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Hahn: EU-Kommissar wird mehr überprüft als Bundesminister

31-03-2023, 14:23

Laut dem EU-Budgetkommissar Johannes Hahn wird den Mitgliedern der EU-Kommission deutlich besser auf den Zahn gefühlt als angehenden Bundesministern.

"Ich fühle ich mich wesentlich legitimierter als Kommissar hinsichtlich der Überprüfung meiner Fähigkeiten" denn als Minister, sagte der ehemalige Leiter des Wissenschaftsressorts am Freitag vor Schülerinnen und Schülern seiner ehemaligen Schule, des Haydngymnasiums in Wien-Margareten.

Hahn: EU-Kommissaren wird mehr auf den Zahn gefühlt

Der EU-Kommissar berichtete von den umfangreichen Hearings, dem sich alle Kandidaten für die Posten in der EU-Kommission vor dem Europaparlament unterziehen müssen. "Dann gibt es zwischen Fragenden und Antwortenden vier Stunden ein Ping-Pong. (...) Die Idee ist, wirklich zu beweisen, dass man die Materie, für die man in Zukunft zuständig ist, auch beherrscht." Immer wieder würden dabei auch Kandidatinnen und Kandidaten von den EU-Abgeordneten abgelehnt, erinnerte er. Dagegen sei die Anhörung im österreichischen Nationalrat nach der Angelobung als Minister deutlich harmloser. Der ÖVP-Politiker war von 2007 bis 2010 Wissenschaftsminister in den SPÖ-ÖVP-Koalitionen unter den Bundeskanzlern Alfred Gusenbauer und Werner Faymann (beide SPÖ) gewesen, bevor er in die EU-Kommission entsandt wurde.

Schüler sprach Hahn auf EU-Korruptionsskandale an

Ein Schüler sprach Hahn auf die EU-Korruptionsskandale an und erwähnte darunter auch Vorwürfe gegen Hahn selbst. Der EU-Kommissar betonte die "umfangreichen Compliance-Regeln", an die sich EU-Kommissare selbst noch einige Zeit nach Ende ihrer Amtszeit zu halten hätten. Das schließe Nebeneinkünfte aus, beinhalte dafür aber die Meldung jeglicher Nebentätigkeiten, auch unentgeltlicher. "Wo immer Menschen sind, kann etwas passieren, aber insgesamt haben wir schon ein umfangreiches Paket und unterliegen schon einer sehr öffentlichen Kontrolle."

Auf die Vorwürfe gegen ihn selbst ging Hahn bei seinem Auftritt nicht ein. 2015 hatte er sich laut einem Bericht der französischen Zeitung "Libération" zu einem Jagdausflug der belgischen Lobby der Landbesitzer (ELO) einladen lassen, wobei das Abendessen vom Europäischen Rechnungshof bezahlt wurde. Hahn hatte diese Einladungen nicht den zuständigen Stellen gemeldet. Der Kommissar wies nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Dezember 2021 diese mehrfach zurück und betonte, dass er sich "an die Regeln gehalten habe".

Schüler interessierten sich für Auswirkungen des Russland-Angriffs

Mehrere Schülerinnen und Schüler interessierten sich für die Auswirkungen der nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine verhängten EU-Sanktionen. Hahn betonte, dass die Sanktionen auf Dauer sehr wohl der russischen Wirtschaft schaden würden: "Viele von diesen Sanktionen wirken unmittelbar, und manche mit einer gewissen Verzögerung", so etwa der Exportstopp für den Transfer westlicher Technologie nach Russland, etwa im Bereich der Öl- und Gasförderung. "Wir mussten reagieren, denn wenn du nicht reagierst, wäre das ein Eingeständnis, dass diese Attacke auf die Ukraine etwas ist, was andere akzeptieren."

Der Ukraine-Krieg habe freilich auch direkte Auswirkungen auf die europäische Bevölkerung: "Der Energiepreis ist explodiert", die Inflation sei deutlich angestiegen. Allerdings sei es gerade für Österreich nicht so leicht, vom russischen Erdgas unabhängig zu werden, denn man habe sich in den vergangenen Jahren zu einseitig auf russische Gaslieferungen per Pipeline gestützt. Während bei einem Unternehmen "die Risikostreuung zum A und O gehört", haben "wir in der Politik das verabsäumt", räumte Hahn ein. Der Bau von Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) dauere seine Zeit, "der richtige Bottleneck ist aber der Transport", denn dafür würden spezielle Schiffe benötigt. Der auch für die Infrastruktur der EU-Einrichtungen zuständige Kommissar verwies gleichzeitig darauf, dass in den EU-Gebäuden im heurigen Winter die Temperatur auf 19 Grad reduziert worden sei, "als Ausdruck europäischer Solidarität".

Hahn rief Jugendliche zu politischem Engagement auf

Hahn rief die Jugendlichen nachdrücklich dazu auf, sich politisch zu engagieren und zumindest bei Wahlen zu beteiligen. "Am Ende zählt jede Stimme." So wäre der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union bei einer höheren Abstimmungsbeteiligung der mehrheitlich pro-europäischen jungen Briten vielleicht vermeidbar gewesen. Hahn wies darauf hin, dass sich junge Menschen anteilsmäßig deutlich geringer an der Volksabstimmung über den EU-Austritt am 23. Juni 2016 beteiligt hatten als die ältere Bevölkerung.

Man dürfe auch nicht glauben, dass man politisch und gesellschaftlich nur dann etwas bewirken könne, wenn man ein politisches Mandat erhält: "Mitgestalten erschöpft sich nicht darin, dass man Mitglied des Nationalrates ist." Auch "eine kleine Gruppe kann über die Zeit einen erheblichen Einfluss gewinnen", wenn sie sich engagiert. Hahn warnte allerdings von einer von sozialen Medien befeuerten "gedanklichen Silo-Mentalität", einer Meinungsblase. Er nannte es auch "bedenklich, wenn sich mittlerweile alles auf Personen reduziert", und nicht auf den dahinter liegenden politischen Vorstellungen basiert.

Hahn war zu Besuch im Joseph-Haydn-Realgymnasium, wo er 1976 die Matura abgelegt hatte. Zu diesem Anlass erhielt er ein Duplikat seines Maturazeugnisses, ein Klassenfoto und verschiedene andere Erinnerungsstücke an seine Schulzeit.

(APA/Red)

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