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Mindestsiche­rung: Regierung zieht zentrale Forderung zurück

14-03-2018, 12:07

Unmittelbar nach dem hatte sich die Regierung noch unbeirrt gezeigt. "Wir bleiben dabei", hieß es am Montag. Zwei Tage später sieht die Sache anders aus. ÖVP und FPÖ sind auf der Suche nach einem neuen Modell, wie die Mindestsicherung gesenkt werden könnte.

Die im Regierungsabkommen angekündigte und im Wahlkampf von der ÖVP breit beworbene Deckelung auf maximal 1.500 Euro pro Familie ist aber vom Tisch. Das hatte der Verfassungsgerichtshof am Montag indirekt entschieden, indem er die Regelung in Niederösterreich, die der Bundesregierung als Vorbild gedient hätte, als verfassungswidrig aufhob - und gleichzeitig betonte, dass die aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien. Und das ist nun auch bei der Regierung angekommen.

Die Begrenzung auf 1.500 Euro sei "in dieser Form" nicht mehr möglich sein, sagte Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) am Mittwoch.

Neuer Vorschlag bis Jahresende

Blümel kündigte vor dem Ministerrat an, die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs "selbstverständlich" respektieren zu wollen. "Wenn es der Verfassungsgerichtshof in dieser Form aufgehoben hat, werden wir eine andere Lösung finden müssen, die rechtskonform ist", sagte der ÖVP-Regierungskoordinator, der nach dem VfGH-Urteil gemeinsam mit seinem FP-Gegenüber Norbert Hofer einen Vorschlag bis Jahresende angekündigt hatte.

Grundsätzlich bleibe die Regierung aber bei ihrer Linie, dass es ein österreichweit einheitliches Modell für mehr Gerechtigkeit bei der Mindestsicherung geben müsse. Diese sei ursprünglich nämlich als Wiedereinstiegshilfe in den Arbeitsmarkt gedacht gewesen, werde in Wien aber schon fast als bedingungsloses Grundeinkommen gehandhabt.

Vorarlberger Modell "Grundlage"

Die Frage, ob das Vorarlberger Modell ein mögliches Vorbild sein könnte, beantwortete Blümel nicht. Konkreter wurde dafür Sozialministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ, die das Vorarlberger Modell sehrwohl als "eine Grundlage".

Die Regelung im westlichsten Bundesland wurde in den letzten Tagen immer wieder als gangbare Lösung ins Spiel gebracht. Auch in Vorarlberg gelang eine Kürzung des Gesamtvolumens der Mindestsicherung, wie von der Bundesregierung angestrebt.  "Im Juni 2017 wurde Mindestsicherung an 4.051 Haushalte ausbezahlt, im Dezember waren es noch 3.838", bilanziert ÖVP-Vorarlberg Klubobmann Roland Frühstück am Dienstag.

Kürzungen wurden in Vorarlberg nur für Mitglieder von Wohngemeinschaften eingeführt – was vor allem Flüchtlinge betrifft. Die WG wird bis zu einem gewissen Betrag als Sachleistung bezahlt, dazu gibt es 473 (statt 630) Euro für Bewohner dieser Wohngemeinschaften. Anstelle eines Deckels für Familien sinkt der Betrag pro Kind ab dem vierten.

Der VfGH befand dies jüngst als zulässig. Verfassungs-Experte Bernd-Christian Funk empfahl gegenüber dem daher, "sich an diesem Modell zu orientieren". Dies wäre "ein gangbarerer Weg", so Funk.

Anreize zur Integration

Was unterscheidet das "" von jenem in Niederösterreich?

  • Während in Niederösterreich (verfassungswidrig) auf die Dauer des Aufenthalts - fünf innerhalb in den vergangenen sechs Jahre - abgestellt wurde, setzt das im Juli 2017 in Kraft getretene Vorarlberger Modell besonders auf Sachleistungen. Die Wohnkosten werden grundsätzlich direkt bezahlt.
  • Derzeit werden für Ein-Personen-Haushalte bis zu 503 Euro und für Zwei-Personen-Haushalte bis zu 595 Euro bezahlt. Außerdem gibt es vergünstigte "Öffi"-Tarife, die den Weg zur Arbeit oder zum Deutschkurs und damit zur Integration erleichtern sollen.
  • Eine Deckelung auf 1.500 Euro pro Familie und Haushalt, wie zuletzt auch im Regierungsprogramm angekündigt, ist nicht vorgesehen. Allerdings dürfen zur Deckung des angemessenen Wohnbedarfes pauschalierte Höchstsätze je Haushaltsgröße nicht überschritten werden (§ 7 Abs. 1 Mindestsicherungsverordnung). Ein Paar mit drei Kindern erhält so maximal 742 Euro, ein Paar mit vier Kindern nur 30 Euro mehr.
  • Zudem ist es grundsätzlich möglich, dass anerkanntem Flüchtlingen, die sich nicht ausreichend um ihre Integration kümmern, die Leistung gekürzt wird. Möglich wurde das mit der Anfang Februar eingeführten Integrationsvereinbarung. Bei der Antragstellung auf Mindestsicherung ist auch die Integrationsvereinbarung zu unterschreiben.
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