Am Donnerstag startete SPÖ-Chef Christian Kern in Graz nun auch ganz offiziell in den Wahlkampf (siehe Geschichte links). Dieser läuft freilich schon länger und verlief bisher alles andere als rund – mit der Affäre um den verhafteten Berater Tal Silberstein als Negativ-Höhepunkt.
Bereits am Mittwochabend matchte sich der Kanzler in der Ö1-Radiosendung "Klartext" mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Ein mit Spannung erwartetes Duell, sollte es dem Kanzler doch die Möglichkeit geben, seine mehrdeutige Oppositionsaussage zu präzisieren beziehungsweise zur Option Rot-Blau Stellung zu nehmen.
Während Kern bei der Debatte unter anderem versuchte, den blauen Frontmann als Beschützer der Reichen hinzustellen (Strache ist ja gegen die rote Erbschaftssteuer), forderte der FPÖ-Chef u.a. eine Mindestpension von 1200 Euro. Und plötzlich tauschten die beiden ihre Rollen, sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer zum KURIER.
Kurios: Strache versuchte mit einer linken Forderung zu punkten, Kern verwies auf die Kosten von mehr als acht Milliarden Euro. Bachmayer: "Eine bemerkenswerte Pikanterie. Das hört man sonst nur von der ÖVP."Kerns jüngste Oppositionsansage – Schwarz-Blau sei de facto fix, der SPÖ bleibe wohl nur der Weg in die Opposition – zeige, dass Kern wieder auf altbewährte Mobilisierungs-Rezepte in einem ansonsten "völlig aus dem Ruder gelaufenen Wahlkampf" setze, so der Meinungsforscher.
Auch in der Koalitionsfrage sei es dem SPÖ-Chef wieder mehr um die alte Abgrenzung zur FPÖ gegangen, Kern warne vor Schwarz-Blau. Aber: "Wirkt die Warnung noch? Hat noch jemand Angst vor Schwarz-Blau?", fragt Bachmayer.
Für Mediencoach Gerald Groß war das Aufeinandertreffen von Kern und Strache ein interessanter Schlagabtausch, mit "guter Performance" auf beiden Seiten, wenn auch leichten Punktegewinnen für einen angriffigeren Strache. Dieser könne mit seiner jahrelangen Polit- und Wahlerfahrung – bei guter Tagesverfassung – seine Slogans abrufen und das eigene Thema setzen – egal worum es in der Debatte gerade ging.
Kern hingegen bleibe oftmals zu brav und erklärend bei Zahlen und Fakten hängen und spreche mehr die Ratio, aber weniger die Emotion und das Unterbewusste an.
Hängen geblieben sei lediglich Kerns Sager: "Sie haben Kärnten versenkt". Groß zum KURIER: "Da ist der Bundeskanzler noch zu viel Manager und noch zu wenig Politiker. Man könnte auch sagen: Ein Wahlkampf ist wie eine Eishockey WM – aber Kern spielt Golf."