Fast acht Jahre wartete die Republik auf den Buwog-Prozess. Gleich zum Start ein Knalleffekt mit dem Geständnis von Peter Hochegger, gefolgt vom aufgeregten Warten auf Karl-Heinz Grassers Aussage. Eine spielt bei dieser Dramaturgie nicht mit: Richterin Marion Hohenecker. Sie nimmt die Hochspannung aus dem Prozess, indem sie die Anklagebank von hinten aufrollt. So holt Hohenecker zuerst sämtliche Nebenangeklagten in den Zeugenstand. 22 oft sehr langatmige Verhandlungstage sind mittlerweile vergangen. Wann Grasser im Zeugenstand Rede und Antwort stehen muss, kann man nur spekulieren. "Nicht vor Ende Mai. Vielleicht auch erst Anfang Juni", schätzt sein Anwalt Manfred Ainedter.
Und nun? Nun plätschert der Buwog-Prozess so dahin, dass selbst ein zweites Geständnis in der Causa Linzer Terminal Tower völlig untergeht. Bei eisigen Temperaturen, weil die Heizung im "Landl" nur bedingt funktioniert, packte ein mitangeklagter Porr-Manager aus. Während Sakkos und Krawatten unter Daunenmänteln und Schals verschwanden, erzählte der Porr-Manager von einer "Gruppe Hochegger", zu der er Walter Meischberger, Ernst-Karl Plech und Peter Hochegger zählt.
Der Ex-Finanzminister sei ihm erst aufgefallen als er medial mitbekommen habe, dass Meischberger der Trauzeuge von Grasser sei. Die Hochegger-Gruppe soll, allen voran Meischberger, laut dem geständigen Mitangeklagten, 200.000 Euro Provision erhalten haben, obwohl dem keine ersichtliche Leistung gegenüberstand. Der mittlerweile verstorbene Porr-Chef Horst Pöchhacker habe den Mitangeklagten angewiesen, eine Scheinrechnung für ein Projekt in Rumänien über 200.000 Euro freizugeben. Damit sollte die Lobbyingtätigkeit von Meischberger bezahlt werden. Mit der Provision sollte der Anklage zufolge erreicht werden, dass die Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower einziehen, den die Porr auf einem ehemaligen ÖBB-Grundstück errichtet hatte. Dabei habe der geständige Porr-Manager das Lobbying für die Einmietung der Finanz gar nicht für notwendig erachtet, weil die Porr bei dem Deal ohnehin bestens aufgestellt war und die Finanz ein Gebäude brauchte. "Ich war der Überzeugung, dass wir uns das Geld sparen hätten können."
Nach Hochegger ist es der zweite Angeklagte, der Grasser, Meischberger und Plech schwer belastet. Doch wie das Trio diese Vorwürfe entkräften will – darauf muss die Öffentlichkeit weiter warten.
Was steckt hinter der unüblichen Vorgehensweise der Richterin? Normalerweise wird der Hauptangeklagte gleich zum Start des Prozesses in den Zeugenstand geholt. "Aber was ist bei diesem Prozess schon üblich? Da ist alles anders. Die Richterin versucht sich an den Höhepunkt heranzutasten", sagt Ainedter. Für seinen Klienten Grasser wertet er die Taktik als positiv. "Weil er bis zu seiner Aussage alles gehört hat, was die anderen Mitangeklagten ausgesagt haben."
Was die Befragung der Angeklagten manchmal zu einem Marathon werden lässt, ist die Tatsache, dass die Richterin sämtliche – und davon gibt es nach sieben Jahren Ermittlungen unzählige – Einvernehmungsprotokolle den Angeklagten akribisch vorliest. "Bei so einem Monsterverfahren will sie natürlich jede Möglichkeit eines Verfahrensmangels ausschließen", erklärt Ainedter den Hintergrund . Damit die Kosten nicht ins Unendliche gehen, wechseln sich die Grasser-Anwälte Ainedter und Norbert Wess mittlerweile im Gerichtssaal ab. Jene, die sich über einen Marathonprozess freuen, sind möglicherweise die Pflichtverteidiger von Peter Hochegger und Walter Meischberger. Denn sie bekommen ab dem 10. Verhandlungstag oder ab der 50. Stunde 75 Prozent des Tarifs von der Verfahrenshilfe bezahlt.
Dazu kommt, dass die Justiz nicht gerade aufs Gaspedal drückt. Einige Verhandlungstage platzten bereits. Kommende Woche gibt es beispielsweise nur zwei Verhandlungstermine, davon ist ein Gerichtstag auf knappe 2,5 Stunden angesetzt. Dann geht der Prozess erst wieder im April weiter. "Da könnte man auch mehr Tempo machen", klagt einer der Angeklagten. Mit einem Urteil rechnet Ainedter erst im Frühjahr 2019. Das wäre dann eine Verhandlungsdauer von mehr als einem Jahr.