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Andreas Babler: Von der "Bettgeher-Wohnung" an die SPÖ-Spitze?

29-05-2023, 14:08

Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler geht als leichter Außenseiter in das Parteitagsduell um den SPÖ-Vorsitz.

Diese Rolle hat ihm aber schon bei der Mitgliederbefragung zum selben Thema nicht geschadet.

Seit Jahren ist jedem Beobachter der SPÖ klar, dass dem Neu-50er die Welt in Traiskirchen politisch zu klein zu werden beginnt. Dass er sich jetzt als einigende Figur der Sozialdemokrat präsentiert, kontrastiert scharf zu seinen über viele Jahre gerittenen Attacken gegen die jeweilige Parteispitze.

Babler für SPÖ, die weiter links steht

Der Grundton war dabei freilich immer der selbe. Babler, der sich vergangene Woche zumindest für ein paar Stunden als Marxist sah, will eine SPÖ, die weiter links steht, sich auf ihre Werte besinnt, weniger Kompromisse eingeht. Dass er damit oft Gehör fand, hängt nicht nur mit seinem Drang an die Öffentlichkeit zusammen. Ähnlich Doskozil hat er eine lokale Erfolgsgeschichte vorzuweisen, sogar eine unter schwierigeren Rahmenbedingungen.

In Traiskirchen ist Österreichs größte Erstaufnahmestelle für Asylsuchende platziert, die nicht nur einmal komplett überfüllt war. Anders als vielleicht zu erwarten fuhr der leutselige Babler einen explizit flüchtlingsfreundlichen Kurs und wurde entgegen dem sonstigen Trend vom Wähler belohnt. Über 70 Prozent der Stimmen konnte er bei der vergangenen Gemeinderatswahl einsammeln und spätestens seither war die Linke in der Partei überzeugt, dass man auch mit ihrem Programm in Österreich Wahlen gewinnen kann. Dass er sich zwischenzeitlich der Öffentlichkeit unbekannt einen Doppelbezug in Traiskirchen gegönnt hatte, steckten seine Fans locker weg. Gelernt hat Babler daraus. Sein Salär als Bundesrat spendet er.

Babler-Bekenntnis zum FC St. Pauli

Babler ist jetzt gar nicht der größte Redner vor dem Herren. Er neigt zum Pathos, verliert sich immer wieder, aber trifft dabei offenbar den richtigen Ton - was auch damit zusammenhängen mag, dass das Dargebrachte meist mit leichtem Dialekt gefärbt ist. Babler als einer der "vielen", mit legerer Kleidung und Bekenntnis zum Hamburger Kult-Fußballclub FC St. Pauli unterstrichen.

Auch mit seiner Herkunft kokettiert der Vorsitz-Kandidat gerne - als quasi Fleisch gewordener Roter. Der Vater bei der Semperit, er selbst gelernter Maschinenschlosser, Schichtarbeiter bei Vöslauer, dereinst wohnhaft in einer so genannten "Bettgeher-Wohnung" - und von dort hoch gearbeitet und studiert, mit Fleiß und stets begleitet von der Partei, in deren Sozialistischer Jugend er sich politisch sozialisierte, selbst dort am linken Rand.

Breites Babler-Programm für SPÖ-Vorsitz

Bablers Programm für den Vorsitz ist breit. Kernpunkt ist die Arbeitszeit-Verkürzung. Doch auch einen milliardenschweren Klimaschwerpunkt würde er setzen wollen, das Land mit Gemeindebauten überziehen und die Vermögenden steuerlich stärker zur Kasse bitten. In der Flüchtlingspolitik bleibt Babler zwar vage, aber wofür er grundsätzlich steht, weiß man ohnehin.

Genau diese Schwerpunkte könnten für Babler den Parteitag schwierig machen. Selbst ihm an sich Zugeneigte bezweifeln, ob man mit so einem Programm den Wähler überzeugen kann - und selbst wenn, dann dürfte es schwierig sein, Koalitionspartner zu finden. Entscheidend für den mit der Vorarlbergerin Karin Blum verheirateten Vater einer Tochter dürfte sein, genug Delegierte zu finden, die entweder auch seinen Traum leben oder zumindest Hans Peter Doskozil verhindern wollen. Dass der selbst ernannte Basis-Kandidat aus letzterem Motiv nun zum Günstling gerade der das Establishment repräsentierenden Wiener SPÖ wurde, ist eine der vielen Pointen des roten Dramas.

(APA/Red)

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