Wenn es um Mercedes geht, hört der Spaß auf: Chinas Einkaufstour in Europa stößt auf Widerstände. Dass sich Milliardär Li Shufu mit Autobauer Geely praktisch unbemerkt als größter Daimler-Aktionär einkaufen konnte, verleiht der Debatte neue Dringlichkeit. Zuvor hatten es chinesische Firmen bereits auf Technologiefirmen wie Roboterpionier Kuka oder Chipanlagenbauer Aixtron abgesehen. Noch heikler: Ein chinesischer Staatskonzern will 20 Prozent an 50Hertz, einem von vier deutschen Stromnetzbetreibern. Geld spielt dabei fast keine Rolle.
Chinas Firmen würden von der Regierung in Peking ganz gezielt beim Kauf europäischer Hochtechnologie unterstützt, sagt der österreichische China-Experte Thomas Eder vom Merics-Institut (Berlin). Hintergrund ist die "Made in China 2025"-Strategie. Die Firmen sollen erst ausländische Mitbewerber aus China verdrängen und dann auch weltweit hohe Marktanteile erreichen.
Derzeit tun sich Europas Staaten schwer, die Firmenjäger abzuwehren. Nationale Außenwirtschaftsgesetze sehen erst ab Beteiligungen von mehr als 25 Prozent schärfere Prüfungen in den sicherheitsrelevanten Branchen vor.
Auf Wunsch von Berlin, Paris und Rom hat die EU-Kommission Vorschläge für strengere Investitionsprüfungen gemacht, die EU-Firmen besser schützen sollen. Es bleibt aber eine heikle Gratwanderung, insbesondere für Deutschland, das mit China jährlich Produkte im Wert von 190 Milliarden Euro austauscht. Dieses Geschäft möchte niemand gefährden. Und: Europa setzt sich, angesichts der Abschottungspolitik von US-Präsident Trump, nur ungern dem Vorwurf des Protektionismus aus.
Wobei: Der Handel zwischen Europa und China läuft tatsächlich unter ungleichen Vorzeichen. Die Hoffnungen, die Asiaten würden nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) 2001 ihre Wirtschaft Schritt für Schritt öffnen, haben sich nicht erfüllt. Die Kommunistische Partei diktiert rigide, was erlaubt ist und wo ausländische Einmischung unerwünscht bleibt."Wirtschaftliche Reformen wurden unter Xi Jinping eingebremst", sagt Eder. "Chinas Öffnung bleibt limitiert und europäische Unternehmen haben weiterhin zu vielen Sektoren der chinesischen Wirtschaft keinen Zugang." So müssen Pkw-Hersteller, die vom weltgrößten Automarkt profitieren wollen, wohl oder übel Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Firmen gründen und ihr Know-how teilen.
Ein Investitionsabkommen mit der EU, das für mehr Fairness sorgen soll, kommt seit Jahren nicht vom Fleck. Auf mehr Gegenseitigkeit zu pochen, sei freilich legitim, sagt der China-Experte: "Ein Land, das bereits mehr in der EU investiert als umgekehrt, und mit seinem Weltraumprogramm Landungen auf Mond und Mars plant, kann sich schlecht weiterhin als schutzbedürftiges Entwicklungsland darstellen."
Doch die Chinesen haben noch ein Ass im Ärmel. Sie locken Osteuropas Länder mit hohen Milliardenbeträgen, die in Infrastruktur-Projekte für die "Neue Seidenstraße" (Grafik) fließen sollen. Eder: "Die Hoffnung auf Investitionen soll auch dort, wo es noch keine konkreten Projekte gibt, bereits Unterstützung in für Peking wichtigen außenpolitischen Fragen schaffen."
Das Kalkül, die EU zu spalten, scheint aufzugehen. Ungarn hat 2016 eine schärfere EU-Erklärung zu Chinas Politik im Südchinesischen Meer verhindert. Griechenland weigerte sich, Chinas Menschenrechtsverletzungen im UN-Menschenrechtsrat anzuprangern. Und Tschechien setzt sich dafür ein, die EU-Vorschläge zur Investitionsprüfung zu verwässern.