Der bereits wahlkämpfende
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gibt vor, Bargeld in der Verfassung verankern
zu müssen. Er weiß: Fast allen Menschen in Österreich ist es wichtig, mit
Münzen und/oder Scheinen bezahlen zu können. Bei einer Umfrage, die vor zwei Jahren
im Auftrag des Finanzministeriums durchgeführt worden ist, ist das jedenfalls
von 87 Prozent betont worden. Bei Älteren handelte es sich sogar um 97 Prozent.
Das ist aufgelegt für Populisten: Man vermittle den
Eindruck, dass Bargeld gefährdet sei und tue gleich auch so, als würde man sich
für seinen Erhalt engagieren. FPÖ-Chef Herbert Kickl macht das schon lange.
Jetzt ist auch Karl Nehammer dazu übergegangen.
In Wirklichkeit ist Bargeld nicht gefährdet, sondern dort
verankert, wo es wirkungsvoll abgesichert ist: In der EU-Verfassung. Und in
Wirklichkeit ist gerade auch eine EU-Verordnung im Werden, die die Annahme von
und den Zugang zu Bargeld gewährleisten soll. Wer besorgt ist, kann sich daran
beteiligen. Alles andere ist Show.
Nehammer und Kickl geht es ausschließlich darum, Stimmung zu
ihren Gunsten zu machen. Genauer: Kickl spielt dieses Spiel schon länger mit
einem solchen Erfolg, dass Nehammer nun glaubt, es ebenfalls versuchen zu
müssen. Er weiß: Wenn die FPÖ bei Wahlen stark gewinnt, kann die ÖVP eher nur
stark verlieren. Das gilt es aus seiner Sicht in der erwähnten Weise zu
verhindern.
Gerne reden die beiden Politiker, denen laut APA/OGM-Index
eine große Mehrheit der Menschen in Österreich misstraut, im Übrigen davon,
dass es ihnen beim Bargeld um Freiheit gehe. Das macht die Sache nicht besser.
Beide sind denkbar unglaubwürdige Hüter der Freiheit.
Erstens: Die wohl weitreichendste Freiheitsgefährdung geht
mit der Digitalisierung bzw. zum Beispiel den Spuren einher, die man bei der
Benützung sozialer Medien oder als Kunde von Onlineversandhändlern hinterlässt.
Wäre Nehammer und Kickl Freiheit wichtig, würden sie sich damit befassen. Das
bleiben sie jedoch schuldig.
Zweitens: Nehammer hat sich nach dem Vorbild der
niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Sommer
auch angemaßt, definieren zu müssen, wer oder was normal ist. Das ist eine
Kampfansage an Vielfalt bzw. die Freiheit, zu sein, wie man sein möchte. Unter
Umständen halt auch anders als sich das ein rechtspopulistischer Bundeskanzler
so vorstellt.
Drittens: Kickl kämpft für eine „Festung Österreich“ mit
geschlossenen Grenzen. Sprich: Auch österreichischen Staatsangehörigen würde
ein ungehinderter Grenzübertritt verwehrt werden. Und zwar nicht nur
anlassbezogen-temporär, wie es derzeit da und dort der Fall ist, sondern wohl
auf Dauer. Das ist Freiheitsbeschränkung.
Johannes Huber betreibt den Blog – Analysen und Hintergründe
zur Politik