Die türkis-grüne Regierung hat bis dato keine Mietpreisbremse eingeführt. Jetzt kommt es zu Nachwehen: Denn aktuelle Urteile des OGH stellten erfolgte Inflationsanpassungen auf die Probe, so Anwalt Oliver Peschel.
Viele für neue Mietsteigerungen herangezogene Indexklauseln seien "rechtswidrig, da sie nicht den Regelungen des Konsumentenschutzgesetzes entsprechen". Der Österreichischer Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) hinterfragt das Vorgehen massiv, hegt große Zweifel.
Mieten: Sammelklage gegen Inflationsanpassungen
Die Zuschüsse, die ÖVP und Grüne statt der Bremse lancierten, seien "nur ein Tropfen auf den heißen Stein und mit bürokratischem Aufwand verbunden", kritisiert Rechtsanwalt Peschel, der die "Inflationsanpassungen rückabwickeln" will. Die neuen Urteile des OGH (8 Ob 37/23h und 2 Ob 36/23t) ermöglichten eine "Mietpreisbremse für hunderttausende Mieterinnen und Mieter".
Indexklauseln für Mietsteigerung oft rechtswidrig
Dass herangezogene
Indexklauseln für die neuesten Mietkostensteigerungen rechtswidrig
seien, bedeute, "dass in derartigen Fällen nur der ursprünglich
vereinbarte Mietzins Gültigkeit hat. Die zu viel bezahlte Miete kann
zurückgefordert werden und es darf auch zukünftig nur der ursprünglich
vereinbarte Mietzins verlangt werden", so Peschel. Indexklauseln sind in
fast allen Mietverträgen enthalten.
Sammelklagen für Personen mit privaten Mietvertrag und Indexklauseln
Die Sammelklage zielt nur auf
Personen ab, die von Unternehmen mieten und einen privaten Mietvertrag
mit Indexklauseln zur Inflationsanpassung haben. Der Oberste Gerichtshof
(OGH) entschied - aufgrund einer von der Arbeiterkammer (AK)
angestrengten Klage gegen Mustermietverträge.
"Welche Auswirkungen
die beiden Urteile des OGH auf bestehende Verträge haben, ist auch in
Fachkreisen höchst umstritten. Die Sonderbestimmungen des Mietrechts
beschränken die Rückforderbarkeit auf drei Jahre", so der
Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI).
Ankündigung der Sammelklage vom ÖVI massiv hinterfragt
Die
Ankündigung der Sammelklage wurde vom ÖVI umgehend massiv hinterfragt.
"Sowohl die betreffende Aussendung als auch der werbliche Auftritt im
Internet in Kooperation mit geschäftssinnigen Prozessfinanzierern
erwecken bei tausenden Mietern die Erwartung, dass ihre
Wertsicherungsvereinbarung im Mietvertrag definitiv ungültig sei und die
Beträge der letzten 30 Jahre zurückgefordert werden können. Mehr als
fraglich ist, ob der OGH das wirklich im konkreten Einzelfall auch so
entscheiden wird."
Rechtsanwaltskanzlei Peschel klagt nun gegen Mieterhöhungen
Die Rechtsanwaltskanzlei Peschel klagt nun aber gegen Mieterhöhungen. Man wolle zu viel bezahlte Miete zurückholen. Mieterinnen und Mieter, die von einer Inflationserhöhung betroffen gewesen seien, könnten sich unter der Website für das Sammelverfahren anmelden, bewirbt Peschel sein Vorgehen.
Große Anzahl von Mietverträgen in ganz Österreich betroffen
"Wir
gehen davon aus, dass eine große Zahl an Mietverträgen in ganz
Österreich betroffen ist", so Peschel. "Laut unserer Schätzung sind
hunderttausende Indexklauseln rechtswidrig. Eine Rückforderung ist für
die letzten 30 Jahre möglich." Die Kanzlei arbeite mit
Rechtsschutzversicherungen und Prozesskostenfinanzierern zusammen, um
allen Betroffenen eine "Mietbremse" und eine Mietrückforderung zu
ermöglichen.
Mieten erhöhen sich parallel zur Inflation wegen "Indexklauseln"
Die Mieten erhöhen sich meist parallel zur Inflation
aufgrund sogenannter "Indexklauseln" in Mietverträgen. Da die Inflation
in den vergangenen Monaten regelmäßig bei rund zehn Prozent lag, stiegen
auch die Mieten rasant an.
"Die für alle Wohnrechtsexperten
überraschenden Aussagen des OGH in den Entscheidungen, wo
Musterformulierungen im Rahmen eines Abmahnverfahrens als intransparent
bzw. gröblich benachteiligend angesehen wurden, haben kreative, über das
Ziel hinausschießende Ideen befördert, die einer sachlichen Grundlage
entbehren," so ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel in einer Aussendung.
Mietverhältnisse auf lange Dauer angelegt
Mietverhältnisse
seien auf lange Dauer angelegt. Der OGH habe erst vor wenigen Jahren
das legitime Interesse des Vermieters bestätigt, dass bei
Dauerschuldverhältnissen eine Wertsicherungsvereinbarung getroffen wird.
Um die Erhaltung und Verbesserung der Gebäude zu sichern, sei eine
Indexvereinbarung unumgänglich.
Immobilientreuhänder seit Jahren mit Rechtsunsicherheit konfrontiert
Immobilientreuhänder seien seit
Jahren mit einer großen Rechtsunsicherheit konfrontiert, moniert der
ÖVI. Es könne ihnen kein Vorwurf mehr gemacht werden, wenn sie den
Vermietern zum Abschluss von kurzfristigen Verträgen rieten. Vor allem
bei Richtwertmietverträgen könnten weder Mieter noch Vermieter sicher
sein, dass sie sie eine gesetzeskonforme Vereinbarung getroffen hätten.
"Das Damoklesschwert der rückwirkenden Rechtsunwirksamkeit von Klauseln,
die jahrzehntelang nach bestem Wissen und Gewissen vereinbart wurden,
macht langfristige Mietverträge völlig unkalkulierbar."
Peschel
sagte im Gespräch mit der APA, dass den Sammelklage-Teilnehmenden keine
Kosten entstehen sollten. Das sei gesichert, wenn die
Rechtsschutzversicherung einen Mietrechtsschutz beinhalte. Ohne
Versicherung muss man den Prozessfinanzierern bei Erfolg der Klage am
Ende gegebenenfalls einen Teil des Erfolges abgeben.